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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

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keit einiger andressirten Formen. O! wie oft
habe ich lachen müssen, wenn ich bemerkte, wie
viel man sich auf diese Formen zu Gute that;
-- als sey es so gar überaus schwer zu erlernen
dieses Repräsentiren, dieses Präsentiren, dieses
Lächeln ohne Etwas zu sagen, dieses Sagen
ohne Etwas zu denken, und all diese adligen
Künste, die der gute Bürgersmann als Meer¬
wunder angafft, und die doch jeder französische
Tanzmeister besser inne hat, als der deutsche
Edelmann, dem sie in der bärenleckenden Lutetia
mühsam eingeübt worden, und der sie zu Hause
wieder, mit deutscher Gründlichkeit und Schwer¬
fälligkeit, seinen Descendenten überliefert. Dies
erinnert mich an die Fabel von dem Bären, der
auf Märkten tanzte, seinem führenden Lehrer
entlief, zu seinen Mitbären in den Wald zurück¬
kehrte, und ihnen vorprahlte: wie das Tanzen
eine so gar schwere Kunst sey, und wie weit er
es darin gebracht habe, -- und in der That,
den Proben, die er von seiner Kunst ablegte,

keit einiger andreſſirten Formen. O! wie oft
habe ich lachen muͤſſen, wenn ich bemerkte, wie
viel man ſich auf dieſe Formen zu Gute that;
— als ſey es ſo gar uͤberaus ſchwer zu erlernen
dieſes Repraͤſentiren, dieſes Praͤſentiren, dieſes
Laͤcheln ohne Etwas zu ſagen, dieſes Sagen
ohne Etwas zu denken, und all dieſe adligen
Kuͤnſte, die der gute Buͤrgersmann als Meer¬
wunder angafft, und die doch jeder franzoͤſiſche
Tanzmeiſter beſſer inne hat, als der deutſche
Edelmann, dem ſie in der baͤrenleckenden Lutetia
muͤhſam eingeuͤbt worden, und der ſie zu Hauſe
wieder, mit deutſcher Gruͤndlichkeit und Schwer¬
faͤlligkeit, ſeinen Descendenten uͤberliefert. Dies
erinnert mich an die Fabel von dem Baͤren, der
auf Maͤrkten tanzte, ſeinem fuͤhrenden Lehrer
entlief, zu ſeinen Mitbaͤren in den Wald zuruͤck¬
kehrte, und ihnen vorprahlte: wie das Tanzen
eine ſo gar ſchwere Kunſt ſey, und wie weit er
es darin gebracht habe, — und in der That,
den Proben, die er von ſeiner Kunſt ablegte,

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[88/0096] keit einiger andreſſirten Formen. O! wie oft habe ich lachen muͤſſen, wenn ich bemerkte, wie viel man ſich auf dieſe Formen zu Gute that; — als ſey es ſo gar uͤberaus ſchwer zu erlernen dieſes Repraͤſentiren, dieſes Praͤſentiren, dieſes Laͤcheln ohne Etwas zu ſagen, dieſes Sagen ohne Etwas zu denken, und all dieſe adligen Kuͤnſte, die der gute Buͤrgersmann als Meer¬ wunder angafft, und die doch jeder franzoͤſiſche Tanzmeiſter beſſer inne hat, als der deutſche Edelmann, dem ſie in der baͤrenleckenden Lutetia muͤhſam eingeuͤbt worden, und der ſie zu Hauſe wieder, mit deutſcher Gruͤndlichkeit und Schwer¬ faͤlligkeit, ſeinen Descendenten uͤberliefert. Dies erinnert mich an die Fabel von dem Baͤren, der auf Maͤrkten tanzte, ſeinem fuͤhrenden Lehrer entlief, zu ſeinen Mitbaͤren in den Wald zuruͤck¬ kehrte, und ihnen vorprahlte: wie das Tanzen eine ſo gar ſchwere Kunſt ſey, und wie weit er es darin gebracht habe, — und in der That, den Proben, die er von ſeiner Kunſt ablegte,

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/96>, abgerufen am 24.11.2024.