So bald ichs möglich machen kann, reis' ich zu euch, ich muß Cäcilien selbst sehen und spre- chen, mit Briefen ists nicht gethan; und du be- gleitest mich dann hieher. Wir wollen wie in einem Paradiese leben.
Frescobaldi.
Cäcilia an Ardinghello.
Nur die Liebe zu dir hat mich erhalten. O, daß ich nicht bey dir bin! welch ein Ge- genstück zu unsrer bangen furchtbaren Trennung! Aber noch ist mir die Sonne der Freude nicht ganz aufgegangen; doch weiden sich meine Bli- cke an ihrer lieblichen Morgenröthe, und schon wall ich auf den purpurnen östlichen Fluhten ent- gegen ihrem blendenden ersten Feuer.
O du mein Alles, Licht und Leben und Hei- terkeit meiner Seele, wann werd ich mich wieder um dich winden? mich in dich verwandeln, nur voll von dir, nichts mehr, dein unaussprechliches entzückendes Selbst seyn?
Wie
U 5
So bald ichs moͤglich machen kann, reiſ’ ich zu euch, ich muß Caͤcilien ſelbſt ſehen und ſpre- chen, mit Briefen iſts nicht gethan; und du be- gleiteſt mich dann hieher. Wir wollen wie in einem Paradieſe leben.
Frescobaldi.
Caͤcilia an Ardinghello.
Nur die Liebe zu dir hat mich erhalten. O, daß ich nicht bey dir bin! welch ein Ge- genſtuͤck zu unſrer bangen furchtbaren Trennung! Aber noch iſt mir die Sonne der Freude nicht ganz aufgegangen; doch weiden ſich meine Bli- cke an ihrer lieblichen Morgenroͤthe, und ſchon wall ich auf den purpurnen oͤſtlichen Fluhten ent- gegen ihrem blendenden erſten Feuer.
O du mein Alles, Licht und Leben und Hei- terkeit meiner Seele, wann werd ich mich wieder um dich winden? mich in dich verwandeln, nur voll von dir, nichts mehr, dein unausſprechliches entzuͤckendes Selbſt ſeyn?
Wie
U 5
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So bald ichs moͤglich machen kann, reiſ’ ich
zu euch, ich muß Caͤcilien ſelbſt ſehen und ſpre-
chen, mit Briefen iſts nicht gethan; und du be-
gleiteſt mich dann hieher. Wir wollen wie in
einem Paradieſe leben.
Frescobaldi.
Caͤcilia an Ardinghello.
Nur die Liebe zu dir hat mich erhalten.
O, daß ich nicht bey dir bin! welch ein Ge-
genſtuͤck zu unſrer bangen furchtbaren Trennung!
Aber noch iſt mir die Sonne der Freude nicht
ganz aufgegangen; doch weiden ſich meine Bli-
cke an ihrer lieblichen Morgenroͤthe, und ſchon
wall ich auf den purpurnen oͤſtlichen Fluhten ent-
gegen ihrem blendenden erſten Feuer.
O du mein Alles, Licht und Leben und Hei-
terkeit meiner Seele, wann werd ich mich wieder
um dich winden? mich in dich verwandeln, nur
voll von dir, nichts mehr, dein unausſprechliches
entzuͤckendes Selbſt ſeyn?
Wie
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/319>, abgerufen am 22.06.2024.
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