Aristoteles, und wer ihm folgt, schränkt die Poesie auf Handlungen ein, als ob die Spra- che nichts anders sinnlich vorstellen könnte: aber selbst die griechischen Dichter haben sich nie diesem Gesetz unterworfen; und Virgils Georgica und die Natur der Dinge des Lukrez und man- che hohe Hymne bloßer Empfindung werden Mei- sterstücke bleiben."
"Die meisten haben wunderliche Begriffe von Poesie, und meinen, sie könne ohne Nebel und Wolken nicht bestehen, und müsse platter- dings ein Rausch, eine Raserey seyn, und scheue das Licht der Vernunft; und die albernsten Pö- belmährchen und Kinderfabeln wären ihr bestes und wesentliches, und würdigen sie so herab von ihrem Adel. Wenn sie nur den Sophokles und Euripides wollten sprechen hören, die diese Kunst zur Vollkommenheit gebracht: so könnten sie sich leicht von ihrem Wahn befreyen."
"Die
Ariſtoteles, und wer ihm folgt, ſchraͤnkt die Poeſie auf Handlungen ein, als ob die Spra- che nichts anders ſinnlich vorſtellen koͤnnte: aber ſelbſt die griechiſchen Dichter haben ſich nie dieſem Geſetz unterworfen; und Virgils Georgica und die Natur der Dinge des Lukrez und man- che hohe Hymne bloßer Empfindung werden Mei- ſterſtuͤcke bleiben.“
„Die meiſten haben wunderliche Begriffe von Poeſie, und meinen, ſie koͤnne ohne Nebel und Wolken nicht beſtehen, und muͤſſe platter- dings ein Rauſch, eine Raſerey ſeyn, und ſcheue das Licht der Vernunft; und die albernſten Poͤ- belmaͤhrchen und Kinderfabeln waͤren ihr beſtes und weſentliches, und wuͤrdigen ſie ſo herab von ihrem Adel. Wenn ſie nur den Sophokles und Euripides wollten ſprechen hoͤren, die dieſe Kunſt zur Vollkommenheit gebracht: ſo koͤnnten ſie ſich leicht von ihrem Wahn befreyen.“
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Ariſtoteles, und wer ihm folgt, ſchraͤnkt
die Poeſie auf Handlungen ein, als ob die Spra-
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ſelbſt die griechiſchen Dichter haben ſich nie dieſem
Geſetz unterworfen; und Virgils Georgica
und die Natur der Dinge des Lukrez und man-
che hohe Hymne bloßer Empfindung werden Mei-
ſterſtuͤcke bleiben.“
„Die meiſten haben wunderliche Begriffe
von Poeſie, und meinen, ſie koͤnne ohne Nebel
und Wolken nicht beſtehen, und muͤſſe platter-
dings ein Rauſch, eine Raſerey ſeyn, und ſcheue
das Licht der Vernunft; und die albernſten Poͤ-
belmaͤhrchen und Kinderfabeln waͤren ihr beſtes
und weſentliches, und wuͤrdigen ſie ſo herab von
ihrem Adel. Wenn ſie nur den Sophokles und
Euripides wollten ſprechen hoͤren, die dieſe Kunſt
zur Vollkommenheit gebracht: ſo koͤnnten ſie ſich
leicht von ihrem Wahn befreyen.“
„Die
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/355>, abgerufen am 16.06.2024.
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