Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

Vom Begriff
Princip, worin die Zweyheit in der Einheit, somit das-
jenige erkannt werden konnte, was zur Wahrheit gefo-
dert wird; aber der sinnliche Stoff, das Mannichfaltige
der Anschauung war ihm zu mächtig, um davon weg
zur Betrachtung des Begriffs und der Kategorien an
und für sich
, und zu einem speculativen Philosophi-
ren kommen zu können.

Indem die Logik Wissenschaft der absoluten Form
ist, so muß diß Formelle, damit es ein Wahres
seye
, an ihm selbst einen Inhalt haben, welcher
seiner Form gemäß sey, und um so mehr, da das logi-
sche Formelle die reine Form, also das logische Wahre,
die reine Wahrheit selbst seyn muß. Dieses For-
melle muß daher in sich viel reicher an Bestimmungen
und Inhalt, so wie auch von unendlich grösserer Wirk-
samkeit auf das Concrete gedacht werden, als es ge-
wöhnlich genommen wird. Die logischen Gesetze für sich,
(das ohnehin heterogene, die angewandte Logik und übri-
ge psychologische und anthropologische Material wegge-
rechnet,) werden gewöhnlich ausser dem Satze des
Widerspruchs, auf einige dürftige Sätze, die Umkehrung
der Urtheile, und die Formen der Schlüsse betreffend,
beschränkt. Die selbst hiebey vorkommenden Formen, so
wie weitere Bestimmungen derselben werden nur gleich-
sam historisch aufgenommen, nicht der Critik, ob sie an
und für sich ein Wahres seyen, unterworfen. So gilt
z. B. die Form des positiven Urtheils für etwas an sich
völlig richtiges, wobey es ganz allein auf den Inhalt
ankomme, ob ein solches Urtheil wahr sey. Ob diese
Form an und für sich eine Form der Wahrheit, ob
der Satz, den sie ausspricht, das Einzelne ist ein
Allgemeines
, nicht in sich dialektisch sey, an diese
Untersuchung wird nicht gedacht. Es wird geradezu da-
für gehalten, daß diß Urtheil für sich fähig, Wahr-

heit

Vom Begriff
Princip, worin die Zweyheit in der Einheit, ſomit das-
jenige erkannt werden konnte, was zur Wahrheit gefo-
dert wird; aber der ſinnliche Stoff, das Mannichfaltige
der Anſchauung war ihm zu maͤchtig, um davon weg
zur Betrachtung des Begriffs und der Kategorien an
und fuͤr ſich
, und zu einem ſpeculativen Philoſophi-
ren kommen zu koͤnnen.

Indem die Logik Wiſſenſchaft der abſoluten Form
iſt, ſo muß diß Formelle, damit es ein Wahres
ſeye
, an ihm ſelbſt einen Inhalt haben, welcher
ſeiner Form gemaͤß ſey, und um ſo mehr, da das logi-
ſche Formelle die reine Form, alſo das logiſche Wahre,
die reine Wahrheit ſelbſt ſeyn muß. Dieſes For-
melle muß daher in ſich viel reicher an Beſtimmungen
und Inhalt, ſo wie auch von unendlich groͤſſerer Wirk-
ſamkeit auf das Concrete gedacht werden, als es ge-
woͤhnlich genommen wird. Die logiſchen Geſetze fuͤr ſich,
(das ohnehin heterogene, die angewandte Logik und uͤbri-
ge pſychologiſche und anthropologiſche Material wegge-
rechnet,) werden gewoͤhnlich auſſer dem Satze des
Widerſpruchs, auf einige duͤrftige Saͤtze, die Umkehrung
der Urtheile, und die Formen der Schluͤſſe betreffend,
beſchraͤnkt. Die ſelbſt hiebey vorkommenden Formen, ſo
wie weitere Beſtimmungen derſelben werden nur gleich-
ſam hiſtoriſch aufgenommen, nicht der Critik, ob ſie an
und fuͤr ſich ein Wahres ſeyen, unterworfen. So gilt
z. B. die Form des poſitiven Urtheils fuͤr etwas an ſich
voͤllig richtiges, wobey es ganz allein auf den Inhalt
ankomme, ob ein ſolches Urtheil wahr ſey. Ob dieſe
Form an und fuͤr ſich eine Form der Wahrheit, ob
der Satz, den ſie ausſpricht, das Einzelne iſt ein
Allgemeines
, nicht in ſich dialektiſch ſey, an dieſe
Unterſuchung wird nicht gedacht. Es wird geradezu da-
fuͤr gehalten, daß diß Urtheil fuͤr ſich faͤhig, Wahr-

