hältnisse vorhanden und bestimmt sind, ist nun zu sehen.
Zuerst also es als reines Bewusstseyn betrachtet, so scheint der gestaltete Unwandelbare, indem er für das reine Bewusstseyn ist, gesetzt zu werden, wie er an und für sich selbst ist. Allein wie er an und für sich selbst ist, diss ist, wie schon erinnert, noch nicht entstanden. Dass er im Bewusstseyn wäre, wie er an und für sich selbst ist, diss müsste wohl von ihm vielmehr ausgehen, als von dem Bewusstseyn; so aber ist diese seine Gegenwart hier nur erst ein- seitig durch das Bewusstseyn vorhanden, und eben darum nicht vollkommen und wahrhafftig, sondern bleibt mit Unvollkommenheit oder einem Gegensatze beschwert.
Obgleich aber das unglückliche Bewusstseyn also diese Gegenwart nicht besitzt, so ist es zugleich über das reine Denken, insofern dieses das abstracte von der Einzelnheit überhaupt wegsehende Denken des Stoicismus, und das nur unruhige Denken des Skep- ticismus, -- in der That nur die Einzelnheit als der bewusstlose Widerspruch und dessen rastlose Bewe- gung -- ist; es ist über diese beyde hinaus, es bringt und hält das reine Denken und die Einzelnheit zu- sammen, ist aber noch nicht zu demjenigen Den- ken erhoben, für welches die Einzelnheit des Be- wusstseyns mit dem reinen Denken selbst ausgesöhnt ist. Es steht vielmehr in dieser Mitte, worin das abstracte Denken die Einzelnheit des Bewusstseyns
K 2
hältnisse vorhanden und bestimmt sind, ist nun zu sehen.
Zuerst also es als reines Bewuſstseyn betrachtet, so scheint der gestaltete Unwandelbare, indem er für das reine Bewuſstseyn ist, gesetzt zu werden, wie er an und für sich selbst ist. Allein wie er an und für sich selbst ist, diſs ist, wie schon erinnert, noch nicht entstanden. Daſs er im Bewuſstseyn wäre, wie er an und für sich selbst ist, diſs müſste wohl von ihm vielmehr ausgehen, als von dem Bewuſstseyn; so aber ist diese seine Gegenwart hier nur erst ein- seitig durch das Bewuſstseyn vorhanden, und eben darum nicht vollkommen und wahrhafftig, sondern bleibt mit Unvollkommenheit oder einem Gegensatze beschwert.
Obgleich aber das unglückliche Bewuſstseyn also diese Gegenwart nicht besitzt, so ist es zugleich über das reine Denken, insofern dieses das abstracte von der Einzelnheit überhaupt wegsehende Denken des Stoicismus, und das nur unruhige Denken des Skep- ticismus, — in der That nur die Einzelnheit als der bewuſstlose Widerspruch und dessen rastlose Bewe- gung — ist; es ist über diese beyde hinaus, es bringt und hält das reine Denken und die Einzelnheit zu- sammen, ist aber noch nicht zu demjenigen Den- ken erhoben, für welches die Einzelnheit des Be- wuſstseyns mit dem reinen Denken selbst ausgesöhnt ist. Es steht vielmehr in dieser Mitte, worin das abstracte Denken die Einzelnheit des Bewuſstseyns
K 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0256"n="147"/>
hältnisse vorhanden und bestimmt sind, ist nun zu<lb/>
sehen.</p><lb/><p>Zuerst also es als <hirendition="#i">reines Bewuſstseyn</hi> betrachtet,<lb/>
so scheint der gestaltete Unwandelbare, indem er für<lb/>
das reine Bewuſstseyn ist, gesetzt zu werden, wie<lb/>
er an und für sich selbst ist. Allein wie er an und<lb/>
für sich selbst ist, diſs ist, wie schon erinnert, noch<lb/>
nicht entstanden. Daſs er im Bewuſstseyn wäre, wie<lb/>
er an und für sich selbst ist, diſs müſste wohl von<lb/>
ihm vielmehr ausgehen, als von dem Bewuſstseyn;<lb/>
so aber ist diese seine Gegenwart hier nur erst ein-<lb/>
seitig durch das Bewuſstseyn vorhanden, und eben<lb/>
darum nicht vollkommen und wahrhafftig, sondern<lb/>
bleibt mit Unvollkommenheit oder einem Gegensatze<lb/>
beschwert.</p><lb/><p>Obgleich aber das unglückliche Bewuſstseyn also<lb/>
diese Gegenwart nicht besitzt, so ist es zugleich über<lb/>
das reine Denken, insofern dieses das abstracte von<lb/>
der <hirendition="#i">Einzelnheit</hi> überhaupt <hirendition="#i">wegsehende</hi> Denken des<lb/>
Stoicismus, und das nur <hirendition="#i">unruhige</hi> Denken des Skep-<lb/>
ticismus, — in der That nur die Einzelnheit als der<lb/>
bewuſstlose Widerspruch und dessen rastlose Bewe-<lb/>
gung — ist; es ist über diese beyde hinaus, es bringt<lb/>
und hält das reine Denken und die Einzelnheit zu-<lb/>
sammen, ist aber noch nicht zu demjenigen Den-<lb/>
ken erhoben, <hirendition="#i">für welches</hi> die Einzelnheit des Be-<lb/>
wuſstseyns mit dem reinen Denken selbst ausgesöhnt<lb/>
ist. Es steht vielmehr in dieser Mitte, worin das<lb/>
abstracte Denken die Einzelnheit des Bewuſstseyns<lb/><fwplace="bottom"type="sig">K 2</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[147/0256]
hältnisse vorhanden und bestimmt sind, ist nun zu
sehen.
Zuerst also es als reines Bewuſstseyn betrachtet,
so scheint der gestaltete Unwandelbare, indem er für
das reine Bewuſstseyn ist, gesetzt zu werden, wie
er an und für sich selbst ist. Allein wie er an und
für sich selbst ist, diſs ist, wie schon erinnert, noch
nicht entstanden. Daſs er im Bewuſstseyn wäre, wie
er an und für sich selbst ist, diſs müſste wohl von
ihm vielmehr ausgehen, als von dem Bewuſstseyn;
so aber ist diese seine Gegenwart hier nur erst ein-
seitig durch das Bewuſstseyn vorhanden, und eben
darum nicht vollkommen und wahrhafftig, sondern
bleibt mit Unvollkommenheit oder einem Gegensatze
beschwert.
Obgleich aber das unglückliche Bewuſstseyn also
diese Gegenwart nicht besitzt, so ist es zugleich über
das reine Denken, insofern dieses das abstracte von
der Einzelnheit überhaupt wegsehende Denken des
Stoicismus, und das nur unruhige Denken des Skep-
ticismus, — in der That nur die Einzelnheit als der
bewuſstlose Widerspruch und dessen rastlose Bewe-
gung — ist; es ist über diese beyde hinaus, es bringt
und hält das reine Denken und die Einzelnheit zu-
sammen, ist aber noch nicht zu demjenigen Den-
ken erhoben, für welches die Einzelnheit des Be-
wuſstseyns mit dem reinen Denken selbst ausgesöhnt
ist. Es steht vielmehr in dieser Mitte, worin das
abstracte Denken die Einzelnheit des Bewuſstseyns
K 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/256>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.