müssen wie ein Mann tragen, was das Schicksal über Sie beschlossen hat. Daß es so gekommen ist, ist vielleicht gut, und es ist vielleicht gut, daß es so gekommen ist. Der Mensch ist ein irdisches Wesen und begreift nicht die Fügung der Gött¬ lichkeit. Der Mensch meint oft, er ginge seinem Glück entgegen, und auf seinem Wege steht viel¬ leicht das Unglück mit einem Stock, und wenn ein bürgerlicher Stock auf einen adeligen Rücken kommt, so fühlt's der Mensch, Herr Markese.
Weh mir, ich Narr des Glücks! tobte noch immer Gumpelino, sein Diener aber sprach ruhig weiter:
Der Mensch erwartet oft einen Kelch mit Nektar, und er kriegt eine Prügelsuppe, und ist auch Nektar süß, so sind doch Prügel desto bitterer; und es ist noch ein wahres Glück, daß der Mensch, der den Andern prügelt, am Ende müde wird, sonst könnte es der andere wahrhaftig nicht aushalten. Gefährlicher ist aber noch, wenn
muͤſſen wie ein Mann tragen, was das Schickſal uͤber Sie beſchloſſen hat. Daß es ſo gekommen iſt, iſt vielleicht gut, und es iſt vielleicht gut, daß es ſo gekommen iſt. Der Menſch iſt ein irdiſches Weſen und begreift nicht die Fuͤgung der Goͤtt¬ lichkeit. Der Menſch meint oft, er ginge ſeinem Gluͤck entgegen, und auf ſeinem Wege ſteht viel¬ leicht das Ungluͤck mit einem Stock, und wenn ein buͤrgerlicher Stock auf einen adeligen Ruͤcken kommt, ſo fuͤhlt's der Menſch, Herr Markeſe.
Weh mir, ich Narr des Gluͤcks! tobte noch immer Gumpelino, ſein Diener aber ſprach ruhig weiter:
Der Menſch erwartet oft einen Kelch mit Nektar, und er kriegt eine Pruͤgelſuppe, und iſt auch Nektar ſuͤß, ſo ſind doch Pruͤgel deſto bitterer; und es iſt noch ein wahres Gluͤck, daß der Menſch, der den Andern pruͤgelt, am Ende muͤde wird, ſonſt koͤnnte es der andere wahrhaftig nicht aushalten. Gefaͤhrlicher iſt aber noch, wenn
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muͤſſen wie ein Mann tragen, was das Schickſal
uͤber Sie beſchloſſen hat. Daß es ſo gekommen
iſt, iſt vielleicht gut, und es iſt vielleicht gut, daß
es ſo gekommen iſt. Der Menſch iſt ein irdiſches
Weſen und begreift nicht die Fuͤgung der Goͤtt¬
lichkeit. Der Menſch meint oft, er ginge ſeinem
Gluͤck entgegen, und auf ſeinem Wege ſteht viel¬
leicht das Ungluͤck mit einem Stock, und wenn
ein buͤrgerlicher Stock auf einen adeligen Ruͤcken
kommt, ſo fuͤhlt's der Menſch, Herr Markeſe.
Weh mir, ich Narr des Gluͤcks! tobte noch
immer Gumpelino, ſein Diener aber ſprach
ruhig weiter:
Der Menſch erwartet oft einen Kelch mit
Nektar, und er kriegt eine Pruͤgelſuppe, und
iſt auch Nektar ſuͤß, ſo ſind doch Pruͤgel deſto
bitterer; und es iſt noch ein wahres Gluͤck, daß
der Menſch, der den Andern pruͤgelt, am Ende
muͤde wird, ſonſt koͤnnte es der andere wahrhaftig
nicht aushalten. Gefaͤhrlicher iſt aber noch, wenn
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/339>, abgerufen am 24.11.2024.
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