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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

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kunft. Man sieht mich oft auf der Prome¬
nade und sieht mich lustig und fröhlich. Wie
ein reicher Kaufmann, der händereibendvergnügt
zwischen den Kisten, Fässern und Ballen seines
Waarenlagers umherwandelt, so wandle ich dann
unter meinen Leuten. Ihr seyd alle die Mei¬
nigen! Ihr seyd mir alle gleich theuer, und
ich liebe Euch, wie Ihr selbst Euer Geld
liebt, und das will viel sagen. Ich mußte herz¬
lich lachen, als ich jüngst hörte: einer meiner
Leute habe sich besorglich geäußert, er wisse
nicht, wovon ich einst leben würde -- und
dennoch ist er selbst ein so capitaler Narr, daß
ich von ihm allein schon leben könnte, wie von
einem Capitale. Mancher Narr ist mir aber
nicht bloß baares Geld, sondern ich habe das
baare Geld, das ich aus ihm erschreiben kann,
schon zu irgend einem Zwecke bestimmt. So
z. B. für einen gewissen, wohlgepolsterten,
dicken Millionnarrn werde ich mir einen ge¬
wissen, wohlgepolsterten Stuhl anschaffen, den

kunft. Man ſieht mich oft auf der Prome¬
nade und ſieht mich luſtig und froͤhlich. Wie
ein reicher Kaufmann, der haͤndereibendvergnuͤgt
zwiſchen den Kiſten, Faͤſſern und Ballen ſeines
Waarenlagers umherwandelt, ſo wandle ich dann
unter meinen Leuten. Ihr ſeyd alle die Mei¬
nigen! Ihr ſeyd mir alle gleich theuer, und
ich liebe Euch, wie Ihr ſelbſt Euer Geld
liebt, und das will viel ſagen. Ich mußte herz¬
lich lachen, als ich juͤngſt hoͤrte: einer meiner
Leute habe ſich beſorglich geaͤußert, er wiſſe
nicht, wovon ich einſt leben wuͤrde — und
dennoch iſt er ſelbſt ein ſo capitaler Narr, daß
ich von ihm allein ſchon leben koͤnnte, wie von
einem Capitale. Mancher Narr iſt mir aber
nicht bloß baares Geld, ſondern ich habe das
baare Geld, das ich aus ihm erſchreiben kann,
ſchon zu irgend einem Zwecke beſtimmt. So
z. B. fuͤr einen gewiſſen, wohlgepolſterten,
dicken Millionnarrn werde ich mir einen ge¬
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[251/0259] kunft. Man ſieht mich oft auf der Prome¬ nade und ſieht mich luſtig und froͤhlich. Wie ein reicher Kaufmann, der haͤndereibendvergnuͤgt zwiſchen den Kiſten, Faͤſſern und Ballen ſeines Waarenlagers umherwandelt, ſo wandle ich dann unter meinen Leuten. Ihr ſeyd alle die Mei¬ nigen! Ihr ſeyd mir alle gleich theuer, und ich liebe Euch, wie Ihr ſelbſt Euer Geld liebt, und das will viel ſagen. Ich mußte herz¬ lich lachen, als ich juͤngſt hoͤrte: einer meiner Leute habe ſich beſorglich geaͤußert, er wiſſe nicht, wovon ich einſt leben wuͤrde — und dennoch iſt er ſelbſt ein ſo capitaler Narr, daß ich von ihm allein ſchon leben koͤnnte, wie von einem Capitale. Mancher Narr iſt mir aber nicht bloß baares Geld, ſondern ich habe das baare Geld, das ich aus ihm erſchreiben kann, ſchon zu irgend einem Zwecke beſtimmt. So z. B. fuͤr einen gewiſſen, wohlgepolſterten, dicken Millionnarrn werde ich mir einen ge¬ wiſſen, wohlgepolſterten Stuhl anſchaffen, den

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/259>, abgerufen am 21.05.2024.