Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Mit den Gedärmen eines Esels möchte ich meine
Leyer besaiten, um sie nach Würden zu besingen,
die geschorenen Dummköpfe!

Eine gewaltige Lust ergreift mich! Während
ich sitze, und schreibe, erklingt Musik unter mei¬
nem Fenster, und an dem elegischen Grimm der
langezogenen Melodie, erkenne ich jene marseiller
Hymne, womit der schöne Barbaroux und seine
Gefährten die Stadt Paris begrüßten, jener Kuh¬
reigen der Freyheit, bey dessen Tönen die Schwei¬
tzer in den Tuilerien das Heimweh bekamen, jener
triumphirende Todesgesang der Gironde, das alte,
süße Wiegenlied --

Welch ein Lied! Es durchschauert mich mit
Feuer und Freude, und entzündet in mir die glü¬
henden Sterne der Begeisterung und die Raketen
des Spottes. Ja, diese sollen nicht fehlen, bey
dem großen Feuerwerk der Zeit. Klingende Flam¬
menströme des Gesanges sollen sich ergießen von
der Höhe der Freyheitslust, in kühnen Kaskaden,

Mit den Gedaͤrmen eines Eſels moͤchte ich meine
Leyer beſaiten, um ſie nach Wuͤrden zu beſingen,
die geſchorenen Dummkoͤpfe!

Eine gewaltige Luſt ergreift mich! Waͤhrend
ich ſitze, und ſchreibe, erklingt Muſik unter mei¬
nem Fenſter, und an dem elegiſchen Grimm der
langezogenen Melodie, erkenne ich jene marſeiller
Hymne, womit der ſchoͤne Barbaroux und ſeine
Gefaͤhrten die Stadt Paris begruͤßten, jener Kuh¬
reigen der Freyheit, bey deſſen Toͤnen die Schwei¬
tzer in den Tuilerien das Heimweh bekamen, jener
triumphirende Todesgeſang der Gironde, das alte,
ſuͤße Wiegenlied —

Welch ein Lied! Es durchſchauert mich mit
Feuer und Freude, und entzuͤndet in mir die gluͤ¬
henden Sterne der Begeiſterung und die Raketen
des Spottes. Ja, dieſe ſollen nicht fehlen, bey
dem großen Feuerwerk der Zeit. Klingende Flam¬
menſtroͤme des Geſanges ſollen ſich ergießen von
der Hoͤhe der Freyheitsluſt, in kuͤhnen Kaskaden,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0152" n="138"/>
Mit den Geda&#x0364;rmen eines E&#x017F;els mo&#x0364;chte ich meine<lb/>
Leyer be&#x017F;aiten, um &#x017F;ie nach Wu&#x0364;rden zu be&#x017F;ingen,<lb/>
die ge&#x017F;chorenen Dummko&#x0364;pfe!</p><lb/>
          <p>Eine gewaltige Lu&#x017F;t ergreift mich! Wa&#x0364;hrend<lb/>
ich &#x017F;itze, und &#x017F;chreibe, erklingt Mu&#x017F;ik unter mei¬<lb/>
nem Fen&#x017F;ter, und an dem elegi&#x017F;chen Grimm der<lb/>
langezogenen Melodie, erkenne ich jene mar&#x017F;eiller<lb/>
Hymne, womit der &#x017F;cho&#x0364;ne Barbaroux und &#x017F;eine<lb/>
Gefa&#x0364;hrten die Stadt Paris begru&#x0364;ßten, jener Kuh¬<lb/>
reigen der Freyheit, bey de&#x017F;&#x017F;en To&#x0364;nen die Schwei¬<lb/>
tzer in den Tuilerien das Heimweh bekamen, jener<lb/>
triumphirende Todesge&#x017F;ang der Gironde, das alte,<lb/>
&#x017F;u&#x0364;ße Wiegenlied &#x2014;</p><lb/>
          <p>Welch ein Lied! Es durch&#x017F;chauert mich mit<lb/>
Feuer und Freude, und entzu&#x0364;ndet in mir die glu&#x0364;¬<lb/>
henden Sterne der Begei&#x017F;terung und die Raketen<lb/>
des Spottes. Ja, die&#x017F;e &#x017F;ollen nicht fehlen, bey<lb/>
dem großen Feuerwerk der Zeit. Klingende Flam¬<lb/>
men&#x017F;tro&#x0364;me des Ge&#x017F;anges &#x017F;ollen &#x017F;ich ergießen von<lb/>
der Ho&#x0364;he der Freyheitslu&#x017F;t, in ku&#x0364;hnen Kaskaden,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0152] Mit den Gedaͤrmen eines Eſels moͤchte ich meine Leyer beſaiten, um ſie nach Wuͤrden zu beſingen, die geſchorenen Dummkoͤpfe! Eine gewaltige Luſt ergreift mich! Waͤhrend ich ſitze, und ſchreibe, erklingt Muſik unter mei¬ nem Fenſter, und an dem elegiſchen Grimm der langezogenen Melodie, erkenne ich jene marſeiller Hymne, womit der ſchoͤne Barbaroux und ſeine Gefaͤhrten die Stadt Paris begruͤßten, jener Kuh¬ reigen der Freyheit, bey deſſen Toͤnen die Schwei¬ tzer in den Tuilerien das Heimweh bekamen, jener triumphirende Todesgeſang der Gironde, das alte, ſuͤße Wiegenlied — Welch ein Lied! Es durchſchauert mich mit Feuer und Freude, und entzuͤndet in mir die gluͤ¬ henden Sterne der Begeiſterung und die Raketen des Spottes. Ja, dieſe ſollen nicht fehlen, bey dem großen Feuerwerk der Zeit. Klingende Flam¬ menſtroͤme des Geſanges ſollen ſich ergießen von der Hoͤhe der Freyheitsluſt, in kuͤhnen Kaskaden,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/152
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/152>, abgerufen am 28.11.2024.