Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

zwar an seine linke Seite, und er ist just der
Mann, der die Schüssel mit braunen Karpfen
vor sich stehen hat und lustig austheilt; -- hat
er nun eine alte Pique auf Dich, dann reicht
er die Teller immer rechts herum, so daß auch
nicht das kleinste Schwanzstückchen für Dich übrig
bleibt. Denn ach! du bist just der Dreizehnte
bei Tisch, welches immer bedenklich ist, wenn
man links neben dem Trancheur sitzt, und die
Teller rechts herumgereicht werden. Und keine
Karpfen bekommen, ist ein großes Uebel; nächst
dem Verlust der Nationalkokarde vielleicht das
größte. Der Philister, der Dir dieses Uebel
bereitet, verhöhnt Dich noch obendrein, und
offerirt Dir die Lorbeeren, die in der braunen
Sauce liegen geblieben; -- ach! was helfen
einem alle Lorbeeren, wenn keine Karpfen dabei
sind! -- und der Philister blinzelt dann mit den
Aeuglein, und kichert und lispelt: Es ist heute
eine schöne Witterung.

zwar an ſeine linke Seite, und er iſt juſt der
Mann, der die Schuͤſſel mit braunen Karpfen
vor ſich ſtehen hat und luſtig austheilt; — hat
er nun eine alte Pique auf Dich, dann reicht
er die Teller immer rechts herum, ſo daß auch
nicht das kleinſte Schwanzſtuͤckchen fuͤr Dich uͤbrig
bleibt. Denn ach! du biſt juſt der Dreizehnte
bei Tiſch, welches immer bedenklich iſt, wenn
man links neben dem Trancheur ſitzt, und die
Teller rechts herumgereicht werden. Und keine
Karpfen bekommen, iſt ein großes Uebel; naͤchſt
dem Verluſt der Nationalkokarde vielleicht das
groͤßte. Der Philiſter, der Dir dieſes Uebel
bereitet, verhoͤhnt Dich noch obendrein, und
offerirt Dir die Lorbeeren, die in der braunen
Sauce liegen geblieben; — ach! was helfen
einem alle Lorbeeren, wenn keine Karpfen dabei
ſind! — und der Philiſter blinzelt dann mit den
Aeuglein, und kichert und liſpelt: Es iſt heute
eine ſchoͤne Witterung.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0015" n="7"/>
zwar an &#x017F;eine linke Seite, und er i&#x017F;t ju&#x017F;t der<lb/>
Mann, der die Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el mit braunen Karpfen<lb/>
vor &#x017F;ich &#x017F;tehen hat und lu&#x017F;tig austheilt; &#x2014; hat<lb/>
er nun eine alte Pique auf Dich, dann reicht<lb/>
er die Teller immer rechts herum, &#x017F;o daß auch<lb/>
nicht das klein&#x017F;te Schwanz&#x017F;tu&#x0364;ckchen fu&#x0364;r Dich u&#x0364;brig<lb/>
bleibt. Denn ach! du bi&#x017F;t ju&#x017F;t der Dreizehnte<lb/>
bei Ti&#x017F;ch, welches immer bedenklich i&#x017F;t, wenn<lb/>
man links neben dem Trancheur &#x017F;itzt, und die<lb/>
Teller rechts herumgereicht werden. Und keine<lb/>
Karpfen bekommen, i&#x017F;t ein großes Uebel; na&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
dem Verlu&#x017F;t der Nationalkokarde vielleicht das<lb/>
gro&#x0364;ßte. Der Phili&#x017F;ter, der Dir die&#x017F;es Uebel<lb/>
bereitet, verho&#x0364;hnt Dich noch obendrein, und<lb/>
offerirt Dir die Lorbeeren, die in der braunen<lb/>
Sauce liegen geblieben; &#x2014; ach! was helfen<lb/>
einem alle Lorbeeren, wenn keine Karpfen dabei<lb/>
&#x017F;ind! &#x2014; und der Phili&#x017F;ter blinzelt dann mit den<lb/>
Aeuglein, und kichert und li&#x017F;pelt: Es i&#x017F;t heute<lb/>
eine &#x017F;cho&#x0364;ne Witterung.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0015] zwar an ſeine linke Seite, und er iſt juſt der Mann, der die Schuͤſſel mit braunen Karpfen vor ſich ſtehen hat und luſtig austheilt; — hat er nun eine alte Pique auf Dich, dann reicht er die Teller immer rechts herum, ſo daß auch nicht das kleinſte Schwanzſtuͤckchen fuͤr Dich uͤbrig bleibt. Denn ach! du biſt juſt der Dreizehnte bei Tiſch, welches immer bedenklich iſt, wenn man links neben dem Trancheur ſitzt, und die Teller rechts herumgereicht werden. Und keine Karpfen bekommen, iſt ein großes Uebel; naͤchſt dem Verluſt der Nationalkokarde vielleicht das groͤßte. Der Philiſter, der Dir dieſes Uebel bereitet, verhoͤhnt Dich noch obendrein, und offerirt Dir die Lorbeeren, die in der braunen Sauce liegen geblieben; — ach! was helfen einem alle Lorbeeren, wenn keine Karpfen dabei ſind! — und der Philiſter blinzelt dann mit den Aeuglein, und kichert und liſpelt: Es iſt heute eine ſchoͤne Witterung.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/15
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/15>, abgerufen am 24.11.2024.