Was zuerst die entgegengesetzte Beziehung des Bewusstseyns betrifft, worin ihm seine Realität un- mittelbar das Nichtige ist, so wird also sein wirkli- ches Thun zu einem Thun von Nichts, sein Genuss Gefühl seines Unglücks. Hiemit verlieren Thun und Genuss allen allgemeinen Inhalt und Bedeutung, denn dadurch hätten sie ein an und fürsichseyn, und beyde ziehen sich in die Einzelnheit zurück, auf wel- che das Bewusstseyn, sie aufzuheben, gerichtet ist. Seiner als dieses wirklichen Einzelnen, ist das Be- wusstseyn sich in den thierischen Functionen be- wusst. Diese, statt unbefangen, als etwas, das an und für sich nichtig ist, und keine Wichtigkeit und Wesenheit für den Geist erlangen kann, gethan zu werden, da sie es sind, in welchen sich der Feind in seiner eigenthümlichen Gestalt zeigt, sind sie vielmehr Gegenstand des ernstlichen Bemühens, und werden gerade zum Wichtigsten. Indem aber die- ser Feind in seiner Niederlage sich erzeugt, das Be- wusstseyn, da es sich ihn fixirt, vielmehr statt frey davon zu werden, immer dabey verweilt, und sich immer verunreinigt erblickt, zugleich dieser Inhalt seines Bestrebens, statt eines wesentlichen das nie- drigste, statt eines allgemeinen das einzelnste ist, so sehen wir nur eine auf sich und ihr kleines Thun be- schränkte, und sich bebrütende, eben so unglück- liche als ärmliche Persönlichkeit.
Aber an beydes, das Gefühl seines Unglücks, und die Aermlichkeit seines Thuns knüpft sich
Was zuerst die entgegengesetzte Beziehung des Bewuſstseyns betrifft, worin ihm seine Realität un- mittelbar das Nichtige ist, so wird also sein wirkli- ches Thun zu einem Thun von Nichts, sein Genuſs Gefühl seines Unglücks. Hiemit verlieren Thun und Genuſs allen allgemeinen Inhalt und Bedeutung, denn dadurch hätten sie ein an und fürsichseyn, und beyde ziehen sich in die Einzelnheit zurück, auf wel- che das Bewuſstseyn, sie aufzuheben, gerichtet ist. Seiner als dieses wirklichen Einzelnen, ist das Be- wuſstseyn sich in den thierischen Functionen be- wuſst. Diese, statt unbefangen, als etwas, das an und für sich nichtig ist, und keine Wichtigkeit und Wesenheit für den Geist erlangen kann, gethan zu werden, da sie es sind, in welchen sich der Feind in seiner eigenthümlichen Gestalt zeigt, sind sie vielmehr Gegenstand des ernstlichen Bemühens, und werden gerade zum Wichtigsten. Indem aber die- ser Feind in seiner Niederlage sich erzeugt, das Be- wuſstseyn, da es sich ihn fixirt, vielmehr statt frey davon zu werden, immer dabey verweilt, und sich immer verunreinigt erblickt, zugleich dieser Inhalt seines Bestrebens, statt eines wesentlichen das nie- drigste, statt eines allgemeinen das einzelnste ist, so sehen wir nur eine auf sich und ihr kleines Thun be- schränkte, und sich bebrütende, eben so unglück- liche als ärmliche Persönlichkeit.
Aber an beydes, das Gefühl seines Unglücks, und die Aermlichkeit seines Thuns knüpft sich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0265"n="156"/><p>Was zuerst die entgegengesetzte Beziehung des<lb/>
Bewuſstseyns betrifft, worin ihm seine <hirendition="#i">Realität un-<lb/>
mittelbar das Nichtige</hi> ist, so wird also sein wirkli-<lb/>
ches Thun zu einem Thun von Nichts, sein Genuſs<lb/>
Gefühl seines Unglücks. Hiemit verlieren Thun<lb/>
und Genuſs allen <hirendition="#i">allgemeinen Inhalt und Bedeutung</hi>,<lb/>
denn dadurch hätten sie ein an und fürsichseyn, und<lb/>
beyde ziehen sich in die Einzelnheit zurück, auf wel-<lb/>
che das Bewuſstseyn, sie aufzuheben, gerichtet ist.<lb/>
Seiner als <hirendition="#i">dieses wirklichen Einzelnen</hi>, ist das Be-<lb/>
wuſstseyn sich in den thierischen Functionen be-<lb/>
wuſst. Diese, statt unbefangen, als etwas, das an<lb/>
und für sich nichtig ist, und keine Wichtigkeit und<lb/>
Wesenheit für den Geist erlangen kann, gethan zu<lb/>
werden, da sie es sind, in welchen sich der Feind<lb/>
in seiner eigenthümlichen Gestalt zeigt, sind sie<lb/>
vielmehr Gegenstand des ernstlichen Bemühens, und<lb/>
werden gerade zum Wichtigsten. Indem aber die-<lb/>
ser Feind in seiner Niederlage sich erzeugt, das Be-<lb/>
wuſstseyn, da es sich ihn fixirt, vielmehr statt frey<lb/>
davon zu werden, immer dabey verweilt, und sich<lb/>
immer verunreinigt erblickt, zugleich dieser Inhalt<lb/>
seines Bestrebens, statt eines wesentlichen das nie-<lb/>
drigste, statt eines allgemeinen das einzelnste ist, so<lb/>
sehen wir nur eine auf sich und ihr kleines Thun be-<lb/>
schränkte, und sich bebrütende, eben so unglück-<lb/>
liche als ärmliche Persönlichkeit.</p><lb/><p>Aber an beydes, das Gefühl seines Unglücks,<lb/>
und die Aermlichkeit seines Thuns knüpft sich<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[156/0265]
Was zuerst die entgegengesetzte Beziehung des
Bewuſstseyns betrifft, worin ihm seine Realität un-
mittelbar das Nichtige ist, so wird also sein wirkli-
ches Thun zu einem Thun von Nichts, sein Genuſs
Gefühl seines Unglücks. Hiemit verlieren Thun
und Genuſs allen allgemeinen Inhalt und Bedeutung,
denn dadurch hätten sie ein an und fürsichseyn, und
beyde ziehen sich in die Einzelnheit zurück, auf wel-
che das Bewuſstseyn, sie aufzuheben, gerichtet ist.
Seiner als dieses wirklichen Einzelnen, ist das Be-
wuſstseyn sich in den thierischen Functionen be-
wuſst. Diese, statt unbefangen, als etwas, das an
und für sich nichtig ist, und keine Wichtigkeit und
Wesenheit für den Geist erlangen kann, gethan zu
werden, da sie es sind, in welchen sich der Feind
in seiner eigenthümlichen Gestalt zeigt, sind sie
vielmehr Gegenstand des ernstlichen Bemühens, und
werden gerade zum Wichtigsten. Indem aber die-
ser Feind in seiner Niederlage sich erzeugt, das Be-
wuſstseyn, da es sich ihn fixirt, vielmehr statt frey
davon zu werden, immer dabey verweilt, und sich
immer verunreinigt erblickt, zugleich dieser Inhalt
seines Bestrebens, statt eines wesentlichen das nie-
drigste, statt eines allgemeinen das einzelnste ist, so
sehen wir nur eine auf sich und ihr kleines Thun be-
schränkte, und sich bebrütende, eben so unglück-
liche als ärmliche Persönlichkeit.
Aber an beydes, das Gefühl seines Unglücks,
und die Aermlichkeit seines Thuns knüpft sich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/265>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.