Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

hende Baschkiren. Eben so wenig konnte man
vorher wissen, daß die Schlangenlist unserer Pfäffe¬
lein so zu Schanden werde -- ach! es ist fast
Mitleiden erregend, wenn man sieht, wie schlecht
sie ihr bestes Gift zu brauchen wissen, da sie uns,
aus Wuth, in großen Stücken den Arsenik an den
Kopf werfen, statt ihn lothweis und liebevoll in
unsere Suppen zu schütten, wenn man sieht, wie
sie aus der alten Kinderwäsche die verjährten Win¬
deln ihrer Feinde hervorkramen, um Unrath zu
erschnüffeln, wie sie sogar die Väter ihrer Feinde
aus dem Grabe hervorwühlen, um nachzusehen,
ob sie etwa beschnitten waren -- O der Thoren!
die da meinen entdeckt zu haben, der Löwe gehöre
eigentlich zum Katzengeschlecht, und die mit dieser
naturgeschichtlichen Entdeckung noch so lang her¬
umzischen werden, bis die große Katze das ex
ungue leonem
an ihrem eignen Fleische bewährt!
O der obscuren Wichte, die nicht eher erleuchtet
werden, bis sie selbst an der Laterne hängen!

hende Baſchkiren. Eben ſo wenig konnte man
vorher wiſſen, daß die Schlangenliſt unſerer Pfaͤffe¬
lein ſo zu Schanden werde — ach! es iſt faſt
Mitleiden erregend, wenn man ſieht, wie ſchlecht
ſie ihr beſtes Gift zu brauchen wiſſen, da ſie uns,
aus Wuth, in großen Stuͤcken den Arſenik an den
Kopf werfen, ſtatt ihn lothweis und liebevoll in
unſere Suppen zu ſchuͤtten, wenn man ſieht, wie
ſie aus der alten Kinderwaͤſche die verjaͤhrten Win¬
deln ihrer Feinde hervorkramen, um Unrath zu
erſchnuͤffeln, wie ſie ſogar die Vaͤter ihrer Feinde
aus dem Grabe hervorwuͤhlen, um nachzuſehen,
ob ſie etwa beſchnitten waren — O der Thoren!
die da meinen entdeckt zu haben, der Loͤwe gehoͤre
eigentlich zum Katzengeſchlecht, und die mit dieſer
naturgeſchichtlichen Entdeckung noch ſo lang her¬
umziſchen werden, bis die große Katze das ex
ungue leonem
an ihrem eignen Fleiſche bewaͤhrt!
O der obſcuren Wichte, die nicht eher erleuchtet
werden, bis ſie ſelbſt an der Laterne haͤngen!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0151" n="137"/>
hende Ba&#x017F;chkiren. Eben &#x017F;o wenig konnte man<lb/>
vorher wi&#x017F;&#x017F;en, daß die Schlangenli&#x017F;t un&#x017F;erer Pfa&#x0364;ffe¬<lb/>
lein &#x017F;o zu Schanden werde &#x2014; ach! es i&#x017F;t fa&#x017F;t<lb/>
Mitleiden erregend, wenn man &#x017F;ieht, wie &#x017F;chlecht<lb/>
&#x017F;ie ihr be&#x017F;tes Gift zu brauchen wi&#x017F;&#x017F;en, da &#x017F;ie uns,<lb/>
aus Wuth, in großen Stu&#x0364;cken den Ar&#x017F;enik an den<lb/>
Kopf werfen, &#x017F;tatt ihn lothweis und liebevoll in<lb/>
un&#x017F;ere Suppen zu &#x017F;chu&#x0364;tten, wenn man &#x017F;ieht, wie<lb/>
&#x017F;ie aus der alten Kinderwa&#x0364;&#x017F;che die verja&#x0364;hrten Win¬<lb/>
deln ihrer Feinde hervorkramen, um Unrath zu<lb/>
er&#x017F;chnu&#x0364;ffeln, wie &#x017F;ie &#x017F;ogar die Va&#x0364;ter ihrer Feinde<lb/>
aus dem Grabe hervorwu&#x0364;hlen, um nachzu&#x017F;ehen,<lb/>
ob &#x017F;ie etwa be&#x017F;chnitten waren &#x2014; O der Thoren!<lb/>
die da meinen entdeckt zu haben, der Lo&#x0364;we geho&#x0364;re<lb/>
eigentlich zum Katzenge&#x017F;chlecht, und die mit die&#x017F;er<lb/>
naturge&#x017F;chichtlichen Entdeckung noch &#x017F;o lang her¬<lb/>
umzi&#x017F;chen werden, bis die große Katze das <hi rendition="#aq">ex<lb/>
ungue leonem</hi> an ihrem eignen Flei&#x017F;che bewa&#x0364;hrt!<lb/>
O der ob&#x017F;curen Wichte, die nicht eher erleuchtet<lb/>
werden, bis &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t an der Laterne ha&#x0364;ngen!<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0151] hende Baſchkiren. Eben ſo wenig konnte man vorher wiſſen, daß die Schlangenliſt unſerer Pfaͤffe¬ lein ſo zu Schanden werde — ach! es iſt faſt Mitleiden erregend, wenn man ſieht, wie ſchlecht ſie ihr beſtes Gift zu brauchen wiſſen, da ſie uns, aus Wuth, in großen Stuͤcken den Arſenik an den Kopf werfen, ſtatt ihn lothweis und liebevoll in unſere Suppen zu ſchuͤtten, wenn man ſieht, wie ſie aus der alten Kinderwaͤſche die verjaͤhrten Win¬ deln ihrer Feinde hervorkramen, um Unrath zu erſchnuͤffeln, wie ſie ſogar die Vaͤter ihrer Feinde aus dem Grabe hervorwuͤhlen, um nachzuſehen, ob ſie etwa beſchnitten waren — O der Thoren! die da meinen entdeckt zu haben, der Loͤwe gehoͤre eigentlich zum Katzengeſchlecht, und die mit dieſer naturgeſchichtlichen Entdeckung noch ſo lang her¬ umziſchen werden, bis die große Katze das ex ungue leonem an ihrem eignen Fleiſche bewaͤhrt! O der obſcuren Wichte, die nicht eher erleuchtet werden, bis ſie ſelbſt an der Laterne haͤngen!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/151
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/151>, abgerufen am 28.04.2024.