Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

gen nur Eine höchste Macht, und diesen Zevs nur als
die Macht des Staats oder des Heerdes, und im Ge-
gensatze des Wissens nur als den Vater des zur Ge-
stalt werdenden Wissens des Besondern, -- und als
den Zevs des Eydes und der Erinnye, des Allgemei-
nen
, im Verborgnen wohnenden Innern. Die weiter
aus dem Begriffe in die Vorstellung sich zerstreuenden
Momente, die der Chor nacheinander gelten lässt, sind
hingegen nicht das Pathos des Helden, sondern sinken
ihm zur Leidenschafft herunter, -- zu zufälligen, we-
senlosen Momenten, die der selbstlose Chor wohl
preisst, aber die nicht fähig sind, den Charakter
der Helden auszumachen, noch von ihnen als ihr We-
sen ausgesprochen und geachtet zu werden.

Aber auch die Persönen des göttlichen Wesens
selbsts, so wie die Charaktere seiner Substanz, gehen
in die Einfachheit des Bewusstlosen zusammen. Diese
Nothwendigkeit hat gegen das Selbstbewusstseyn die
Bestimmung, die negative Macht aller auftretenden
Gestalten zu seyn, in ihr sich selbst nicht zu erken-
nen, sondern darin vielmehr unterzugehen. Das Selbst
tritt nur den Charakteren zugetheilt auf, nicht als die
Mitte der Bewegung. Aber das Selbstbewusstseyn, die
einfache Gewissheit seiner, ist in der That die nega-
tive Macht, die Einheit des Zevs, des substantiellen
Wesens, und der abstracten Nothwendigkeit, es ist
die geistige Einheit, worein alles zurückgeht. Weil das
wirkliche Selbstbewusstseyn noch von der Substanz und
dem Schicksale unterschieden wird, ist es theils der Chor

gen nur Eine höchſte Macht, und diesen Zevs nur als
die Macht des Staats oder des Heerdes, und im Ge-
gensatze des Wiſſens nur als den Vater des zur Ge-
ſtalt werdenden Wiſſens des Besondern, — und als
den Zevs des Eydes und der Erinnye, des Allgemei-
nen
, im Verborgnen wohnenden Innern. Die weiter
aus dem Begriffe in die Vorſtellung sich zerſtreuenden
Momente, die der Chor nacheinander gelten läſst, sind
hingegen nicht das Pathos des Helden, sondern sinken
ihm zur Leidenschafft herunter, — zu zufälligen, we-
senlosen Momenten, die der selbſtlose Chor wohl
preiſst, aber die nicht fähig sind, den Charakter
der Helden auszumachen, noch von ihnen als ihr We-
sen ausgesprochen und geachtet zu werden.

Aber auch die Persönen des göttlichen Wesens
selbſts, so wie die Charaktere seiner Subſtanz, gehen
in die Einfachheit des Bewuſstlosen zusammen. Diese
Nothwendigkeit hat gegen das Selbſtbewuſstseyn die
Beſtimmung, die negative Macht aller auftretenden
Geſtalten zu seyn, in ihr sich selbſt nicht zu erken-
nen, sondern darin vielmehr unterzugehen. Das Selbſt
tritt nur den Charakteren zugetheilt auf, nicht als die
Mitte der Bewegung. Aber das Selbſtbewuſstseyn, die
einfache Gewiſsheit seiner, ist in der That die nega-
tive Macht, die Einheit des Zevs, des subſtantiellen
Wesens, und der abſtracten Nothwendigkeit, es iſt
die geiſtige Einheit, worein alles zurückgeht. Weil das
wirkliche Selbſtbewuſstſeyn noch von der Subſtanz und
dem Schicksale unterschieden wird, iſt es theils der Chor

