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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.

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im Allgemeinen.
lich und ungereimt seyn, nach einem Merkmahl der
Wahrheit dieses Inhalts der Erkenntnisse zu
fragen." -- Es ist hier die gewöhnliche Vorstellung
von der formellen Function der Logik sehr bestimmt aus-
gedrückt, und das angeführte Räsonnement scheint sehr
einleuchtend zu seyn. Vors erste aber ist zu bemerken,
daß es solchem formellen Räsonnement gewöhnlich so
geht, in seinem Reden die Sache zu vergessen, die es
zur Grundlage gemacht und von der es spricht. Es
würde ungereimt seyn, heißt es, nach einem Criterium
der Wahrheit des Inhalts der Erkenntniß zu fra-
gen; -- aber nach der Definition macht nicht der In-
halt
die Wahrheit aus, sondern die Uebereinstim-
mung
desselben mit dem Begriffe. Ein Inhalt, wie
von ihm hier gesprochen wird, ohne den Begriff,
ist ein begriffloses, somit wesenloses; nach dem Cri-
terium der Wahrheit eines solchen kann freylich nicht
gefragt werden, aber aus dem entgegengesetzten Grun-
de; darum nemlich nicht, weil er um seiner Begrifflosig-
keit willen nicht die geforderte Uebereinstimmung
ist, sondern weiter nichts als ein der wahrheitslosen
Meynung angehöriges seyn kann. -- Lassen wir die
Erwähnung des Inhalts bey Seite, der hier die Ver-
wirrung verursacht, in welche aber der Formalismus
jedesmal verfällt, und die ihn das Gegentheil dessen
sagen läßt, was er vorbringen will, so oft er sich auf
Erläuterung einläßt, und bleiben bey der abstracten
Ansicht stehen, daß das Logische nur formell sey, und
von allem Inhalt vielmehr abstrahire; -- so haben wir
eine einseitige Erkenntniß, welche keinen Gegenstand
enthalten soll, eine leere, bestimmungslose Form, die
also eben so wenig eine Uebereinstimmung, da
zur Uebereinstimmung wesentlich Zwey gehören, --
eben so wenig Wahrheit ist. -- An der a priorischen
Synthesis des Begriffs hatte Kant ein höheres

Prin-

im Allgemeinen.
lich und ungereimt ſeyn, nach einem Merkmahl der
Wahrheit dieſes Inhalts der Erkenntniſſe zu
fragen.“ — Es iſt hier die gewoͤhnliche Vorſtellung
von der formellen Function der Logik ſehr beſtimmt aus-
gedruͤckt, und das angefuͤhrte Raͤſonnement ſcheint ſehr
einleuchtend zu ſeyn. Vors erſte aber iſt zu bemerken,
daß es ſolchem formellen Raͤſonnement gewoͤhnlich ſo
geht, in ſeinem Reden die Sache zu vergeſſen, die es
zur Grundlage gemacht und von der es ſpricht. Es
wuͤrde ungereimt ſeyn, heißt es, nach einem Criterium
der Wahrheit des Inhalts der Erkenntniß zu fra-
gen; — aber nach der Definition macht nicht der In-
halt
die Wahrheit aus, ſondern die Uebereinſtim-
mung
deſſelben mit dem Begriffe. Ein Inhalt, wie
von ihm hier geſprochen wird, ohne den Begriff,
iſt ein begriffloſes, ſomit weſenloſes; nach dem Cri-
terium der Wahrheit eines ſolchen kann freylich nicht
gefragt werden, aber aus dem entgegengeſetzten Grun-
de; darum nemlich nicht, weil er um ſeiner Begriffloſig-
keit willen nicht die geforderte Uebereinſtimmung
iſt, ſondern weiter nichts als ein der wahrheitsloſen
Meynung angehoͤriges ſeyn kann. — Laſſen wir die
Erwaͤhnung des Inhalts bey Seite, der hier die Ver-
wirrung verurſacht, in welche aber der Formalismus
jedesmal verfaͤllt, und die ihn das Gegentheil deſſen
ſagen laͤßt, was er vorbringen will, ſo oft er ſich auf
Erlaͤuterung einlaͤßt, und bleiben bey der abſtracten
Anſicht ſtehen, daß das Logiſche nur formell ſey, und
von allem Inhalt vielmehr abſtrahire; — ſo haben wir
eine einſeitige Erkenntniß, welche keinen Gegenſtand
enthalten ſoll, eine leere, beſtimmungsloſe Form, die
alſo eben ſo wenig eine Uebereinſtimmung, da
zur Uebereinſtimmung weſentlich Zwey gehoͤren, —
eben ſo wenig Wahrheit iſt. — An der à prioriſchen
Syntheſis des Begriffs hatte Kant ein hoͤheres

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[27/0045] im Allgemeinen. lich und ungereimt ſeyn, nach einem Merkmahl der Wahrheit dieſes Inhalts der Erkenntniſſe zu fragen.“ — Es iſt hier die gewoͤhnliche Vorſtellung von der formellen Function der Logik ſehr beſtimmt aus- gedruͤckt, und das angefuͤhrte Raͤſonnement ſcheint ſehr einleuchtend zu ſeyn. Vors erſte aber iſt zu bemerken, daß es ſolchem formellen Raͤſonnement gewoͤhnlich ſo geht, in ſeinem Reden die Sache zu vergeſſen, die es zur Grundlage gemacht und von der es ſpricht. Es wuͤrde ungereimt ſeyn, heißt es, nach einem Criterium der Wahrheit des Inhalts der Erkenntniß zu fra- gen; — aber nach der Definition macht nicht der In- halt die Wahrheit aus, ſondern die Uebereinſtim- mung deſſelben mit dem Begriffe. Ein Inhalt, wie von ihm hier geſprochen wird, ohne den Begriff, iſt ein begriffloſes, ſomit weſenloſes; nach dem Cri- terium der Wahrheit eines ſolchen kann freylich nicht gefragt werden, aber aus dem entgegengeſetzten Grun- de; darum nemlich nicht, weil er um ſeiner Begriffloſig- keit willen nicht die geforderte Uebereinſtimmung iſt, ſondern weiter nichts als ein der wahrheitsloſen Meynung angehoͤriges ſeyn kann. — Laſſen wir die Erwaͤhnung des Inhalts bey Seite, der hier die Ver- wirrung verurſacht, in welche aber der Formalismus jedesmal verfaͤllt, und die ihn das Gegentheil deſſen ſagen laͤßt, was er vorbringen will, ſo oft er ſich auf Erlaͤuterung einlaͤßt, und bleiben bey der abſtracten Anſicht ſtehen, daß das Logiſche nur formell ſey, und von allem Inhalt vielmehr abſtrahire; — ſo haben wir eine einſeitige Erkenntniß, welche keinen Gegenſtand enthalten ſoll, eine leere, beſtimmungsloſe Form, die alſo eben ſo wenig eine Uebereinſtimmung, da zur Uebereinſtimmung weſentlich Zwey gehoͤren, — eben ſo wenig Wahrheit iſt. — An der à prioriſchen Syntheſis des Begriffs hatte Kant ein hoͤheres Prin-

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/45>, abgerufen am 22.11.2024.