Nebenmenschen nie aussterben. Denn es giebt nur eine einzige Klugheit und diese hat ihre be¬ stimmten Grenzen; aber es giebt tausend uner¬ meßliche Narrheiten. Der gelehrte Casuist und Seelsorger Schupp sagt sogar: "in der Welt sind mehr Narren als Menschen --"
vid. Schuppii lehrreiche Schriften, S. 1121.
Bedenkt man, wo der große Schuppius ge¬ wohnt hat, so findet man diese statistische An¬ gabe gar nicht übertrieben. Ich befinde mich an demselben Orte, und kann sagen, daß mir ordentlich wohl wird, wenn ich bedenke, all diese Narren, die ich hier sehe, kann ich in meinen Schriften gebrauchen, sie sind baares Honorar, baares Geld. Ich befinde mich jetzt so recht in der Wolle. Der Herr hat mich gesegnet, die Narren sind dieses Jahr ganz be¬ sonders gut gerathen, und als guter Wirth consumire ich nur wenige, suche mir die ergie¬ bigsten heraus und bewahre sie für die Zu¬
Nebenmenſchen nie ausſterben. Denn es giebt nur eine einzige Klugheit und dieſe hat ihre be¬ ſtimmten Grenzen; aber es giebt tauſend uner¬ meßliche Narrheiten. Der gelehrte Caſuiſt und Seelſorger Schupp ſagt ſogar: “in der Welt ſind mehr Narren als Menſchen —”
vid. Schuppii lehrreiche Schriften, S. 1121.
Bedenkt man, wo der große Schuppius ge¬ wohnt hat, ſo findet man dieſe ſtatiſtiſche An¬ gabe gar nicht uͤbertrieben. Ich befinde mich an demſelben Orte, und kann ſagen, daß mir ordentlich wohl wird, wenn ich bedenke, all dieſe Narren, die ich hier ſehe, kann ich in meinen Schriften gebrauchen, ſie ſind baares Honorar, baares Geld. Ich befinde mich jetzt ſo recht in der Wolle. Der Herr hat mich geſegnet, die Narren ſind dieſes Jahr ganz be¬ ſonders gut gerathen, und als guter Wirth conſumire ich nur wenige, ſuche mir die ergie¬ bigſten heraus und bewahre ſie fuͤr die Zu¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0258"n="250"/>
Nebenmenſchen nie ausſterben. Denn es giebt<lb/>
nur eine einzige Klugheit und dieſe hat ihre be¬<lb/>ſtimmten Grenzen; aber es giebt tauſend uner¬<lb/>
meßliche Narrheiten. Der gelehrte Caſuiſt und<lb/>
Seelſorger Schupp ſagt ſogar: “in der Welt<lb/>ſind mehr Narren als Menſchen —”</p><lb/><p><hirendition="#aq">vid</hi>. Schuppii lehrreiche Schriften, S. 1121.</p><lb/><p>Bedenkt man, wo der große Schuppius ge¬<lb/>
wohnt hat, ſo findet man dieſe ſtatiſtiſche An¬<lb/>
gabe gar nicht uͤbertrieben. Ich befinde mich<lb/>
an demſelben Orte, und kann ſagen, daß mir<lb/>
ordentlich wohl wird, wenn ich bedenke, all<lb/>
dieſe Narren, die ich hier ſehe, kann ich in<lb/>
meinen Schriften gebrauchen, ſie ſind baares<lb/>
Honorar, baares Geld. Ich befinde mich jetzt<lb/>ſo recht in der Wolle. Der Herr hat mich<lb/>
geſegnet, die Narren ſind dieſes Jahr ganz be¬<lb/>ſonders gut gerathen, und als guter Wirth<lb/>
conſumire ich nur wenige, ſuche mir die ergie¬<lb/>
bigſten heraus und bewahre ſie fuͤr die Zu¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[250/0258]
Nebenmenſchen nie ausſterben. Denn es giebt
nur eine einzige Klugheit und dieſe hat ihre be¬
ſtimmten Grenzen; aber es giebt tauſend uner¬
meßliche Narrheiten. Der gelehrte Caſuiſt und
Seelſorger Schupp ſagt ſogar: “in der Welt
ſind mehr Narren als Menſchen —”
vid. Schuppii lehrreiche Schriften, S. 1121.
Bedenkt man, wo der große Schuppius ge¬
wohnt hat, ſo findet man dieſe ſtatiſtiſche An¬
gabe gar nicht uͤbertrieben. Ich befinde mich
an demſelben Orte, und kann ſagen, daß mir
ordentlich wohl wird, wenn ich bedenke, all
dieſe Narren, die ich hier ſehe, kann ich in
meinen Schriften gebrauchen, ſie ſind baares
Honorar, baares Geld. Ich befinde mich jetzt
ſo recht in der Wolle. Der Herr hat mich
geſegnet, die Narren ſind dieſes Jahr ganz be¬
ſonders gut gerathen, und als guter Wirth
conſumire ich nur wenige, ſuche mir die ergie¬
bigſten heraus und bewahre ſie fuͤr die Zu¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/258>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.