Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

insichseyende Fürsichseyn, und das Gute das selbstlose
Einfache. Indem so beyde nach ihrem Begriffe ausge-
sprochen werden, erhellt zugleich ihre Einheit; denn
das insichseyende Fürsichseyn ist das einfache Wissen;
und das selbstlose Einfache ist ebenso das reine in
sich seyende Fürsichseyn. -- Sosehr daher gesagt wer-
den muss, dass nach diesem ihrem Begriffe das Gu-
te und Böse, d. h. insofern sie nicht das Gute und
das Böse sind, dasselbe seyen, ebensosehr muss also
gesagt werden, dass sie nicht dasselbe, sondern schlecht-
hin verschieden sind, denn das einfache Fürsichseyn,
oder auch das reine Wissen sind gleicherweise die
reine Negativität, oder der absolute Unterschied an
ihnen selbst. -- Erst diese beyden Sätze vollenden
das Ganze, und dem Behaupten und Versichern des
ersten muss mit unüberwindlicher Hartnäckigkeit das
Festhalten an dem andern gegenübertreten; indem
beyde gleich Recht haben, haben beyde gleich Un-
recht, und ihr Unrecht besteht darin, solche abstrac-
te Formen, wie dasselbe, und nicht dasselbe, die Iden-
tität
und die Nichtidentität für etwas wahres, festes,
wirkliches zu nehmen, und auf ihnen zu beruhen.
Nicht das eine oder das andre hat Wahrheit, son-
dern eben ihre Bewegung, dass das einfache Dasselbe
die Abstraction und damit der absolute Unterschied,
dieser aber als Unterschied an sich von sich selbst
unterschieden also die Sichselbstgleichheit ist. Eben-
diss ist der Fall mit der Dieselbigkeit des göttlichen
Wesens und der Natur überhaupt und der meusch-

inſichſeyende Fürſichſeyn, und das Gute das ſelbſtloſe
Einfache. Indem ſo beyde nach ihrem Begriffe ausge-
ſprochen werden, erhellt zugleich ihre Einheit; denn
das inſichſeyende Fürſichſeyn iſt das einfache Wiſſen;
und das ſelbſtloſe Einfache iſt ebenſo das reine in
ſich ſeyende Fürſichſeyn. — Soſehr daher geſagt wer-
den muſs, daſs nach dieſem ihrem Begriffe das Gu-
te und Böſe, d. h. inſofern ſie nicht das Gute und
das Böſe ſind, daſſelbe ſeyen, ebenſoſehr muſs also
geſagt werden, daſs ſie nicht daſſelbe, ſondern ſchlecht-
hin verſchieden ſind, denn das einfache Fürſichſeyn,
oder auch das reine Wiſſen ſind gleicherweiſe die
reine Negativität, oder der abſolute Unterſchied an
ihnen ſelbſt. — Erſt dieſe beyden Sätze vollenden
das Ganze, und dem Behaupten und Verſichern des
erſten muſs mit unüberwindlicher Hartnäckigkeit das
Feſthalten an dem andern gegenübertreten; indem
beyde gleich Recht haben, haben beyde gleich Un-
recht, und ihr Unrecht beſteht darin, ſolche abſtrac-
te Formen, wie daſſelbe, und nicht daſſelbe, die Iden-
tität
und die Nichtidentität für etwas wahres, feſtes,
wirkliches zu nehmen, und auf ihnen zu beruhen.
Nicht das eine oder das andre hat Wahrheit, ſon-
dern eben ihre Bewegung, daſs das einfache Daſſelbe
die Abſtraction und damit der abſolute Unterſchied,
dieſer aber als Unterſchied an ſich von ſich ſelbſt
unterſchieden alſo die Sichſelbſtgleichheit iſt. Eben-
diſs iſt der Fall mit der Dieſelbigkeit des göttlichen
Weſens und der Natur überhaupt und der meuſch-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0840" n="731"/>
in&#x017F;ich&#x017F;eyende Für&#x017F;ich&#x017F;eyn, und das Gute das &#x017F;elb&#x017F;tlo&#x017F;e<lb/>
Einfache. Indem &#x017F;o beyde nach ihrem Begriffe ausge-<lb/>
&#x017F;prochen werden, erhellt zugleich ihre Einheit; denn<lb/>
das in&#x017F;ich&#x017F;eyende Für&#x017F;ich&#x017F;eyn i&#x017F;t das einfache Wi&#x017F;&#x017F;en;<lb/>
und das &#x017F;elb&#x017F;tlo&#x017F;e Einfache i&#x017F;t eben&#x017F;o das reine in<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;eyende Für&#x017F;ich&#x017F;eyn. &#x2014; So&#x017F;ehr daher ge&#x017F;agt wer-<lb/>
den mu&#x017F;s, da&#x017F;s nach die&#x017F;em ihrem Begriffe das Gu-<lb/>