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0801" n="692"/>
gen nur Eine höch&#x017F;te Macht, und diesen Zevs nur als<lb/>
die Macht des Staats oder des Heerdes, und im Ge-<lb/>
gensatze des Wi&#x017F;&#x017F;ens nur als den Vater des zur Ge-<lb/>
&#x017F;talt werdenden Wi&#x017F;&#x017F;ens des <hi rendition="#i">Besondern</hi>, &#x2014; und als<lb/>
den Zevs des Eydes und der Erinnye, des <hi rendition="#i">Allgemei-<lb/>
nen</hi>, im Verborgnen wohnenden Innern. Die weiter<lb/>
aus dem Begriffe in die Vor&#x017F;tellung sich zer&#x017F;treuenden<lb/>
Momente, die der Chor nacheinander gelten lä&#x017F;st, sind<lb/>
hingegen nicht das Pathos des Helden, sondern sinken<lb/>
ihm zur Leidenschafft herunter, &#x2014; zu zufälligen, we-<lb/>
senlosen Momenten, die der selb&#x017F;tlose Chor wohl<lb/>
prei&#x017F;st, aber die nicht fähig sind, den Charakter<lb/>
der Helden auszumachen, noch von ihnen als ihr We-<lb/>
sen ausgesprochen und geachtet zu werden.</p><lb/>
              <p>Aber auch die Persönen des göttlichen Wesens<lb/>
selb&#x017F;ts, so wie die Charaktere seiner Sub&#x017F;tanz, gehen<lb/>
in die Einfachheit des Bewu&#x017F;stlosen zusammen. Diese<lb/>
Nothwendigkeit hat gegen das Selb&#x017F;tbewu&#x017F;stseyn die<lb/>
Be&#x017F;timmung, die negative Macht aller auftretenden<lb/>
Ge&#x017F;talten zu seyn, in ihr sich selb&#x017F;t nicht zu erken-<lb/>
nen, sondern darin vielmehr unterzugehen. Das Selb&#x017F;t<lb/>
tritt nur den <hi rendition="#i">Charakteren</hi> zugetheilt auf, nicht als die<lb/>
Mitte der Bewegung. Aber das Selb&#x017F;tbewu&#x017F;stseyn, die<lb/>
einfache <hi rendition="#i">Gewi&#x017F;sheit</hi> seiner, ist in der That die nega-<lb/>
tive Macht, die Einheit des Zevs, des <hi rendition="#i">sub&#x017F;tantiellen</hi><lb/>
Wesens, und der <hi rendition="#i">ab&#x017F;tracten</hi> Nothwendigkeit, es i&#x017F;t<lb/>
die gei&#x017F;tige Einheit, worein alles zurückgeht. Weil das<lb/>
wirkliche Selb&#x017F;tbewu&#x017F;st&#x017F;eyn noch von der Sub&#x017F;tanz und<lb/>
dem Schicksale unterschieden wird, i&#x017F;t es <hi rendition="#i">theils</hi> der Chor<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[692/0801] gen nur Eine höchſte Macht, und diesen Zevs nur als die Macht des Staats oder des Heerdes, und im Ge- gensatze des Wiſſens nur als den Vater des zur Ge- ſtalt werdenden Wiſſens des Besondern, — und als den Zevs des Eydes und der Erinnye, des Allgemei- nen, im Verborgnen wohnenden Innern. Die weiter aus dem Begriffe in die Vorſtellung sich zerſtreuenden Momente, die der Chor nacheinander gelten läſst, sind hingegen nicht das Pathos des Helden, sondern sinken ihm zur Leidenschafft herunter, — zu zufälligen, we- senlosen Momenten, die der selbſtlose Chor wohl preiſst, aber die nicht fähig sind, den Charakter der Helden auszumachen, noch von ihnen als ihr We- sen ausgesprochen und geachtet zu werden. Aber auch die Persönen des göttlichen Wesens selbſts, so wie die Charaktere seiner Subſtanz, gehen in die Einfachheit des Bewuſstlosen zusammen. Diese Nothwendigkeit hat gegen das Selbſtbewuſstseyn die Beſtimmung, die negative Macht aller auftretenden Geſtalten zu seyn, in ihr sich selbſt nicht zu erken- nen, sondern darin vielmehr unterzugehen. Das Selbſt tritt nur den Charakteren zugetheilt auf, nicht als die Mitte der Bewegung. Aber das Selbſtbewuſstseyn, die einfache Gewiſsheit seiner, ist in der That die nega- tive Macht, die Einheit des Zevs, des subſtantiellen Wesens, und der abſtracten Nothwendigkeit, es iſt die geiſtige Einheit, worein alles zurückgeht. Weil das wirkliche Selbſtbewuſstſeyn noch von der Subſtanz und dem Schicksale unterschieden wird, iſt es theils der Chor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/801
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 692. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/801>, abgerufen am 23.11.2024.