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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825.

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die Verknüpfung in einem Substrat, als etwas durch
Beobachtung
Erkanntes angiebt. Das Substrat ist
hinzugedacht, aber nicht gegeben. Dennoch ist eben
dieselbe Stelle schätzbar darum, weil sie die wahre
Real-Definition der Substanz
enthält. Denn
eben dies zu den beobachteten, den gegebenen
Complexionen von Merkmalen hinzugedachte Substra-
tum, wodurch bloss an die Stelle des formalen Begriffs:
Verknüpfung, der reale: Princip der Einheit, ge-
setzt wird, ist die Substanz. Dieser Begriff verbürgt
seine Gültigkeit, indem er sich auf das Gegebene bezieht,
in dessen Auffassung er nothwendig entstehn musste,
so lange nicht etwa die ganze Complexion der Merkmale
für blosse Erscheinung gehalten wurde; so lange dagegen
ein Bedürfniss vorhanden war, derselben Complexion
Realität, nämlich Ein gemeinschaftliches Seyn
für alle verknüpften Merkmale
, beyzulegen. Diese
Gültigkeit des Begriffs ist noch nicht Erweis von der
Wahrheit, dass so etwas vorhanden sey; im Gegentheil,
das gemeinschaftliche Seyn der verknüpften Merkmale ist
eine metaphysische Ungereimtheit; es ist einer von jenen
Widersprüchen, aus deren gehöriger Behandlung die
metaphysischen Lehrsätze hervorgehn. Nichts desto we-
niger ist jenes Substrat, jenes gemeinschaftliche Seyn,
der wahre, und durch die Erfahrung zwar nicht un-
mittelbar gegebene, aber nothwendig herbey-
geführte
, Begriff von der Substanz. Hingegen die Er-
klärung, Substanz sey, was nur als Subject und nicht
als Prädicat existiren könne, ist eine Namen-Erklärung,
die wohl an Logik, aber an kein Gegebenes erinnert.
Kant aber, der bey Gelegenheit der Substanz ganze
Massen von Fehlern begangen hat, begeht auch den,
dass er, um der verkehrter Weise der Erfahrung vor-
ausgesetzten
Kategorie der Substanz hintennach
Anwendbarkeit auf Erfahrungsgegenstände zu geben, die
Zeit zu Hülfe ruft; wodurch seine Substanz ein Beharr-
liches
wird, während der wahre, und gerade durch die

die Verknüpfung in einem Substrat, als etwas durch
Beobachtung
Erkanntes angiebt. Das Substrat ist
hinzugedacht, aber nicht gegeben. Dennoch ist eben
dieselbe Stelle schätzbar darum, weil sie die wahre
Real-Definition der Substanz
enthält. Denn
eben dies zu den beobachteten, den gegebenen
Complexionen von Merkmalen hinzugedachte Substra-
tum, wodurch bloſs an die Stelle des formalen Begriffs:
Verknüpfung, der reale: Princip der Einheit, ge-
setzt wird, ist die Substanz. Dieser Begriff verbürgt
seine Gültigkeit, indem er sich auf das Gegebene bezieht,
in dessen Auffassung er nothwendig entstehn muſste,
so lange nicht etwa die ganze Complexion der Merkmale
für bloſse Erscheinung gehalten wurde; so lange dagegen
ein Bedürfniſs vorhanden war, derselben Complexion
Realität, nämlich Ein gemeinschaftliches Seyn
für alle verknüpften Merkmale
, beyzulegen. Diese
Gültigkeit des Begriffs ist noch nicht Erweis von der
Wahrheit, daſs so etwas vorhanden sey; im Gegentheil,
das gemeinschaftliche Seyn der verknüpften Merkmale ist
eine metaphysische Ungereimtheit; es ist einer von jenen
Widersprüchen, aus deren gehöriger Behandlung die
metaphysischen Lehrsätze hervorgehn. Nichts desto we-
niger ist jenes Substrat, jenes gemeinschaftliche Seyn,
der wahre, und durch die Erfahrung zwar nicht un-
mittelbar gegebene, aber nothwendig herbey-
geführte
, Begriff von der Substanz. Hingegen die Er-
klärung, Substanz sey, was nur als Subject und nicht
als Prädicat existiren könne, ist eine Namen-Erklärung,
die wohl an Logik, aber an kein Gegebenes erinnert.
Kant aber, der bey Gelegenheit der Substanz ganze
Massen von Fehlern begangen hat, begeht auch den,
daſs er, um der verkehrter Weise der Erfahrung vor-
ausgesetzten
Kategorie der Substanz hintennach
Anwendbarkeit auf Erfahrungsgegenstände zu geben, die
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liches
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[301/0336] die Verknüpfung in einem Substrat, als etwas durch Beobachtung Erkanntes angiebt. Das Substrat ist hinzugedacht, aber nicht gegeben. Dennoch ist eben dieselbe Stelle schätzbar darum, weil sie die wahre Real-Definition der Substanz enthält. Denn eben dies zu den beobachteten, den gegebenen Complexionen von Merkmalen hinzugedachte Substra- tum, wodurch bloſs an die Stelle des formalen Begriffs: Verknüpfung, der reale: Princip der Einheit, ge- setzt wird, ist die Substanz. Dieser Begriff verbürgt seine Gültigkeit, indem er sich auf das Gegebene bezieht, in dessen Auffassung er nothwendig entstehn muſste, so lange nicht etwa die ganze Complexion der Merkmale für bloſse Erscheinung gehalten wurde; so lange dagegen ein Bedürfniſs vorhanden war, derselben Complexion Realität, nämlich Ein gemeinschaftliches Seyn für alle verknüpften Merkmale, beyzulegen. Diese Gültigkeit des Begriffs ist noch nicht Erweis von der Wahrheit, daſs so etwas vorhanden sey; im Gegentheil, das gemeinschaftliche Seyn der verknüpften Merkmale ist eine metaphysische Ungereimtheit; es ist einer von jenen Widersprüchen, aus deren gehöriger Behandlung die metaphysischen Lehrsätze hervorgehn. Nichts desto we- niger ist jenes Substrat, jenes gemeinschaftliche Seyn, der wahre, und durch die Erfahrung zwar nicht un- mittelbar gegebene, aber nothwendig herbey- geführte, Begriff von der Substanz. Hingegen die Er- klärung, Substanz sey, was nur als Subject und nicht als Prädicat existiren könne, ist eine Namen-Erklärung, die wohl an Logik, aber an kein Gegebenes erinnert. Kant aber, der bey Gelegenheit der Substanz ganze Massen von Fehlern begangen hat, begeht auch den, daſs er, um der verkehrter Weise der Erfahrung vor- ausgesetzten Kategorie der Substanz hintennach Anwendbarkeit auf Erfahrungsgegenstände zu geben, die Zeit zu Hülfe ruft; wodurch seine Substanz ein Beharr- liches wird, während der wahre, und gerade durch die

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/336>, abgerufen am 25.11.2024.