heit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0046" n="28"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vom Begriff</hi></fw><lb/>
Princip, worin die Zweyheit in der Einheit, &#x017F;omit das-<lb/>
jenige erkannt werden konnte, was zur Wahrheit gefo-<lb/>
dert wird; aber der &#x017F;innliche Stoff, das Mannichfaltige<lb/>
der An&#x017F;chauung war ihm zu ma&#x0364;chtig, um davon weg<lb/>
zur Betrachtung des Begriffs und der Kategorien <hi rendition="#g">an<lb/>
und fu&#x0364;r &#x017F;ich</hi>, und zu einem &#x017F;peculativen Philo&#x017F;ophi-<lb/>
ren kommen zu ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <p>Indem die Logik Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft der ab&#x017F;oluten Form<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;o muß diß Formelle, <hi rendition="#g">damit es ein Wahres<lb/>
&#x017F;eye</hi>, an ihm &#x017F;elb&#x017F;t einen <hi rendition="#g">Inhalt</hi> haben, welcher<lb/>
&#x017F;einer Form gema&#x0364;ß &#x017F;ey, und um &#x017F;o mehr, da das logi-<lb/>
&#x017F;che Formelle die reine Form, al&#x017F;o das logi&#x017F;che Wahre,<lb/>
die <hi rendition="#g">reine Wahrheit</hi> &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;eyn muß. Die&#x017F;es For-<lb/>
melle muß daher in &#x017F;ich viel reicher an Be&#x017F;timmungen<lb/>
und Inhalt, &#x017F;o wie auch von unendlich gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erer Wirk-<lb/>
&#x017F;amkeit auf das Concrete gedacht werden, als es ge-<lb/>
wo&#x0364;hnlich genommen wird. Die logi&#x017F;chen Ge&#x017F;etze fu&#x0364;r &#x017F;ich,<lb/>
(das ohnehin heterogene, die angewandte Logik und u&#x0364;bri-<lb/>
ge p&#x017F;ychologi&#x017F;che und anthropologi&#x017F;che Material wegge-<lb/>
rechnet,) werden gewo&#x0364;hnlich au&#x017F;&#x017F;er dem Satze des<lb/>
Wider&#x017F;pruchs, auf einige du&#x0364;rftige Sa&#x0364;tze, die Umkehrung<lb/>
der Urtheile, und die Formen der Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e betreffend,<lb/>
be&#x017F;chra&#x0364;nkt. Die &#x017F;elb&#x017F;t hiebey vorkommenden Formen, &#x017F;o<lb/>
wie weitere Be&#x017F;timmungen der&#x017F;elben werden nur gleich-<lb/>
&#x017F;am hi&#x017F;tori&#x017F;ch aufgenommen, nicht der Critik, ob &#x017F;ie an<lb/>
und fu&#x0364;r &#x017F;ich ein Wahres &#x017F;eyen, unterworfen. So gilt<lb/>
z. B. die Form des po&#x017F;itiven Urtheils fu&#x0364;r etwas an &#x017F;ich<lb/>
vo&#x0364;llig richtiges, wobey es ganz allein auf den Inhalt<lb/>
ankomme, ob ein &#x017F;olches Urtheil wahr &#x017F;ey. Ob die&#x017F;e<lb/>
Form <hi rendition="#g">an und fu&#x0364;r &#x017F;ich</hi> eine Form der Wahrheit, ob<lb/>
der Satz, den &#x017F;ie aus&#x017F;pricht, <hi rendition="#g">das Einzelne i&#x017F;t ein<lb/>
Allgemeines</hi>, nicht in &#x017F;ich dialekti&#x017F;ch &#x017F;ey, an die&#x017F;e<lb/>
Unter&#x017F;uchung wird nicht gedacht. Es wird geradezu da-<lb/>
fu&#x0364;r gehalten, daß diß Urtheil fu&#x0364;r &#x017F;ich fa&#x0364;hig, Wahr-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">heit</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0046] Vom Begriff Princip, worin die Zweyheit in der Einheit, ſomit das- jenige erkannt werden konnte, was zur Wahrheit gefo- dert wird; aber der ſinnliche Stoff, das Mannichfaltige der Anſchauung war ihm zu maͤchtig, um davon weg zur Betrachtung des Begriffs und der Kategorien an und fuͤr ſich, und zu einem ſpeculativen Philoſophi- ren kommen zu koͤnnen. Indem die Logik Wiſſenſchaft der abſoluten Form iſt, ſo muß diß Formelle, damit es ein Wahres ſeye, an ihm ſelbſt einen Inhalt haben, welcher ſeiner Form gemaͤß ſey, und um ſo mehr, da das logi- ſche Formelle die reine Form, alſo das logiſche Wahre, die reine Wahrheit ſelbſt ſeyn muß. Dieſes For- melle muß daher in ſich viel reicher an Beſtimmungen und Inhalt, ſo wie auch von unendlich groͤſſerer Wirk- ſamkeit auf das Concrete gedacht werden, als es ge- woͤhnlich genommen wird. Die logiſchen Geſetze fuͤr ſich, (das ohnehin heterogene, die angewandte Logik und uͤbri- ge pſychologiſche und anthropologiſche Material wegge- rechnet,) werden gewoͤhnlich auſſer dem Satze des Widerſpruchs, auf einige duͤrftige Saͤtze, die Umkehrung der Urtheile, und die Formen der Schluͤſſe betreffend, beſchraͤnkt. Die ſelbſt hiebey vorkommenden Formen, ſo wie weitere Beſtimmungen derſelben werden nur gleich- ſam hiſtoriſch aufgenommen, nicht der Critik, ob ſie an und fuͤr ſich ein Wahres ſeyen, unterworfen. So gilt z. B. die Form des poſitiven Urtheils fuͤr etwas an ſich voͤllig richtiges, wobey es ganz allein auf den Inhalt ankomme, ob ein ſolches Urtheil wahr ſey. Ob dieſe Form an und fuͤr ſich eine Form der Wahrheit, ob der Satz, den ſie ausſpricht, das Einzelne iſt ein Allgemeines, nicht in ſich dialektiſch ſey, an dieſe Unterſuchung wird nicht gedacht. Es wird geradezu da- fuͤr gehalten, daß diß Urtheil fuͤr ſich faͤhig, Wahr- heit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/46
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/46>, abgerufen am 25.11.2024.