nicht darin enthalten sey. Kant zeichnet diesen letztern Ausdruck aus. Es ist aber nicht abzusehen, welcher Unterschied darin liegen soll; denn eine Bestim- mung, die zum Begriffe einer Sache gehört, muß wahrhaftig darin enthalten seyn. --
Was die Schwierigkeit macht, und diese leere Aus- flucht herbeyführt, besteht darin, daß Kant zum Begrif- fe der Materie bloß die Bestimmung der Undurch- dringlichkeit rechnet, die wir durch das Ge- fühl wahrnehmen sollen, weswegen die Repulsiv- kraft, als das Abhalten eines andern von sich, unmit- telbar gegeben sey. Allein wenn die Materie ohne At- tractivkraft nicht soll daseyn können, so liegt dabey eine aus der Wahrnehmung genommene Vorstellung der Materie zu Grunde; die Bestimmung der Attraction muß also gleichfalls in der That aus der Wahrnehmung ge- schöpft und daher in ihr anzutreffen seyn. Es ist aber wohl wahrzunehmen, daß die Materie ausser ihrem Für- sichseyn, welches das Seyn-für-Anderes aufhebt, auch eine Beziehung des Fürsichseyenden aufein- ander, räumliche Ausdehnung und Zusammen- halt hat. Aus dieser Wahrnehmung, kann die Re- flexion eben so unmittelbar die Attractivkraft ableiten, oder sie als gegeben annehmen, als sie es mit der Repulsivkraft that. In der That, wenn die Schlüsse, aus denen die Attractivkraft abgeleitet werden soll, be- trachtet werden, (S. den Beweis des Lehrsatzes: daß die Möglichkeit der Materie eine Anziehungskraft als zweyte Grundkraft erfodere a. a. O.) so enthalten sie nichts, als daß durch die bloße Repulsion die Materie nicht räumlich seyn würde. Indem die Materie, als Raumerfüllend vorausgesetzt ist, so ist ihr damit die Con- tinuität zugeschrieben, als deren Grund die Anziehungs- kraft angenommen wird.
Wenn
Erſtes Buch. I.Abſchnitt.
nicht darin enthalten ſey. Kant zeichnet dieſen letztern Ausdruck aus. Es iſt aber nicht abzuſehen, welcher Unterſchied darin liegen ſoll; denn eine Beſtim- mung, die zum Begriffe einer Sache gehoͤrt, muß wahrhaftig darin enthalten ſeyn. —
Was die Schwierigkeit macht, und dieſe leere Aus- flucht herbeyfuͤhrt, beſteht darin, daß Kant zum Begrif- fe der Materie bloß die Beſtimmung der Undurch- dringlichkeit rechnet, die wir durch das Ge- fuͤhl wahrnehmen ſollen, weswegen die Repulſiv- kraft, als das Abhalten eines andern von ſich, unmit- telbar gegeben ſey. Allein wenn die Materie ohne At- tractivkraft nicht ſoll daſeyn koͤnnen, ſo liegt dabey eine aus der Wahrnehmung genommene Vorſtellung der Materie zu Grunde; die Beſtimmung der Attraction muß alſo gleichfalls in der That aus der Wahrnehmung ge- ſchoͤpft und daher in ihr anzutreffen ſeyn. Es iſt aber wohl wahrzunehmen, daß die Materie auſſer ihrem Fuͤr- ſichſeyn, welches das Seyn-fuͤr-Anderes aufhebt, auch eine Beziehung des Fuͤrſichſeyenden aufein- ander, raͤumliche Ausdehnung und Zuſammen- halt hat. Aus dieſer Wahrnehmung, kann die Re- flexion eben ſo unmittelbar die Attractivkraft ableiten, oder ſie als gegeben annehmen, als ſie es mit der Repulſivkraft that. In der That, wenn die Schluͤſſe, aus denen die Attractivkraft abgeleitet werden ſoll, be- trachtet werden, (S. den Beweis des Lehrſatzes: daß die Moͤglichkeit der Materie eine Anziehungskraft als zweyte Grundkraft erfodere a. a. O.) ſo enthalten ſie nichts, als daß durch die bloße Repulſion die Materie nicht raͤumlich ſeyn wuͤrde. Indem die Materie, als Raumerfuͤllend vorausgeſetzt iſt, ſo iſt ihr damit die Con- tinuitaͤt zugeſchrieben, als deren Grund die Anziehungs- kraft angenommen wird.
Wenn
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Erſtes Buch. I. Abſchnitt.
nicht darin enthalten ſey. Kant zeichnet dieſen
letztern Ausdruck aus. Es iſt aber nicht abzuſehen,
welcher Unterſchied darin liegen ſoll; denn eine Beſtim-
mung, die zum Begriffe einer Sache gehoͤrt, muß
wahrhaftig darin enthalten ſeyn. —
Was die Schwierigkeit macht, und dieſe leere Aus-
flucht herbeyfuͤhrt, beſteht darin, daß Kant zum Begrif-
fe der Materie bloß die Beſtimmung der Undurch-
dringlichkeit rechnet, die wir durch das Ge-
fuͤhl wahrnehmen ſollen, weswegen die Repulſiv-
kraft, als das Abhalten eines andern von ſich, unmit-
telbar gegeben ſey. Allein wenn die Materie ohne At-
tractivkraft nicht ſoll daſeyn koͤnnen, ſo liegt dabey
eine aus der Wahrnehmung genommene Vorſtellung der
Materie zu Grunde; die Beſtimmung der Attraction muß
alſo gleichfalls in der That aus der Wahrnehmung ge-
ſchoͤpft und daher in ihr anzutreffen ſeyn. Es iſt aber
wohl wahrzunehmen, daß die Materie auſſer ihrem Fuͤr-
ſichſeyn, welches das Seyn-fuͤr-Anderes aufhebt, auch
eine Beziehung des Fuͤrſichſeyenden aufein-
ander, raͤumliche Ausdehnung und Zuſammen-
halt hat. Aus dieſer Wahrnehmung, kann die Re-
flexion eben ſo unmittelbar die Attractivkraft ableiten,
oder ſie als gegeben annehmen, als ſie es mit der
Repulſivkraft that. In der That, wenn die Schluͤſſe,
aus denen die Attractivkraft abgeleitet werden ſoll, be-
trachtet werden, (S. den Beweis des Lehrſatzes: daß
die Moͤglichkeit der Materie eine Anziehungskraft als
zweyte Grundkraft erfodere a. a. O.) ſo enthalten ſie
nichts, als daß durch die bloße Repulſion die Materie
nicht raͤumlich ſeyn wuͤrde. Indem die Materie, als
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/170>, abgerufen am 25.07.2024.
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