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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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Sie singt des Nachts auf dem Granatbaum dort;
Glaub, Lieber, mir, es war die Nachtigall.

Das ist ganz einerley -- fuhr Hyacinth
fort -- meinethalben ein Kanarienvogel, die
Vögel die man im Garten hält, kosten am we¬
nigsten. Die Hauptsache ist das Treibhaus, und
die Tapeten im Pavillon und die Staatsfiguren,
die davor stehen, und da stehen, zum Beyspiel,
ein nackter General von den Göttern und die
Venus Urinia, die beide drey hundert Mark
kosten. Mitten im Garten hat sich die Gudel
auch eine Fontenelle anlegen lassen -- Und da
steht sie vielleicht jetzt und puhlt sich die Nase,
und macht sich ein Schwärmereyvergnügen, und
denkt an mich -- Ach!

Nach diesem Seufzer erfolgte eine sehnsüch¬
tige Stille, die der Markese endlich unterbrach,
mit der schmachtenden Frage: Sage mir auf
deine Ehre, Hyazinth, glaubst du wirklich, daß
dein Pulver wirken wird?

Sie ſingt des Nachts auf dem Granatbaum dort;
Glaub, Lieber, mir, es war die Nachtigall.

Das iſt ganz einerley — fuhr Hyacinth
fort — meinethalben ein Kanarienvogel, die
Voͤgel die man im Garten haͤlt, koſten am we¬
nigſten. Die Hauptſache iſt das Treibhaus, und
die Tapeten im Pavillon und die Staatsfiguren,
die davor ſtehen, und da ſtehen, zum Beyſpiel,
ein nackter General von den Goͤttern und die
Venus Urinia, die beide drey hundert Mark
koſten. Mitten im Garten hat ſich die Gudel
auch eine Fontenelle anlegen laſſen — Und da
ſteht ſie vielleicht jetzt und puhlt ſich die Naſe,
und macht ſich ein Schwaͤrmereyvergnuͤgen, und
denkt an mich — Ach!

Nach dieſem Seufzer erfolgte eine ſehnſuͤch¬
tige Stille, die der Markeſe endlich unterbrach,
mit der ſchmachtenden Frage: Sage mir auf
deine Ehre, Hyazinth, glaubſt du wirklich, daß
dein Pulver wirken wird?

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[324/0332] Sie ſingt des Nachts auf dem Granatbaum dort; Glaub, Lieber, mir, es war die Nachtigall. Das iſt ganz einerley — fuhr Hyacinth fort — meinethalben ein Kanarienvogel, die Voͤgel die man im Garten haͤlt, koſten am we¬ nigſten. Die Hauptſache iſt das Treibhaus, und die Tapeten im Pavillon und die Staatsfiguren, die davor ſtehen, und da ſtehen, zum Beyſpiel, ein nackter General von den Goͤttern und die Venus Urinia, die beide drey hundert Mark koſten. Mitten im Garten hat ſich die Gudel auch eine Fontenelle anlegen laſſen — Und da ſteht ſie vielleicht jetzt und puhlt ſich die Naſe, und macht ſich ein Schwaͤrmereyvergnuͤgen, und denkt an mich — Ach! Nach dieſem Seufzer erfolgte eine ſehnſuͤch¬ tige Stille, die der Markeſe endlich unterbrach, mit der ſchmachtenden Frage: Sage mir auf deine Ehre, Hyazinth, glaubſt du wirklich, daß dein Pulver wirken wird?

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/332>, abgerufen am 10.05.2024.