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Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772.

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wie groß wird die Sprache! "Eine Schatzkam-
"mer menschlicher Gedanken, wo jeder auf
"seine Art etwas beitrug! Eine Summe der
"Würksamkeit aller menschlichen Seelen.
"

Höchstens -- tritt hier die vorige Philosophie,
die den Menschen gern als ein Land- und Domai-
nengut betrachten möchte, dazwischen -- "Höch-
"stens dürfte diese Kette doch wohl nur bis an
"jeden Einzelnen ersten Stammvater Eines Lan-
"des reichen, von dem sich sein Geschlecht, wie
"seine Landsprache erzeugte?"*) Jch wüste nicht,
warum sie nur bis dahin und nicht weiter rei-
chen sollte? Warum diese Landesväter nicht wieder
unter sich einen Erdenvater könnten gehabt haben,
da "die ganze fortgehende Aehnlichkeit der
Haushaltung dieses Geschlechts
" es so fordert."
Ja, hörten wir den Einwurf "als wenns weise
"gewesen wäre, ein schwaches elendes Menschen-
"paar in einen Winkel der Erde zum Raube der
"Gefahr auszustellen?" Und als wenns weiser
gewesen wäre viele solche schwache Menschenpaare
einzeln in verschiedene Winkel der Erde zum Raube

zehn-
*) Philosophie de l'histoire &c. &c.

wie groß wird die Sprache! „Eine Schatzkam-
„mer menſchlicher Gedanken, wo jeder auf
„ſeine Art etwas beitrug! Eine Summe der
„Wuͤrkſamkeit aller menſchlichen Seelen.

Hoͤchſtens — tritt hier die vorige Philoſophie,
die den Menſchen gern als ein Land- und Domai-
nengut betrachten moͤchte, dazwiſchen — „Hoͤch-
„ſtens duͤrfte dieſe Kette doch wohl nur bis an
„jeden Einzelnen erſten Stammvater Eines Lan-
„des reichen, von dem ſich ſein Geſchlecht, wie
„ſeine Landſprache erzeugte?„*) Jch wuͤſte nicht,
warum ſie nur bis dahin und nicht weiter rei-
chen ſollte? Warum dieſe Landesvaͤter nicht wieder
unter ſich einen Erdenvater koͤnnten gehabt haben,
da „die ganze fortgehende Aehnlichkeit der
Haushaltung dieſes Geſchlechts
„ es ſo fordert.„
Ja, hoͤrten wir den Einwurf „als wenns weiſe
„geweſen waͤre, ein ſchwaches elendes Menſchen-
„paar in einen Winkel der Erde zum Raube der
„Gefahr auszuſtellen?„ Und als wenns weiſer
geweſen waͤre viele ſolche ſchwache Menſchenpaare
einzeln in verſchiedene Winkel der Erde zum Raube

zehn-
*) Philoſophie de l’hiſtoire &c. &c.
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[207/0213] wie groß wird die Sprache! „Eine Schatzkam- „mer menſchlicher Gedanken, wo jeder auf „ſeine Art etwas beitrug! Eine Summe der „Wuͤrkſamkeit aller menſchlichen Seelen.„ Hoͤchſtens — tritt hier die vorige Philoſophie, die den Menſchen gern als ein Land- und Domai- nengut betrachten moͤchte, dazwiſchen — „Hoͤch- „ſtens duͤrfte dieſe Kette doch wohl nur bis an „jeden Einzelnen erſten Stammvater Eines Lan- „des reichen, von dem ſich ſein Geſchlecht, wie „ſeine Landſprache erzeugte?„ *) Jch wuͤſte nicht, warum ſie nur bis dahin und nicht weiter rei- chen ſollte? Warum dieſe Landesvaͤter nicht wieder unter ſich einen Erdenvater koͤnnten gehabt haben, da „die ganze fortgehende Aehnlichkeit der Haushaltung dieſes Geſchlechts„ es ſo fordert.„ Ja, hoͤrten wir den Einwurf „als wenns weiſe „geweſen waͤre, ein ſchwaches elendes Menſchen- „paar in einen Winkel der Erde zum Raube der „Gefahr auszuſtellen?„ Und als wenns weiſer geweſen waͤre viele ſolche ſchwache Menſchenpaare einzeln in verſchiedene Winkel der Erde zum Raube zehn- *) Philoſophie de l’hiſtoire &c. &c.

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_abhandlung_1772/213>, abgerufen am 24.11.2024.