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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825.

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sten stehn; sich auf sie beziehen; kurz, als sie anzeigen,
wie denn ein Ding gedacht werde. Nun ist im Begriffe
des Dinges noch unbestimmt gelassen, was es sey. Es
kommt aber gar kein Vorgestelltes zu Stande, wenn nicht
irgend Etwas vorgestellt wird als ein Solches und kein
Anderes. Demnach ist nothwendig die zweyte Kategorie
die der Eigenschaft. Wobey zu bemerken, dass die
Eigenschaft entweder durch die Elementar-Vorstellungen,
woraus die ganze Vorstellung des Dinges besteht, unmit-
telbar bestimmt wird, oder durch deren reihenförmige
Verbindung. Im ersten Falle heisst die Eigenschaft im
engern Sinne Qualität, im zweyten Quantität.

Allein die Vorstellungen, welche das Wie des Din-
ges anzeigen, können noch über das eigentliche Was
hinausreichen. Oder, die Vorstellung des Dinges kann
einen bestimmten Grund des Ueberganges zu andern
Vorstellungen in sich tragen. Dies ergiebt die Kategorie
der Relation, mit ihren Unterarten.

Endlich gehört hieher noch der in der Urtheilsform ent-
springende, aber von da auf Begriffe vielfältig übertragene
Begriff der Verneinung; welchen Kant ausdrücklich,
obgleich am unrechten Orte, unter den Kategorien auf-
zählt; während Aristoteles zwar Anfangs, da er nur
von unverbundenen Begriffen reden will, ihn bey Seite
setzt, späterhin aber doch, bey Gelegenheit der Gegen-
sätze und der Veränderung in seine Abhandlung auf-
nimmt *).

Sollen nun bloss die allgemeinsten Klassen der Be-
griffe von Gegenständen, die in der äussern Anschauung
können gegeben werden, nachgewiesen, und deren Ueber-
schriften mit dem Namen der Kategorien benannt wer-
den: so möchte man schwerlich mehr derselben finden
als die angezeigten. Denn dass Einheit, Vielheit, Allheit,
der Quantität untergeordnet sind, dass Wo, Wann,
Lage, Thun, Leiden
, zur Relation gehören, dass

*) Aristotelis categoriae cap. 8. et 11.

sten stehn; sich auf sie beziehen; kurz, als sie anzeigen,
wie denn ein Ding gedacht werde. Nun ist im Begriffe
des Dinges noch unbestimmt gelassen, was es sey. Es
kommt aber gar kein Vorgestelltes zu Stande, wenn nicht
irgend Etwas vorgestellt wird als ein Solches und kein
Anderes. Demnach ist nothwendig die zweyte Kategorie
die der Eigenschaft. Wobey zu bemerken, daſs die
Eigenschaft entweder durch die Elementar-Vorstellungen,
woraus die ganze Vorstellung des Dinges besteht, unmit-
telbar bestimmt wird, oder durch deren reihenförmige
Verbindung. Im ersten Falle heiſst die Eigenschaft im
engern Sinne Qualität, im zweyten Quantität.

Allein die Vorstellungen, welche das Wie des Din-
ges anzeigen, können noch über das eigentliche Was
hinausreichen. Oder, die Vorstellung des Dinges kann
einen bestimmten Grund des Ueberganges zu andern
Vorstellungen in sich tragen. Dies ergiebt die Kategorie
der Relation, mit ihren Unterarten.

Endlich gehört hieher noch der in der Urtheilsform ent-
springende, aber von da auf Begriffe vielfältig übertragene
Begriff der Verneinung; welchen Kant ausdrücklich,
obgleich am unrechten Orte, unter den Kategorien auf-
zählt; während Aristoteles zwar Anfangs, da er nur
von unverbundenen Begriffen reden will, ihn bey Seite
setzt, späterhin aber doch, bey Gelegenheit der Gegen-
sätze und der Veränderung in seine Abhandlung auf-
nimmt *).

Sollen nun bloſs die allgemeinsten Klassen der Be-
griffe von Gegenständen, die in der äuſsern Anschauung
können gegeben werden, nachgewiesen, und deren Ueber-
schriften mit dem Namen der Kategorien benannt wer-
den: so möchte man schwerlich mehr derselben finden
als die angezeigten. Denn daſs Einheit, Vielheit, Allheit,
der Quantität untergeordnet sind, daſs Wo, Wann,
Lage, Thun, Leiden
, zur Relation gehören, daſs

*) Aristotelis categoriae cap. 8. et 11.
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[196/0231] sten stehn; sich auf sie beziehen; kurz, als sie anzeigen, wie denn ein Ding gedacht werde. Nun ist im Begriffe des Dinges noch unbestimmt gelassen, was es sey. Es kommt aber gar kein Vorgestelltes zu Stande, wenn nicht irgend Etwas vorgestellt wird als ein Solches und kein Anderes. Demnach ist nothwendig die zweyte Kategorie die der Eigenschaft. Wobey zu bemerken, daſs die Eigenschaft entweder durch die Elementar-Vorstellungen, woraus die ganze Vorstellung des Dinges besteht, unmit- telbar bestimmt wird, oder durch deren reihenförmige Verbindung. Im ersten Falle heiſst die Eigenschaft im engern Sinne Qualität, im zweyten Quantität. Allein die Vorstellungen, welche das Wie des Din- ges anzeigen, können noch über das eigentliche Was hinausreichen. Oder, die Vorstellung des Dinges kann einen bestimmten Grund des Ueberganges zu andern Vorstellungen in sich tragen. Dies ergiebt die Kategorie der Relation, mit ihren Unterarten. Endlich gehört hieher noch der in der Urtheilsform ent- springende, aber von da auf Begriffe vielfältig übertragene Begriff der Verneinung; welchen Kant ausdrücklich, obgleich am unrechten Orte, unter den Kategorien auf- zählt; während Aristoteles zwar Anfangs, da er nur von unverbundenen Begriffen reden will, ihn bey Seite setzt, späterhin aber doch, bey Gelegenheit der Gegen- sätze und der Veränderung in seine Abhandlung auf- nimmt *). Sollen nun bloſs die allgemeinsten Klassen der Be- griffe von Gegenständen, die in der äuſsern Anschauung können gegeben werden, nachgewiesen, und deren Ueber- schriften mit dem Namen der Kategorien benannt wer- den: so möchte man schwerlich mehr derselben finden als die angezeigten. Denn daſs Einheit, Vielheit, Allheit, der Quantität untergeordnet sind, daſs Wo, Wann, Lage, Thun, Leiden, zur Relation gehören, daſs *) Aristotelis categoriae cap. 8. et 11.

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/231>, abgerufen am 06.05.2024.