dessen Theile es nicht untereinander bezieht und ver- gleicht, sondern in seiner Entwicklung sich, ohne der zusammenhaltende Begriff der Momente zu seyn, fortwälzt. Denn es weiss nur das reine Wesen, oder den Gegenstand, insofern er Pflicht, insofern er ab- stracter Gegenstand seines reinen Bewusstseyns ist, als reines Wissen oder als sich selbst. Es verhält sich also nur denkend, nicht begreiffend. Daher ist ihm der Gegenstand seines wirklichen Bewusstseyns noch nicht durchsichtig; es ist nicht der absolute Begriff, der allein das Andersseyn als solches, oder sein absolutes Gegentheil als sich selbst erfasst. Sei- ne eigne Wirklichkeit, so wie alle gegenständliche Wirklichkeit gilt ihm zwar als das unwesentliche; aber seine Freyheit ist die Freyheit des reinen Den- kens, welcher darum zugleich die Natur gegenüber als ein ebenso freyes entstanden ist. Weil beydes auf gleiche Weise in ihm ist, die Freyheit des Seyns und das Eingeschlossenseyn desselben in das Bewusst- seyn, so wird sein Gegenstand als ein seyender, der zugleich nur gedacht; in dem letzten Theile seiner An- schauung wird der Inhalt wesentlich so gesetzt, dass sein Seyn ein vorgestelltes ist, und diese Verbindung des Seyns und des Denkens als das ausgesprochen, was sie in der That ist, das Vorstellen.
Indem wir die moralische Weltanschauung so betrachten, dass diese gegenständliche Weise nichts anderes ist, als der Begriff des moralischen Selbstbe- wusstseyns selbst, den es sich gegenständlich macht,
deſſen Theile es nicht untereinander bezieht und ver- gleicht, ſondern in ſeiner Entwicklung sich, ohne der zuſammenhaltende Begriff der Momente zu ſeyn, fortwälzt. Denn es weiſs nur das reine Weſen, oder den Gegenſtand, inſofern er Pflicht, inſofern er ab- ſtracter Gegenſtand ſeines reinen Bewuſstseyns ist, als reines Wiſſen oder als sich ſelbſt. Es verhält sich alſo nur denkend, nicht begreiffend. Daher iſt ihm der Gegenſtand ſeines wirklichen Bewuſstseyns noch nicht durchsichtig; es iſt nicht der abſolute Begriff, der allein das Andersſeyn als ſolches, oder sein absolutes Gegentheil als sich selbst erfaſst. Sei- ne eigne Wirklichkeit, ſo wie alle gegenſtändliche Wirklichkeit gilt ihm zwar als das unweſentliche; aber ſeine Freyheit ist die Freyheit des reinen Den- kens, welcher darum zugleich die Natur gegenüber als ein ebenſo freyes entſtanden iſt. Weil beydes auf gleiche Weiſe in ihm ist, die Freyheit des Seyns und das Eingeſchloſſenſeyn deſſelben in das Bewuſst- seyn, ſo wird ſein Gegenſtand als ein ſeyender, der zugleich nur gedacht; in dem letzten Theile seiner An- ſchauung wird der Inhalt weſentlich ſo geſetzt, daſs ſein Seyn ein vorgeſtelltes iſt, und dieſe Verbindung des Seyns und des Denkens als das ausgeſprochen, was sie in der That ist, das Vorſtellen.
Indem wir die moraliſche Weltanſchauung ſo betrachten, daſs dieſe gegenſtändliche Weiſe nichts anderes ist, als der Begriff des moraliſchen Selbstbe- wuſstseyns ſelbſt, den es sich gegenſtändlich macht,
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deſſen Theile es nicht untereinander bezieht und ver-
gleicht, ſondern in ſeiner Entwicklung sich, ohne
der zuſammenhaltende Begriff der Momente zu ſeyn,
fortwälzt. Denn es weiſs nur das reine Weſen, oder
den Gegenſtand, inſofern er Pflicht, inſofern er ab-
ſtracter Gegenſtand ſeines reinen Bewuſstseyns ist,
als reines Wiſſen oder als sich ſelbſt. Es verhält
sich alſo nur denkend, nicht begreiffend. Daher iſt
ihm der Gegenſtand ſeines wirklichen Bewuſstseyns
noch nicht durchsichtig; es iſt nicht der abſolute
Begriff, der allein das Andersſeyn als ſolches, oder
sein absolutes Gegentheil als sich selbst erfaſst. Sei-
ne eigne Wirklichkeit, ſo wie alle gegenſtändliche
Wirklichkeit gilt ihm zwar als das unweſentliche;
aber ſeine Freyheit ist die Freyheit des reinen Den-
kens, welcher darum zugleich die Natur gegenüber
als ein ebenſo freyes entſtanden iſt. Weil beydes
auf gleiche Weiſe in ihm ist, die Freyheit des Seyns
und das Eingeſchloſſenſeyn deſſelben in das Bewuſst-
seyn, ſo wird ſein Gegenſtand als ein ſeyender, der
zugleich nur gedacht; in dem letzten Theile seiner An-
ſchauung wird der Inhalt weſentlich ſo geſetzt, daſs
ſein Seyn ein vorgeſtelltes iſt, und dieſe Verbindung
des Seyns und des Denkens als das ausgeſprochen,
was sie in der That ist, das Vorſtellen.
Indem wir die moraliſche Weltanſchauung ſo
betrachten, daſs dieſe gegenſtändliche Weiſe nichts
anderes ist, als der Begriff des moraliſchen Selbstbe-
wuſstseyns ſelbſt, den es sich gegenſtändlich macht,
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 562. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/671>, abgerufen am 22.11.2024.
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