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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

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Nebenmenschen nie aussterben. Denn es giebt
nur eine einzige Klugheit und diese hat ihre be¬
stimmten Grenzen; aber es giebt tausend uner¬
meßliche Narrheiten. Der gelehrte Casuist und
Seelsorger Schupp sagt sogar: "in der Welt
sind mehr Narren als Menschen --"

vid. Schuppii lehrreiche Schriften, S. 1121.

Bedenkt man, wo der große Schuppius ge¬
wohnt hat, so findet man diese statistische An¬
gabe gar nicht übertrieben. Ich befinde mich
an demselben Orte, und kann sagen, daß mir
ordentlich wohl wird, wenn ich bedenke, all
diese Narren, die ich hier sehe, kann ich in
meinen Schriften gebrauchen, sie sind baares
Honorar, baares Geld. Ich befinde mich jetzt
so recht in der Wolle. Der Herr hat mich
gesegnet, die Narren sind dieses Jahr ganz be¬
sonders gut gerathen, und als guter Wirth
consumire ich nur wenige, suche mir die ergie¬
bigsten heraus und bewahre sie für die Zu¬

Nebenmenſchen nie ausſterben. Denn es giebt
nur eine einzige Klugheit und dieſe hat ihre be¬
ſtimmten Grenzen; aber es giebt tauſend uner¬
meßliche Narrheiten. Der gelehrte Caſuiſt und
Seelſorger Schupp ſagt ſogar: “in der Welt
ſind mehr Narren als Menſchen —”

vid. Schuppii lehrreiche Schriften, S. 1121.

Bedenkt man, wo der große Schuppius ge¬
wohnt hat, ſo findet man dieſe ſtatiſtiſche An¬
gabe gar nicht uͤbertrieben. Ich befinde mich
an demſelben Orte, und kann ſagen, daß mir
ordentlich wohl wird, wenn ich bedenke, all
dieſe Narren, die ich hier ſehe, kann ich in
meinen Schriften gebrauchen, ſie ſind baares
Honorar, baares Geld. Ich befinde mich jetzt
ſo recht in der Wolle. Der Herr hat mich
geſegnet, die Narren ſind dieſes Jahr ganz be¬
ſonders gut gerathen, und als guter Wirth
conſumire ich nur wenige, ſuche mir die ergie¬
bigſten heraus und bewahre ſie fuͤr die Zu¬

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[250/0258] Nebenmenſchen nie ausſterben. Denn es giebt nur eine einzige Klugheit und dieſe hat ihre be¬ ſtimmten Grenzen; aber es giebt tauſend uner¬ meßliche Narrheiten. Der gelehrte Caſuiſt und Seelſorger Schupp ſagt ſogar: “in der Welt ſind mehr Narren als Menſchen —” vid. Schuppii lehrreiche Schriften, S. 1121. Bedenkt man, wo der große Schuppius ge¬ wohnt hat, ſo findet man dieſe ſtatiſtiſche An¬ gabe gar nicht uͤbertrieben. Ich befinde mich an demſelben Orte, und kann ſagen, daß mir ordentlich wohl wird, wenn ich bedenke, all dieſe Narren, die ich hier ſehe, kann ich in meinen Schriften gebrauchen, ſie ſind baares Honorar, baares Geld. Ich befinde mich jetzt ſo recht in der Wolle. Der Herr hat mich geſegnet, die Narren ſind dieſes Jahr ganz be¬ ſonders gut gerathen, und als guter Wirth conſumire ich nur wenige, ſuche mir die ergie¬ bigſten heraus und bewahre ſie fuͤr die Zu¬

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/258>, abgerufen am 20.05.2024.