gehend enthalten ist, und den Herrn seiner Wirk- lichkeit auschaut, -- noch ist sie das rastlose Ver- zehren sich hassender Völker, -- noch die Unterjo- chung derselben zu Kasten, die zusammen den Schein der Organisation eines vollendeten Ganzen ausma- chen, dem aber die allgemeine Freyheit der In- dividuen fehlt. Sondern er ist das freye Volk, wo- rin die Sitte die Substanz aller ausmacht, deren Wirk- lichkeit und Daseyn alle und jeder einzelne als sei- nen Willen und That weiss.
Die Religion des sittlichen Geistes ist aber seine Erhebung über seine Wirklichkeit, das Zurückge- hen aus seiner Wahrheit in das reine Wissen seiner selbst. Indem das sittliche Volk in der unmittel- baren Einheit mit seiner Substanz lebt, und das Prin- cip der reinen Einzelnheit des Selbstbewusstseyns nicht an ihm hat, so tritt seine Religion in ihrer Vol- lendung erst im Scheiden von seinem Bestehen auf. Denn die Wirklichkeit der sittlichen Substanz beruht theils auf ihrer ruhigen Unwandelbarkeit gegen die absolute Bewegung des Selbstbewusstseyns, und hie- mit darauf dass dieses noch nicht aus seiner ruhigen Sitte und seinem festen Vertrauen in sich gegangen ist; -- theils auf seiner Organisation in eine Vielheit von Rechten und Pflichten, so wie in die Verthei- lung in die Massen der Stände und ihres besondern Thuns, das zum Ganzen zusammenwirkt; -- hiemit darauf dass der Einzelne mit der Beschrankung sei- nes Daseyns zufrieden ist, und den schrankenlosen
gehend enthalten ist, und den Herrn seiner Wirk- lichkeit auschaut, — noch ist sie das rastlose Ver- zehren sich haſſender Völker, — noch die Unterjo- chung derselben zu Kasten, die zusammen den Schein der Organisation eines vollendeten Ganzen ausma- chen, dem aber die allgemeine Freyheit der In- dividuen fehlt. Sondern er ist das freye Volk, wo- rin die Sitte die Substanz aller ausmacht, deren Wirk- lichkeit und Daseyn alle und jeder einzelne als sei- nen Willen und That weiſs.
Die Religion des sittlichen Geistes ist aber seine Erhebung über seine Wirklichkeit, das Zurückge- hen aus seiner Wahrheit in das reine Wiſſen seiner selbſt. Indem das sittliche Volk in der unmittel- baren Einheit mit seiner Substanz lebt, und das Prin- cip der reinen Einzelnheit des Selbstbewuſstseyns nicht an ihm hat, so tritt seine Religion in ihrer Vol- lendung erst im Scheiden von seinem Bestehen auf. Denn die Wirklichkeit der sittlichen Substanz beruht theils auf ihrer ruhigen Unwandelbarkeit gegen die absolute Bewegung des Selbstbewuſstseyns, und hie- mit darauf daſs dieses noch nicht aus seiner ruhigen Sitte und seinem festen Vertrauen in sich gegangen ist; — theils auf seiner Organisation in eine Vielheit von Rechten und Pflichten, so wie in die Verthei- lung in die Maſſen der Stände und ihres besondern Thuns, das zum Ganzen zusammenwirkt; — hiemit darauf daſs der Einzelne mit der Beschrankung sei- nes Daseyns zufrieden ist, und den schrankenlosen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0761"n="652"/>
gehend enthalten ist, und den Herrn seiner Wirk-<lb/>
lichkeit auschaut, — noch ist sie das rastlose Ver-<lb/>
zehren sich haſſender Völker, — noch die Unterjo-<lb/>
chung derselben zu Kasten, die zusammen den Schein<lb/>
der Organisation eines vollendeten Ganzen ausma-<lb/>
chen, dem aber die allgemeine Freyheit der In-<lb/>
dividuen fehlt. Sondern er ist das freye Volk, wo-<lb/>
rin die Sitte die Substanz aller ausmacht, deren Wirk-<lb/>
lichkeit und Daseyn alle und jeder einzelne als sei-<lb/>
nen Willen und That weiſs.</p><lb/><p>Die Religion des sittlichen Geistes ist aber seine<lb/>
Erhebung über seine Wirklichkeit, das Zurückge-<lb/>
hen <hirendition="#i">aus seiner Wahrheit</hi> in das reine <hirendition="#i">Wiſſen seiner<lb/>
selbſt</hi>. Indem das sittliche Volk in der unmittel-<lb/>
baren Einheit mit seiner Substanz lebt, und das Prin-<lb/>
cip der reinen Einzelnheit des Selbstbewuſstseyns<lb/>
nicht an ihm hat, so tritt seine Religion in ihrer Vol-<lb/>
lendung erst im <hirendition="#i">Scheiden</hi> von seinem <hirendition="#i">Bestehen</hi> auf.<lb/>
Denn die <hirendition="#i">Wirklichkeit</hi> der sittlichen Substanz beruht<lb/>
theils auf ihrer ruhigen <hirendition="#i">Unwandelbarkeit</hi> gegen die<lb/>
absolute Bewegung des Selbstbewuſstseyns, und hie-<lb/>
mit darauf daſs dieses noch nicht aus seiner ruhigen<lb/>
Sitte und seinem festen Vertrauen in sich gegangen<lb/>
ist; — theils auf seiner Organisation in eine Vielheit<lb/>
von Rechten und Pflichten, so wie in die Verthei-<lb/>
lung in die Maſſen der Stände und ihres besondern<lb/>
Thuns, das zum Ganzen zusammenwirkt; — hiemit<lb/>
darauf daſs der Einzelne mit der Beschrankung sei-<lb/>
nes Daseyns zufrieden ist, und den schrankenlosen<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[652/0761]
gehend enthalten ist, und den Herrn seiner Wirk-
lichkeit auschaut, — noch ist sie das rastlose Ver-
zehren sich haſſender Völker, — noch die Unterjo-
chung derselben zu Kasten, die zusammen den Schein
der Organisation eines vollendeten Ganzen ausma-
chen, dem aber die allgemeine Freyheit der In-
dividuen fehlt. Sondern er ist das freye Volk, wo-
rin die Sitte die Substanz aller ausmacht, deren Wirk-
lichkeit und Daseyn alle und jeder einzelne als sei-
nen Willen und That weiſs.
Die Religion des sittlichen Geistes ist aber seine
Erhebung über seine Wirklichkeit, das Zurückge-
hen aus seiner Wahrheit in das reine Wiſſen seiner
selbſt. Indem das sittliche Volk in der unmittel-
baren Einheit mit seiner Substanz lebt, und das Prin-
cip der reinen Einzelnheit des Selbstbewuſstseyns
nicht an ihm hat, so tritt seine Religion in ihrer Vol-
lendung erst im Scheiden von seinem Bestehen auf.
Denn die Wirklichkeit der sittlichen Substanz beruht
theils auf ihrer ruhigen Unwandelbarkeit gegen die
absolute Bewegung des Selbstbewuſstseyns, und hie-
mit darauf daſs dieses noch nicht aus seiner ruhigen
Sitte und seinem festen Vertrauen in sich gegangen
ist; — theils auf seiner Organisation in eine Vielheit
von Rechten und Pflichten, so wie in die Verthei-
lung in die Maſſen der Stände und ihres besondern
Thuns, das zum Ganzen zusammenwirkt; — hiemit
darauf daſs der Einzelne mit der Beschrankung sei-
nes Daseyns zufrieden ist, und den schrankenlosen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 652. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/761>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.