liche durch alle Welten. Sie schaft und wirkt, ihre Schwingen sind unermüdlich und verlieren ihre Kraft nie, und sie kann nicht aufhören sich zu bewegen und bewegt zu werden; so bescheiden gegen sich, daß sie von sich selbst nichts weiß: aber die Iliade zeugt überall genug von Home- ren."
"Nun ist der Mensch selten in der Lage, daß seine Seele in der Wirklichkeit hienieden nach diesen ihren Neigungen glücklich seyn könnte: sie wirft sich also aus Verzweiflung in die Kunst, und treibt damit ihr Spiel. Wohl derjenigen, die lange in den seeligen Träumen hinschwebt, ohne zu erwachen!"
"Alle Kunst ist Darstellung eines Ganzen für die Einbildungskraft. Sie unterscheidet sich nach den Mitteln, die sie dazu braucht; und diese sind in jeder Art ihre nothwendigen Schranken, wohinein sich ein Weiser leicht bequemt, und worüber nur die Unklugen hinaus wollen."
"Ari-
liche durch alle Welten. Sie ſchaft und wirkt, ihre Schwingen ſind unermuͤdlich und verlieren ihre Kraft nie, und ſie kann nicht aufhoͤren ſich zu bewegen und bewegt zu werden; ſo beſcheiden gegen ſich, daß ſie von ſich ſelbſt nichts weiß: aber die Iliade zeugt uͤberall genug von Home- ren.“
„Nun iſt der Menſch ſelten in der Lage, daß ſeine Seele in der Wirklichkeit hienieden nach dieſen ihren Neigungen gluͤcklich ſeyn koͤnnte: ſie wirft ſich alſo aus Verzweiflung in die Kunſt, und treibt damit ihr Spiel. Wohl derjenigen, die lange in den ſeeligen Traͤumen hinſchwebt, ohne zu erwachen!“
„Alle Kunſt iſt Darſtellung eines Ganzen fuͤr die Einbildungskraft. Sie unterſcheidet ſich nach den Mitteln, die ſie dazu braucht; und dieſe ſind in jeder Art ihre nothwendigen Schranken, wohinein ſich ein Weiſer leicht bequemt, und woruͤber nur die Unklugen hinaus wollen.“
„Ari-
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liche durch alle Welten. Sie ſchaft und wirkt,
ihre Schwingen ſind unermuͤdlich und verlieren
ihre Kraft nie, und ſie kann nicht aufhoͤren ſich
zu bewegen und bewegt zu werden; ſo beſcheiden
gegen ſich, daß ſie von ſich ſelbſt nichts weiß:
aber die Iliade zeugt uͤberall genug von Home-
ren.“
„Nun iſt der Menſch ſelten in der Lage,
daß ſeine Seele in der Wirklichkeit hienieden nach
dieſen ihren Neigungen gluͤcklich ſeyn koͤnnte:
ſie wirft ſich alſo aus Verzweiflung in die Kunſt, und
treibt damit ihr Spiel. Wohl derjenigen, die
lange in den ſeeligen Traͤumen hinſchwebt, ohne
zu erwachen!“
„Alle Kunſt iſt Darſtellung eines Ganzen fuͤr
die Einbildungskraft. Sie unterſcheidet ſich nach
den Mitteln, die ſie dazu braucht; und dieſe ſind in
jeder Art ihre nothwendigen Schranken, wohinein
ſich ein Weiſer leicht bequemt, und woruͤber nur
die Unklugen hinaus wollen.“
„Ari-
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/354>, abgerufen am 15.06.2024.
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