te und Bö&#x017F;e, d. h. in&#x017F;ofern &#x017F;ie nicht das Gute und<lb/>
das Bö&#x017F;e &#x017F;ind, <hi rendition="#i">da&#x017F;&#x017F;elbe</hi> &#x017F;eyen, eben&#x017F;o&#x017F;ehr mu&#x017F;s also<lb/>
ge&#x017F;agt werden, da&#x017F;s &#x017F;ie <hi rendition="#i">nicht</hi> da&#x017F;&#x017F;elbe, &#x017F;ondern &#x017F;chlecht-<lb/>
hin <hi rendition="#i">ver&#x017F;chieden</hi> &#x017F;ind, denn das einfache Für&#x017F;ich&#x017F;eyn,<lb/>
oder auch das reine Wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind gleicherwei&#x017F;e die<lb/>
reine Negativität, oder der ab&#x017F;olute Unter&#x017F;chied an<lb/>
ihnen &#x017F;elb&#x017F;t. &#x2014; Er&#x017F;t die&#x017F;e beyden Sätze vollenden<lb/>
das Ganze, und dem Behaupten und Ver&#x017F;ichern des<lb/>
er&#x017F;ten mu&#x017F;s mit unüberwindlicher Hartnäckigkeit das<lb/>
Fe&#x017F;thalten an dem andern gegenübertreten; indem<lb/>
beyde gleich Recht haben, haben beyde gleich Un-<lb/>
recht, und ihr Unrecht be&#x017F;teht darin, &#x017F;olche ab&#x017F;trac-<lb/>
te Formen, wie <hi rendition="#i">da&#x017F;&#x017F;elbe</hi>, und <hi rendition="#i">nicht da&#x017F;&#x017F;elbe</hi>, die <hi rendition="#i">Iden-<lb/>
tität</hi> und die <hi rendition="#i">Nichtidentität</hi> für etwas wahres, fe&#x017F;tes,<lb/>
wirkliches zu nehmen, und auf ihnen zu beruhen.<lb/>
Nicht das eine oder das andre hat Wahrheit, &#x017F;on-<lb/>
dern eben ihre Bewegung, da&#x017F;s das einfache Da&#x017F;&#x017F;elbe<lb/>
die Ab&#x017F;traction und damit der ab&#x017F;olute Unter&#x017F;chied,<lb/>
die&#x017F;er aber als Unter&#x017F;chied an &#x017F;ich von &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
unter&#x017F;chieden al&#x017F;o die Sich&#x017F;elb&#x017F;tgleichheit i&#x017F;t. Eben-<lb/>
di&#x017F;s i&#x017F;t der Fall mit der <hi rendition="#i">Die&#x017F;elbigkeit</hi> des göttlichen<lb/>
We&#x017F;ens und der Natur überhaupt und der meu&#x017F;ch-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[731/0840] inſichſeyende Fürſichſeyn, und das Gute das ſelbſtloſe Einfache. Indem ſo beyde nach ihrem Begriffe ausge- ſprochen werden, erhellt zugleich ihre Einheit; denn das inſichſeyende Fürſichſeyn iſt das einfache Wiſſen; und das ſelbſtloſe Einfache iſt ebenſo das reine in ſich ſeyende Fürſichſeyn. — Soſehr daher geſagt wer- den muſs, daſs nach dieſem ihrem Begriffe das Gu- te und Böſe, d. h. inſofern ſie nicht das Gute und das Böſe ſind, daſſelbe ſeyen, ebenſoſehr muſs also geſagt werden, daſs ſie nicht daſſelbe, ſondern ſchlecht- hin verſchieden ſind, denn das einfache Fürſichſeyn, oder auch das reine Wiſſen ſind gleicherweiſe die reine Negativität, oder der abſolute Unterſchied an ihnen ſelbſt. — Erſt dieſe beyden Sätze vollenden das Ganze, und dem Behaupten und Verſichern des erſten muſs mit unüberwindlicher Hartnäckigkeit das Feſthalten an dem andern gegenübertreten; indem beyde gleich Recht haben, haben beyde gleich Un- recht, und ihr Unrecht beſteht darin, ſolche abſtrac- te Formen, wie daſſelbe, und nicht daſſelbe, die Iden- tität und die Nichtidentität für etwas wahres, feſtes, wirkliches zu nehmen, und auf ihnen zu beruhen. Nicht das eine oder das andre hat Wahrheit, ſon- dern eben ihre Bewegung, daſs das einfache Daſſelbe die Abſtraction und damit der abſolute Unterſchied, dieſer aber als Unterſchied an ſich von ſich ſelbſt unterſchieden alſo die Sichſelbſtgleichheit iſt. Eben- diſs iſt der Fall mit der Dieſelbigkeit des göttlichen Weſens und der Natur überhaupt und der meuſch-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/840
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 731. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/840>, abgerufen am 23.11.2024.