position; und ist darum auch eben so wenig widerlegt, wenn dagegen versichert wird, dem sey nicht so, sondern es verhalte sich damit so und so, wenn gewohnte Vorstellungen, als aus- gemachte und bekannte Wahrheiten in Erinn- rung gebracht und hererzählt, oder auch aus dem Schreine des innern göttlichen Ansehauens Neues aufgetischt und versichert wird. -- Eine solche Aufnahme pflegt die erste Reaction des Wissens, dem etwas unbekannt war, dagegen zu seyn, um die Freyheit und eigne Einsicht, die eigne Autorität gegen die fremde, denn un- ter dieser Gestalt erscheint das itzt zuerst auf- genommene, zu retten, -- auch um den Schein und die Art von Schande, die darin liegen soll, dass etwas gelernt worden sey, wegzuschaffen, so wie bey der Beyfall gebenden Annahme des Unbekannten die Reaction derselben Art in dem besteht, was in einer andren Sphäre das ultra- revolutionäre Reden und Handeln war.
Worauf es deswegen bey dem Studium der Wissenschaft ankommt, ist die Anstrengung des Begriffs auf sich zu nehmen. Sie erfodert die Aufmersamkeit auf ihn als solchen, auf die ein- fachen Bestimmungen, zum Beyspiel, des An- sichseyns, des Fürsichseyns, der Sichselbstgleich- heit, und sofort; denn diese sind solche reine
position; und ist darum auch eben so wenig widerlegt, wenn dagegen versichert wird, dem sey nicht so, sondern es verhalte sich damit so und so, wenn gewohnte Vorstellungen, als aus- gemachte und bekannte Wahrheiten in Erinn- rung gebracht und hererzählt, oder auch aus dem Schreine des innern göttlichen Ansehauens Neues aufgetischt und versichert wird. — Eine solche Aufnahme pflegt die erste Reaction des Wiſſens, dem etwas unbekannt war, dagegen zu seyn, um die Freyheit und eigne Einsicht, die eigne Autorität gegen die fremde, denn un- ter dieser Gestalt erscheint das itzt zuerst auf- genommene, zu retten, — auch um den Schein und die Art von Schande, die darin liegen soll, daſs etwas gelernt worden sey, wegzuschaffen, so wie bey der Beyfall gebenden Annahme des Unbekannten die Reaction derselben Art in dem besteht, was in einer andren Sphäre das ultra- revolutionäre Reden und Handeln war.
Worauf es deswegen bey dem Studium der Wiſſenschaft ankommt, ist die Anstrengung des Begriffs auf sich zu nehmen. Sie erfodert die Aufmersamkeit auf ihn als solchen, auf die ein- fachen Bestimmungen, zum Beyſpiel, des An- ſichseyns, des Fürſichseyns, der Sichselbſtgleich- heit, und sofort; denn diese sind solche reine
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[LXXI/0086]
position; und ist darum auch eben so wenig
widerlegt, wenn dagegen versichert wird, dem
sey nicht so, sondern es verhalte sich damit so
und so, wenn gewohnte Vorstellungen, als aus-
gemachte und bekannte Wahrheiten in Erinn-
rung gebracht und hererzählt, oder auch aus
dem Schreine des innern göttlichen Ansehauens
Neues aufgetischt und versichert wird. — Eine
solche Aufnahme pflegt die erste Reaction des
Wiſſens, dem etwas unbekannt war, dagegen
zu seyn, um die Freyheit und eigne Einsicht,
die eigne Autorität gegen die fremde, denn un-
ter dieser Gestalt erscheint das itzt zuerst auf-
genommene, zu retten, — auch um den Schein
und die Art von Schande, die darin liegen soll,
daſs etwas gelernt worden sey, wegzuschaffen,
so wie bey der Beyfall gebenden Annahme des
Unbekannten die Reaction derselben Art in dem
besteht, was in einer andren Sphäre das ultra-
revolutionäre Reden und Handeln war.
Worauf es deswegen bey dem Studium der
Wiſſenschaft ankommt, ist die Anstrengung des
Begriffs auf sich zu nehmen. Sie erfodert die
Aufmersamkeit auf ihn als solchen, auf die ein-
fachen Bestimmungen, zum Beyſpiel, des An-
ſichseyns, des Fürſichseyns, der Sichselbſtgleich-
heit, und sofort; denn diese sind solche reine
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. LXXI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/86>, abgerufen am 24.11.2024.
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