und dort vom Thiere die Rede sey: trennen wir in der Reflexion das Wort von der Sache. Wirklich scheint aber in solchen Fällen die Apperception des Worts ein neues Quantum des Vorstellens, aus dem Vorrathe der Vorstellungen blosser, schon vereinzelter, Sprachlaute, herzugeben; so, wie es den Kindern beym Buchstabiren ohne allen Zweifel begegnet, die ein Wort aus seinen Buchstaben zusammensetzen, nachdem sie längst vorher das nämliche Wort als Zeichen einer Sache kannten und gebrauchten, ohne an dessen Bestandtheile auch nur zu denken. Man sieht hier einen Umstand, der die psy- chologischen Nachforschungen erschweren kann. Sehr oft tritt unvermerkt ein Quantum des Vorstellens an die Stelle des andern, und leistet Dienste, die man vom an- dern zu empfangen glaubt und doch nicht empfangen konnte.
§. 148.
Die vorstehenden Bemerkungen über das analytische Denken, welches seinen Gegenstand nicht erweitert noch verändert, mögen genügen; da sie das Wesen der Re- flexion wenigstens im Allgemeinen begreiflich machen, nämlich durch die Bewegung, die in den Complexionen entsteht, wenn gleichzeitig mit ihnen andre und andre, ihnen zum Theil gleichartige, Vorstellungen wechselnd im Bewusstseyn sind; woraus eine wechselnde Begünsti- gung für das Hervortreten ihrer Bestandtheile entspringt.
Jetzt aber müssen wir zu dem Gegenstande fortgehn, welchen Kant mit so grossem Nachdruck zur Untersu- chung empfohlen hat; das synthetische und erweiternde Denken. Gewiss liegt hierin eins der grössten Verdienste Kants um die Speculation; und die Vernachlässigung dieses wichtigen Puncts gereicht den spätern Philosophen zum Vorwurf. Allein eine Entschuldigung für sie findet sich in den sehr starken Misgriffen, welche begegneten, indem Kant die Frage: wie sind synthetische Urtheile a priori möglich? auflösen wollte.
Er tadelt Humen, nicht eingesehen zu haben, dass
und dort vom Thiere die Rede sey: trennen wir in der Reflexion das Wort von der Sache. Wirklich scheint aber in solchen Fällen die Apperception des Worts ein neues Quantum des Vorstellens, aus dem Vorrathe der Vorstellungen bloſser, schon vereinzelter, Sprachlaute, herzugeben; so, wie es den Kindern beym Buchstabiren ohne allen Zweifel begegnet, die ein Wort aus seinen Buchstaben zusammensetzen, nachdem sie längst vorher das nämliche Wort als Zeichen einer Sache kannten und gebrauchten, ohne an dessen Bestandtheile auch nur zu denken. Man sieht hier einen Umstand, der die psy- chologischen Nachforschungen erschweren kann. Sehr oft tritt unvermerkt ein Quantum des Vorstellens an die Stelle des andern, und leistet Dienste, die man vom an- dern zu empfangen glaubt und doch nicht empfangen konnte.
§. 148.
Die vorstehenden Bemerkungen über das analytische Denken, welches seinen Gegenstand nicht erweitert noch verändert, mögen genügen; da sie das Wesen der Re- flexion wenigstens im Allgemeinen begreiflich machen, nämlich durch die Bewegung, die in den Complexionen entsteht, wenn gleichzeitig mit ihnen andre und andre, ihnen zum Theil gleichartige, Vorstellungen wechselnd im Bewuſstseyn sind; woraus eine wechselnde Begünsti- gung für das Hervortreten ihrer Bestandtheile entspringt.
Jetzt aber müssen wir zu dem Gegenstande fortgehn, welchen Kant mit so groſsem Nachdruck zur Untersu- chung empfohlen hat; das synthetische und erweiternde Denken. Gewiſs liegt hierin eins der gröſsten Verdienste Kants um die Speculation; und die Vernachlässigung dieses wichtigen Puncts gereicht den spätern Philosophen zum Vorwurf. Allein eine Entschuldigung für sie findet sich in den sehr starken Misgriffen, welche begegneten, indem Kant die Frage: wie sind synthetische Urtheile a priori möglich? auflösen wollte.
Er tadelt Humen, nicht eingesehen zu haben, daſs
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und dort vom Thiere die Rede sey: trennen wir in der
Reflexion das Wort von der Sache. Wirklich scheint
aber in solchen Fällen die Apperception des Worts ein
neues Quantum des Vorstellens, aus dem Vorrathe
der Vorstellungen bloſser, schon vereinzelter, Sprachlaute,
herzugeben; so, wie es den Kindern beym Buchstabiren
ohne allen Zweifel begegnet, die ein Wort aus seinen
Buchstaben zusammensetzen, nachdem sie längst vorher
das nämliche Wort als Zeichen einer Sache kannten
und gebrauchten, ohne an dessen Bestandtheile auch nur
zu denken. Man sieht hier einen Umstand, der die psy-
chologischen Nachforschungen erschweren kann. Sehr
oft tritt unvermerkt ein Quantum des Vorstellens an die
Stelle des andern, und leistet Dienste, die man vom an-
dern zu empfangen glaubt und doch nicht empfangen
konnte.
§. 148.
Die vorstehenden Bemerkungen über das analytische
Denken, welches seinen Gegenstand nicht erweitert noch
verändert, mögen genügen; da sie das Wesen der Re-
flexion wenigstens im Allgemeinen begreiflich machen,
nämlich durch die Bewegung, die in den Complexionen
entsteht, wenn gleichzeitig mit ihnen andre und andre,
ihnen zum Theil gleichartige, Vorstellungen wechselnd
im Bewuſstseyn sind; woraus eine wechselnde Begünsti-
gung für das Hervortreten ihrer Bestandtheile entspringt.
Jetzt aber müssen wir zu dem Gegenstande fortgehn,
welchen Kant mit so groſsem Nachdruck zur Untersu-
chung empfohlen hat; das synthetische und erweiternde
Denken. Gewiſs liegt hierin eins der gröſsten Verdienste
Kants um die Speculation; und die Vernachlässigung
dieses wichtigen Puncts gereicht den spätern Philosophen
zum Vorwurf. Allein eine Entschuldigung für sie findet
sich in den sehr starken Misgriffen, welche begegneten,
indem Kant die Frage: wie sind synthetische Urtheile
a priori möglich? auflösen wollte.
Er tadelt Humen, nicht eingesehen zu haben, daſs
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/409>, abgerufen am 26.11.2024.
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