sondre und ihrer Nützlichkeit als etwas Zufälliges zu wissen.
Das wahre selbstbewusste Daseyn, das der Geist in der Sprache, die nicht die Sprache des frem- den, und also zufälligen, nicht allgemeinen Selbstbe- wusstseyns ist, erhält, ist das Kunstwerk, das wir vor- hin gesehen. Es steht dem dinglichen der Bildsäule ge- genüber. Wie diese das ruhende, so ist jenes das ver- schwindende Daseyn; wie in diesem die Gegenständ- lichkeit frey entlassen des eignen unmittelbaren Selbsts entbehrt, so bleibt sie dagegen in jenem zu sehr in das Selbst eingeschlossen, kommt zu wenig zur Gestaltung, und ist, wie die Zeit, unmittelbar nicht mehr da, in- dem sie da ist.
Die Bewegung beyder Seiten, in der die im rei- nen empfindenden Elemente des Selbstbewusstseyns bewegte, und die im Elemente der Dingheit ruhende göttliche Gestalt gegenseitig ihre verschiedne Bestim- mung aufgeben und die Einheit zum Daseyn kommt, die der Begriff ihres Wesens ist, macht der Cultus äus. In ihm gibt sich das Selbst das Bewusstseyn des Herabsteigens des göttlichen Wesens aus seiner Jen- seitigkeit zu ihm, und dieses, das vorher das un- wirkliche und nur gegenständliche ist, erhält dadurch die eigentliche Wirklichkeit des Selbstbewusstseyns.
Dieser Begriff des Cultus ist an sich schon in dem Strome des hymnischen Gesänges enthalten und vor- handen. Diese Andacht ist die unmittelbare reine Be- friedigung des Selbsts durch und in sich selbst. Es
ſondre und ihrer Nützlichkeit als etwas Zufälliges zu wiſſen.
Das wahre ſelbſtbewuſste Daſeyn, das der Geiſt in der Sprache, die nicht die Sprache des frem- den, und alſo zufälligen, nicht allgemeinen Selbſtbe- wuſstſeyns iſt, erhält, iſt das Kunſtwerk, das wir vor- hin geſehen. Es ſteht dem dinglichen der Bildſäule ge- genüber. Wie dieſe das ruhende, ſo iſt jenes das ver- ſchwindende Daſeyn; wie in dieſem die Gegenſtänd- lichkeit frey entlaſſen des eignen unmittelbaren Selbſts entbehrt, ſo bleibt ſie dagegen in jenem zu ſehr in das Selbſt eingeſchloſſen, kommt zu wenig zur Geſtaltung, und iſt, wie die Zeit, unmittelbar nicht mehr da, in- dem ſie da iſt.
Die Bewegung beyder Seiten, in der die im rei- nen empfindenden Elemente des Selbſtbewuſstseyns bewegte, und die im Elemente der Dingheit ruhende göttliche Geſtalt gegenſeitig ihre verſchiedne Beſtim- mung aufgeben und die Einheit zum Daſeyn kommt, die der Begriff ihres Weſens iſt, macht der Cultus äus. In ihm gibt ſich das Selbſt das Bewuſstſeyn des Herabſteigens des göttlichen Weſens aus ſeiner Jen- ſeitigkeit zu ihm, und dieſes, das vorher das un- wirkliche und nur gegenſtändliche iſt, erhält dadurch die eigentliche Wirklichkeit des Selbſtbewuſstſeyns.
Dieſer Begriff des Cultus iſt an ſich ſchon in dem Strome des hymniſchen Geſänges enthalten und vor- handen. Dieſe Andacht iſt die unmittelbare reine Be- friedigung des Selbſts durch und in ſich ſelbſt. Es
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ſondre und ihrer Nützlichkeit als etwas Zufälliges
zu wiſſen.
Das wahre ſelbſtbewuſste Daſeyn, das der
Geiſt in der Sprache, die nicht die Sprache des frem-
den, und alſo zufälligen, nicht allgemeinen Selbſtbe-
wuſstſeyns iſt, erhält, iſt das Kunſtwerk, das wir vor-
hin geſehen. Es ſteht dem dinglichen der Bildſäule ge-
genüber. Wie dieſe das ruhende, ſo iſt jenes das ver-
ſchwindende Daſeyn; wie in dieſem die Gegenſtänd-
lichkeit frey entlaſſen des eignen unmittelbaren Selbſts
entbehrt, ſo bleibt ſie dagegen in jenem zu ſehr in das
Selbſt eingeſchloſſen, kommt zu wenig zur Geſtaltung,
und iſt, wie die Zeit, unmittelbar nicht mehr da, in-
dem ſie da iſt.
Die Bewegung beyder Seiten, in der die im rei-
nen empfindenden Elemente des Selbſtbewuſstseyns
bewegte, und die im Elemente der Dingheit ruhende
göttliche Geſtalt gegenſeitig ihre verſchiedne Beſtim-
mung aufgeben und die Einheit zum Daſeyn kommt,
die der Begriff ihres Weſens iſt, macht der Cultus
äus. In ihm gibt ſich das Selbſt das Bewuſstſeyn des
Herabſteigens des göttlichen Weſens aus ſeiner Jen-
ſeitigkeit zu ihm, und dieſes, das vorher das un-
wirkliche und nur gegenſtändliche iſt, erhält dadurch
die eigentliche Wirklichkeit des Selbſtbewuſstſeyns.
Dieſer Begriff des Cultus iſt an ſich ſchon in dem
Strome des hymniſchen Geſänges enthalten und vor-
handen. Dieſe Andacht iſt die unmittelbare reine Be-
friedigung des Selbſts durch und in ſich ſelbſt. Es
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 664. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/773>, abgerufen am 23.11.2024.
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