Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

Wirklich, Herr Markese, seit ich mit Ihnen Um¬
gang habe, als Bedienter, habe ich mir schon viel
Bildung angewöhnt; aber so viel weiß ich, nicht
einmal ein Achtelchen vom großen Loos gäbe ich
für die Liebe! Gott soll mich davor bewahren!
Wenn ich auch rechne fünfhundert Mark Abzugs¬
dekort, so bleiben doch noch immer zwölftausend
Mark! Die Liebe! Wenn ich alles zusammen¬
rechne was mich die Liebe gekostet hat, kommen
nur zwölf Mark und dreyzehn Schilling heraus.
Die Liebe! Ich habe auch viel Umsonstglück in
der Liebe gehabt, was mich gar nichts gekostet
hat; nur dann und wann habe ich mal meiner
Geliebten par Complaisanz die Hühneraugen ge¬
schnitten. Ein wahres, gefühlvoll leidenschaftliches
Attachement hatte ich nur ein einziges mal, und
das war die dicke Gudel vom Dreckwall. Die
Frau spielte bey mir, und wenn ich kam, ihr das
Loos zu renoviren, drückte sie mir immer ein
Stück Kuchen in die Hand, ein Stück sehr

Wirklich, Herr Markeſe, ſeit ich mit Ihnen Um¬
gang habe, als Bedienter, habe ich mir ſchon viel
Bildung angewoͤhnt; aber ſo viel weiß ich, nicht
einmal ein Achtelchen vom großen Loos gaͤbe ich
fuͤr die Liebe! Gott ſoll mich davor bewahren!
Wenn ich auch rechne fuͤnfhundert Mark Abzugs¬
dekort, ſo bleiben doch noch immer zwoͤlftauſend
Mark! Die Liebe! Wenn ich alles zuſammen¬
rechne was mich die Liebe gekoſtet hat, kommen
nur zwoͤlf Mark und dreyzehn Schilling heraus.
Die Liebe! Ich habe auch viel Umſonſtgluͤck in
der Liebe gehabt, was mich gar nichts gekoſtet
hat; nur dann und wann habe ich mal meiner
Geliebten par Complaiſanz die Huͤhneraugen ge¬
ſchnitten. Ein wahres, gefuͤhlvoll leidenſchaftliches
Attachement hatte ich nur ein einziges mal, und
das war die dicke Gudel vom Dreckwall. Die
Frau ſpielte bey mir, und wenn ich kam, ihr das
Loos zu renoviren, druͤckte ſie mir immer ein
Stuͤck Kuchen in die Hand, ein Stuͤck ſehr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0328" n="320"/>
Wirklich, Herr Marke&#x017F;e, &#x017F;eit ich mit Ihnen Um¬<lb/>
gang habe, als Bedienter, habe ich mir &#x017F;chon viel<lb/>
Bildung angewo&#x0364;hnt; aber &#x017F;o viel weiß ich, nicht<lb/>
einmal ein Achtelchen vom großen Loos ga&#x0364;be ich<lb/>
fu&#x0364;r die Liebe! Gott &#x017F;oll mich davor bewahren!<lb/>
Wenn ich auch rechne fu&#x0364;nfhundert Mark Abzugs¬<lb/>
dekort, &#x017F;o bleiben doch noch immer zwo&#x0364;lftau&#x017F;end<lb/>
Mark! Die Liebe! Wenn ich alles zu&#x017F;ammen¬<lb/>
rechne was mich die Liebe geko&#x017F;tet hat, kommen<lb/>
nur zwo&#x0364;lf Mark und dreyzehn Schilling heraus.<lb/>
Die Liebe! Ich habe auch viel Um&#x017F;on&#x017F;tglu&#x0364;ck in<lb/>
der Liebe gehabt, was mich gar nichts geko&#x017F;tet<lb/>
hat; nur dann und wann habe ich mal meiner<lb/>
Geliebten par Complai&#x017F;anz die Hu&#x0364;hneraugen ge¬<lb/>
&#x017F;chnitten. Ein wahres, gefu&#x0364;hlvoll leiden&#x017F;chaftliches<lb/>
Attachement hatte ich nur ein einziges mal, und<lb/>
das war die dicke Gudel vom Dreckwall. Die<lb/>
Frau &#x017F;pielte bey mir, und wenn ich kam, ihr das<lb/>
Loos zu renoviren, dru&#x0364;ckte &#x017F;ie mir immer ein<lb/>
Stu&#x0364;ck Kuchen in die Hand, ein Stu&#x0364;ck &#x017F;ehr<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[320/0328] Wirklich, Herr Markeſe, ſeit ich mit Ihnen Um¬ gang habe, als Bedienter, habe ich mir ſchon viel Bildung angewoͤhnt; aber ſo viel weiß ich, nicht einmal ein Achtelchen vom großen Loos gaͤbe ich fuͤr die Liebe! Gott ſoll mich davor bewahren! Wenn ich auch rechne fuͤnfhundert Mark Abzugs¬ dekort, ſo bleiben doch noch immer zwoͤlftauſend Mark! Die Liebe! Wenn ich alles zuſammen¬ rechne was mich die Liebe gekoſtet hat, kommen nur zwoͤlf Mark und dreyzehn Schilling heraus. Die Liebe! Ich habe auch viel Umſonſtgluͤck in der Liebe gehabt, was mich gar nichts gekoſtet hat; nur dann und wann habe ich mal meiner Geliebten par Complaiſanz die Huͤhneraugen ge¬ ſchnitten. Ein wahres, gefuͤhlvoll leidenſchaftliches Attachement hatte ich nur ein einziges mal, und das war die dicke Gudel vom Dreckwall. Die Frau ſpielte bey mir, und wenn ich kam, ihr das Loos zu renoviren, druͤckte ſie mir immer ein Stuͤck Kuchen in die Hand, ein Stuͤck ſehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/328
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/328>, abgerufen am 10.05.2024.