Nach dem Stand der Sonne war es Mit¬ tag, als ich auf eine solche Heerde stieß, und der Hirt, ein freundlich blonder junger Mensch, sagte mir: der große Berg, an dessen Fuß ich stände, sey der alte, weltberühmte Brocken. Viele Stun¬ den ringsum liegt kein Haus, und ich war froh genug, daß mich der junge Mensch einlud, mit ihm zu essen. Wir setzten uns nieder zu einem Dejeuner dinatoire, das aus Käse und Brod be¬ stand; die Schäfchen erhaschten die Krumen, die lieben, blanken Kühlein sprangen um uns herum, und klingelten schelmisch mit ihren Glöckchen, und lachten uns an mit ihren großen, vergnügten Au¬ gen. Wir tafelten recht königlich; überhaupt schien mir mein Wirth ein echter König, und weil er bis jetzt der einzige König ist, der mir Brod gege¬ ben hat, so will ich ihn auch königlich besingen.
König ist der Hirtenknabe,
Grüner Hügel ist sein Thron, Ueber seinem Haupt die Sonne Ist die schwere, gold'ne Kron'.
Nach dem Stand der Sonne war es Mit¬ tag, als ich auf eine ſolche Heerde ſtieß, und der Hirt, ein freundlich blonder junger Menſch, ſagte mir: der große Berg, an deſſen Fuß ich ſtaͤnde, ſey der alte, weltberuͤhmte Brocken. Viele Stun¬ den ringsum liegt kein Haus, und ich war froh genug, daß mich der junge Menſch einlud, mit ihm zu eſſen. Wir ſetzten uns nieder zu einem Dejeuner dinatoire, das aus Kaͤſe und Brod be¬ ſtand; die Schaͤfchen erhaſchten die Krumen, die lieben, blanken Kuͤhlein ſprangen um uns herum, und klingelten ſchelmiſch mit ihren Gloͤckchen, und lachten uns an mit ihren großen, vergnuͤgten Au¬ gen. Wir tafelten recht koͤniglich; uͤberhaupt ſchien mir mein Wirth ein echter Koͤnig, und weil er bis jetzt der einzige Koͤnig iſt, der mir Brod gege¬ ben hat, ſo will ich ihn auch koͤniglich beſingen.
Koͤnig iſt der Hirtenknabe,
Gruͤner Huͤgel iſt ſein Thron, Ueber ſeinem Haupt die Sonne Iſt die ſchwere, gold'ne Kron'.
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Nach dem Stand der Sonne war es Mit¬
tag, als ich auf eine ſolche Heerde ſtieß, und der
Hirt, ein freundlich blonder junger Menſch, ſagte
mir: der große Berg, an deſſen Fuß ich ſtaͤnde,
ſey der alte, weltberuͤhmte Brocken. Viele Stun¬
den ringsum liegt kein Haus, und ich war froh
genug, daß mich der junge Menſch einlud, mit
ihm zu eſſen. Wir ſetzten uns nieder zu einem
Dejeuner dinatoire, das aus Kaͤſe und Brod be¬
ſtand; die Schaͤfchen erhaſchten die Krumen, die
lieben, blanken Kuͤhlein ſprangen um uns herum,
und klingelten ſchelmiſch mit ihren Gloͤckchen, und
lachten uns an mit ihren großen, vergnuͤgten Au¬
gen. Wir tafelten recht koͤniglich; uͤberhaupt ſchien
mir mein Wirth ein echter Koͤnig, und weil er
bis jetzt der einzige Koͤnig iſt, der mir Brod gege¬
ben hat, ſo will ich ihn auch koͤniglich beſingen.
Koͤnig iſt der Hirtenknabe,
Gruͤner Huͤgel iſt ſein Thron,
Ueber ſeinem Haupt die Sonne
Iſt die ſchwere, gold'ne Kron'.
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/206>, abgerufen am 04.12.2024.
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