Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772.Seele geläufig handelt! Wir wären alle, für ein Bei sinnlichen Geschöpfen, die durch viele ver- zu
Seele gelaͤufig handelt! Wir waͤren alle, fuͤr ein Bei ſinnlichen Geſchoͤpfen, die durch viele ver- zu
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0102" n="96"/> Seele gelaͤufig handelt! Wir waͤren alle, fuͤr ein<lb/> blos vernuͤnftiges Weſen, jener Gattung von Ver-<lb/> ruͤkten aͤhnlich, die klug denken, aber ſehr unbe-<lb/> greiflich und albern verbinden!</p><lb/> <p>Bei ſinnlichen Geſchoͤpfen, die durch viele ver-<lb/> ſchiedne Sinne auf Einmal empfinden, iſt dieſe<lb/> Verſammlung von Jdeen unvermeidlich; denn<lb/> was ſind alle Sinne anders, als bloße Vorſtel-<lb/> lungsarten Einer poſitiven Kraft der Seele? Wir<lb/> unterſcheiden ſie; aber wieder nur durch Sinne;<lb/> alſo Vorſtellungsarten durch Vorſtellungsarten.<lb/> Wir lernen mit vieler Muͤhe ſie im Gebrauche<lb/> trennen — in einem gewiſſen Grunde aber wuͤr-<lb/> ken ſie noch immer zuſammen. Alle Zergliederun-<lb/> gen der Senſation bei <hi rendition="#fr">Buffons, Condillacs</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">Bonnets</hi> empfindendem Menſchen ſind Abſtrak-<lb/> tionen: der Philoſoph muß Einen Faden der Em-<lb/> pfindung liegen laſſen, indem er den andern ver-<lb/> folgt — in der Natur aber ſind alle die Faͤden Ein<lb/> Gewebe! — je dunkler nun die Sinne ſind, deſto<lb/> mehr fließen ſie in einander; und je ungeuͤbter, je<lb/> weniger man noch gelernet hat, einen ohne den<lb/> andern zu brauchen, mit Adreſſe und Deutlichkeit<lb/> <fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [96/0102]
Seele gelaͤufig handelt! Wir waͤren alle, fuͤr ein
blos vernuͤnftiges Weſen, jener Gattung von Ver-
ruͤkten aͤhnlich, die klug denken, aber ſehr unbe-
greiflich und albern verbinden!
Bei ſinnlichen Geſchoͤpfen, die durch viele ver-
ſchiedne Sinne auf Einmal empfinden, iſt dieſe
Verſammlung von Jdeen unvermeidlich; denn
was ſind alle Sinne anders, als bloße Vorſtel-
lungsarten Einer poſitiven Kraft der Seele? Wir
unterſcheiden ſie; aber wieder nur durch Sinne;
alſo Vorſtellungsarten durch Vorſtellungsarten.
Wir lernen mit vieler Muͤhe ſie im Gebrauche
trennen — in einem gewiſſen Grunde aber wuͤr-
ken ſie noch immer zuſammen. Alle Zergliederun-
gen der Senſation bei Buffons, Condillacs und
Bonnets empfindendem Menſchen ſind Abſtrak-
tionen: der Philoſoph muß Einen Faden der Em-
pfindung liegen laſſen, indem er den andern ver-
folgt — in der Natur aber ſind alle die Faͤden Ein
Gewebe! — je dunkler nun die Sinne ſind, deſto
mehr fließen ſie in einander; und je ungeuͤbter, je
weniger man noch gelernet hat, einen ohne den
andern zu brauchen, mit Adreſſe und Deutlichkeit
zu
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