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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

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Erstes Buch. I. Abschnitt.
lern, als bey dem bloßen Begriff derselben, oder bey ih-
rer Möglichkeit. Denn der Gegenstand ist bey der Wirk-
lichkeit nicht bloß in meinem Begriff analytisch enthalten,
sondern kommt zu meinem Begriffe, (der eine Bestim-
mung
meines Zustandes ist,) synthetisch hinzu,
ohne daß durch dieses Seyn ausser meinem Begriffe, die-
se gedachten hundert Thaler selbst im mindesten vermehrt
würden."

Es werden hier zweyerley Zustände, um bey den
Kantischen Ausdrücken zn bleiben, vorausgesetzt, der
reine, welchen Kant den Begriff nennt, darunter die
Vorstellung zu verstehen ist, und einen andern, den Ver-
mögenszustand. Für den einen wie für den andern sind
hundert Thaler eine weitere Inhaltsbestimmung, oder sie
kommen, wie Kant sich ausdrückt, synthetisch hinzu;
und ich als Besitzer von hundert Thalern, oder als
Nichtbesitzer derselben, oder auch, ich als hundert Thaler
vorstellend oder sie nicht vorstellend, ist ein verschie-
dener Inhalt. Einerseits ist es ein Unterschied, ob ich
mir diese hundert Thaler nur vorstelle oder sie besitze,
ob sie sich also in dem einen oder dem andern Zustande
befinden, weil ich einmal diese beyden Zustände als ver-
schiedene Bestimmungen vorausgesetzt habe. Andrerseits,
jeden dieser Zustände besonders genommen, sind sie in-
nerhalb desselben eine besondere Inhaltsbestimmung, die
in Beziehung zu anderem tritt, und deren Verschwinden
nicht ein bloßes Nichtseyn ist, sondern ein Anders-
seyn
ausmacht. Es ist eine Täuschung, daß wir den
Unterschied bloß aufs Seyn und Nichtseyn hinausschie-
ben, ob ich die hundert Thaler habe oder nicht ha-
be
. Diese Täuschung beruht auf der einseitigen Ab-
straction, die das bestimmte Daseyn, das in sol-
chen Beyspielen immer vorhanden ist, wegläßt und bloß
das Seyn und Nichtseyn festhält. Wie vorhin erinnert,

ist

Erſtes Buch. I. Abſchnitt.
lern, als bey dem bloßen Begriff derſelben, oder bey ih-
rer Moͤglichkeit. Denn der Gegenſtand iſt bey der Wirk-
lichkeit nicht bloß in meinem Begriff analytiſch enthalten,
ſondern kommt zu meinem Begriffe, (der eine Beſtim-
mung
meines Zuſtandes iſt,) ſynthetiſch hinzu,
ohne daß durch dieſes Seyn auſſer meinem Begriffe, die-
ſe gedachten hundert Thaler ſelbſt im mindeſten vermehrt
wuͤrden.“

Es werden hier zweyerley Zuſtaͤnde, um bey den
Kantiſchen Ausdruͤcken zn bleiben, vorausgeſetzt, der
reine, welchen Kant den Begriff nennt, darunter die
Vorſtellung zu verſtehen iſt, und einen andern, den Ver-
moͤgenszuſtand. Fuͤr den einen wie fuͤr den andern ſind
hundert Thaler eine weitere Inhaltsbeſtimmung, oder ſie
kommen, wie Kant ſich ausdruͤckt, ſynthetiſch hinzu;
und ich als Beſitzer von hundert Thalern, oder als
Nichtbeſitzer derſelben, oder auch, ich als hundert Thaler
vorſtellend oder ſie nicht vorſtellend, iſt ein verſchie-
dener Inhalt. Einerſeits iſt es ein Unterſchied, ob ich
mir dieſe hundert Thaler nur vorſtelle oder ſie beſitze,
ob ſie ſich alſo in dem einen oder dem andern Zuſtande
befinden, weil ich einmal dieſe beyden Zuſtaͤnde als ver-
ſchiedene Beſtimmungen vorausgeſetzt habe. Andrerſeits,
jeden dieſer Zuſtaͤnde beſonders genommen, ſind ſie in-
nerhalb deſſelben eine beſondere Inhaltsbeſtimmung, die
in Beziehung zu anderem tritt, und deren Verſchwinden
nicht ein bloßes Nichtſeyn iſt, ſondern ein Anders-
ſeyn
ausmacht. Es iſt eine Taͤuſchung, daß wir den
Unterſchied bloß aufs Seyn und Nichtſeyn hinausſchie-
ben, ob ich die hundert Thaler habe oder nicht ha-
be
. Dieſe Taͤuſchung beruht auf der einſeitigen Ab-
ſtraction, die das beſtimmte Daſeyn, das in ſol-
chen Beyſpielen immer vorhanden iſt, weglaͤßt und bloß
das Seyn und Nichtſeyn feſthaͤlt. Wie vorhin erinnert,

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[28/0076] Erſtes Buch. I. Abſchnitt. lern, als bey dem bloßen Begriff derſelben, oder bey ih- rer Moͤglichkeit. Denn der Gegenſtand iſt bey der Wirk- lichkeit nicht bloß in meinem Begriff analytiſch enthalten, ſondern kommt zu meinem Begriffe, (der eine Beſtim- mung meines Zuſtandes iſt,) ſynthetiſch hinzu, ohne daß durch dieſes Seyn auſſer meinem Begriffe, die- ſe gedachten hundert Thaler ſelbſt im mindeſten vermehrt wuͤrden.“ Es werden hier zweyerley Zuſtaͤnde, um bey den Kantiſchen Ausdruͤcken zn bleiben, vorausgeſetzt, der reine, welchen Kant den Begriff nennt, darunter die Vorſtellung zu verſtehen iſt, und einen andern, den Ver- moͤgenszuſtand. Fuͤr den einen wie fuͤr den andern ſind hundert Thaler eine weitere Inhaltsbeſtimmung, oder ſie kommen, wie Kant ſich ausdruͤckt, ſynthetiſch hinzu; und ich als Beſitzer von hundert Thalern, oder als Nichtbeſitzer derſelben, oder auch, ich als hundert Thaler vorſtellend oder ſie nicht vorſtellend, iſt ein verſchie- dener Inhalt. Einerſeits iſt es ein Unterſchied, ob ich mir dieſe hundert Thaler nur vorſtelle oder ſie beſitze, ob ſie ſich alſo in dem einen oder dem andern Zuſtande befinden, weil ich einmal dieſe beyden Zuſtaͤnde als ver- ſchiedene Beſtimmungen vorausgeſetzt habe. Andrerſeits, jeden dieſer Zuſtaͤnde beſonders genommen, ſind ſie in- nerhalb deſſelben eine beſondere Inhaltsbeſtimmung, die in Beziehung zu anderem tritt, und deren Verſchwinden nicht ein bloßes Nichtſeyn iſt, ſondern ein Anders- ſeyn ausmacht. Es iſt eine Taͤuſchung, daß wir den Unterſchied bloß aufs Seyn und Nichtſeyn hinausſchie- ben, ob ich die hundert Thaler habe oder nicht ha- be. Dieſe Taͤuſchung beruht auf der einſeitigen Ab- ſtraction, die das beſtimmte Daſeyn, das in ſol- chen Beyſpielen immer vorhanden iſt, weglaͤßt und bloß das Seyn und Nichtſeyn feſthaͤlt. Wie vorhin erinnert, iſt

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/76>, abgerufen am 24.11.2024.