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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.

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III. Kapitel. Teleologie.
äusserlichen Bestimmtwerden des Mechanismus
absolut entrissen ist.

Eines der grossen Verdienste Kants um die Phi-
losophie besteht in der Unterscheidung, die er zwischen
relativer oder äusserer und zwischen innerer Zweck-
mässigkeit aufgestellt hat; in letzterer hat er den Be-
griff des Lebens, die Idee, aufgeschlossen und damit
die Philosophie, was die Kritik der Vernunft nur
unvollkommen, in einer sehr schieffen Wendung und nur
negativ thut, positiv über die Reflexionsbestimmun-
gen und die relative Welt der Metaphysik erhoben. --
Es ist erinnert worden, daß der Gegensatz der Teleolo-
gie und des Mechanismus zunächst der allgemeinere Ge-
gensatz von Freyheit und Nothwendigkeit ist.
Kant hat den Gegensatz in dieser Form, unter den An-
tinomieen
der Vernunft, und zwar als den dritten
Widerstreit der transcendentalen Ideen
auf-
geführt. -- Ich führe seine Darstellung, auf welche
früher verwiesen worden, ganz kurz an, indem das
Wesentliche derselben so einfach ist, daß es keiner weit-
läufigen Auseinandersetzung bedarf, und die Art und
Weise der Kantischen Antinomieen anderwärts ausführ-
licher beleuchtet worden ist.

Die Thesis der hier zu betrachtenden lautet:
Die Causalität nach Gesetzen der Natur ist nicht die
einzige, aus welcher die Erscheinungen der Welt insge-
sammt abgeleitet werden können. Es ist noch eine Cau-
salität durch Freyheit zu Erklärung derselben anzuneh-
men nothwendig.

Die Antithesis: Es ist keine Freyheit, sondern
alles in der Welt geschieht lediglich nach Gesetzen der
Natur.

Der
Q

III. Kapitel. Teleologie.
aͤuſſerlichen Beſtimmtwerden des Mechanismus
abſolut entriſſen iſt.

Eines der groſſen Verdienſte Kants um die Phi-
loſophie beſteht in der Unterſcheidung, die er zwiſchen
relativer oder aͤuſſerer und zwiſchen innerer Zweck-
maͤſſigkeit aufgeſtellt hat; in letzterer hat er den Be-
griff des Lebens, die Idee, aufgeſchloſſen und damit
die Philoſophie, was die Kritik der Vernunft nur
unvollkommen, in einer ſehr ſchieffen Wendung und nur
negativ thut, poſitiv uͤber die Reflexionsbeſtimmun-
gen und die relative Welt der Metaphyſik erhoben. —
Es iſt erinnert worden, daß der Gegenſatz der Teleolo-
gie und des Mechanismus zunaͤchſt der allgemeinere Ge-
genſatz von Freyheit und Nothwendigkeit iſt.
Kant hat den Gegenſatz in dieſer Form, unter den An-
tinomieen
der Vernunft, und zwar als den dritten
Widerſtreit der tranſcendentalen Ideen
auf-
gefuͤhrt. — Ich fuͤhre ſeine Darſtellung, auf welche
fruͤher verwieſen worden, ganz kurz an, indem das
Weſentliche derſelben ſo einfach iſt, daß es keiner weit-
laͤufigen Auseinanderſetzung bedarf, und die Art und
Weiſe der Kantiſchen Antinomieen anderwaͤrts ausfuͤhr-
licher beleuchtet worden iſt.

Die Theſis der hier zu betrachtenden lautet:
Die Cauſalitaͤt nach Geſetzen der Natur iſt nicht die
einzige, aus welcher die Erſcheinungen der Welt insge-
ſammt abgeleitet werden koͤnnen. Es iſt noch eine Cau-
ſalitaͤt durch Freyheit zu Erklaͤrung derſelben anzuneh-
men nothwendig.

Die Antitheſis: Es iſt keine Freyheit, ſondern
alles in der Welt geſchieht lediglich nach Geſetzen der
Natur.

Der
Q
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[241/0259] III. Kapitel. Teleologie. aͤuſſerlichen Beſtimmtwerden des Mechanismus abſolut entriſſen iſt. Eines der groſſen Verdienſte Kants um die Phi- loſophie beſteht in der Unterſcheidung, die er zwiſchen relativer oder aͤuſſerer und zwiſchen innerer Zweck- maͤſſigkeit aufgeſtellt hat; in letzterer hat er den Be- griff des Lebens, die Idee, aufgeſchloſſen und damit die Philoſophie, was die Kritik der Vernunft nur unvollkommen, in einer ſehr ſchieffen Wendung und nur negativ thut, poſitiv uͤber die Reflexionsbeſtimmun- gen und die relative Welt der Metaphyſik erhoben. — Es iſt erinnert worden, daß der Gegenſatz der Teleolo- gie und des Mechanismus zunaͤchſt der allgemeinere Ge- genſatz von Freyheit und Nothwendigkeit iſt. Kant hat den Gegenſatz in dieſer Form, unter den An- tinomieen der Vernunft, und zwar als den dritten Widerſtreit der tranſcendentalen Ideen auf- gefuͤhrt. — Ich fuͤhre ſeine Darſtellung, auf welche fruͤher verwieſen worden, ganz kurz an, indem das Weſentliche derſelben ſo einfach iſt, daß es keiner weit- laͤufigen Auseinanderſetzung bedarf, und die Art und Weiſe der Kantiſchen Antinomieen anderwaͤrts ausfuͤhr- licher beleuchtet worden iſt. Die Theſis der hier zu betrachtenden lautet: Die Cauſalitaͤt nach Geſetzen der Natur iſt nicht die einzige, aus welcher die Erſcheinungen der Welt insge- ſammt abgeleitet werden koͤnnen. Es iſt noch eine Cau- ſalitaͤt durch Freyheit zu Erklaͤrung derſelben anzuneh- men nothwendig. Die Antitheſis: Es iſt keine Freyheit, ſondern alles in der Welt geſchieht lediglich nach Geſetzen der Natur. Der Q

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/259>, abgerufen am 27.11.2024.