Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772.Aber ich kann nicht meine Verwunderung ber- Der Abt Condillac *) ist in dieser Anzahl. aus- *) Essai sur l'origine des connoissances humaines, Vol. 11.
Aber ich kann nicht meine Verwunderung ber- Der Abt Condillac *) iſt in dieſer Anzahl. aus- *) Eſſai ſur l’origine des connoiſſances humaines, Vol. 11.
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Aber ich kann nicht meine Verwunderung ber-
gen, daß Philoſophen, das iſt, Leute, die deut-
liche Begriffe ſuchen, je haben auf den Gedanken
kommen koͤnnen, aus dieſem Geſchrei der Empfin-
dungen den Urſprung menſchlicher Sprache zu er-
klaͤren: denn iſt dieſe nicht offenbar ganz etwas an-
ders? Alle Thiere, bis auf den ſtummen Fiſch,
toͤnen ihre Empfindung; deswegen aber hat doch
kein Thier, ſelbſt nicht das vollkommenſte, den ge-
ringſten, eigentlichen Anfang zu einer menſchlichen
Sprache. Man bilde und verfeinere und organi-
ſire dies Geſchrei, wie man wolle; wenn kein
Verſtand dazu kommt, dieſen Ton mit Abſicht zu
brauchen: ſo ſehe ich nicht, wie nach dem vorigen
Naturgeſetz je menſchliche, willkuͤhrliche Sprache
werde? Kinder ſprechen Schaͤlle der Empfindung,
wie die Thiere; iſt aber die Sprache, die ſie von
Menſchen lernen, nicht ganz eine andre Sprache?
Der Abt Condillac *) iſt in dieſer Anzahl.
Entweder er hat das ganze Ding Sprache ſchon
vor der erſten Seite ſeines Buchs erfunden vor-
aus-
*) Eſſai ſur l’origine des connoiſſances humaines, Vol. 11.
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