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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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§. 28. Völkerrecht im Zustand des Friedens.
selbst wird aber allerdings von denjenigen Souveränen, die
zwar Königliche Ehren, jedoch keinen Kaiser- und Königsti-
tel haben, in cerimonieller Hinsicht ein Vorzug eingeräumt;
ebenso von den jetzt bestehenden Republiken, ohne daß deren
eigenes Verhältniß zu den übrigen Staaten mit Königlichen
Ehren genauer feststeht.
III. Staaten mit einer unvollkommenen oder Halbsouveränetät
werden allezeit wenigstens demjenigen Staat nachstehen, von
welchem sie abhängig sind. Eben so wird ein Schutzstaat
dem schutzherrlichen Staat den Vorrang zu gestatten haben,
sofern das Verhältniß ein unbedingtes ist und es sich nicht
von Angelegenheiten handelt, welche ganz außerhalb eines sol-
chen Verhältnisses gelegen sind. Gegen dritte Mächte kann
dasselbe an und für sich keine Zurücksetzung begründen; 1
ja es können selbst halbsouveräne Staaten, ihrem anerkann-
ten Titel gemäß, nach Europäischem Herkommen einen Vor-
rang vor völlig souveränen haben. 2
IV. Das Rangverhältniß kann unter einzelnen Staaten durch
Vertrag oder Observanz bestimmt werden, 3 und auch dritte
Mächte haben solches alsdann zu beachten, wenn ihnen da-
von Mittheilung gemacht wird, sofern es nicht zu ihrem ei-
genen oder der übrigen Mächte Präjudiz gereicht. 4 Denn im
Allgemeinen geben natürlich dergleichen einseitige Verträge
kein Recht gegen dritte, so wenig als diese daraus Consequen-
zen für sich herzuleiten vermögen. Verträge, wodurch eine
Macht der anderen den Vorrang vor einer dritten oder allen
übrigen zugesteht, sind ohne Beitritt dieser unverbindlich, weil
sie eine Rechtsverletzung enthalten, sofern sie von der allge-
meinen Regel abweichen. Jeder Staat hat auch nur diese
gen mit der Pforte und deren abhängigen Staaten den Kaisertitel; die
Krone der vereinigten Königreiche Großbritanniens heißt eine kaiserliche in
der Britischen Staatssprache. S. (de Steck) Echantillon d'Essais. Halle
1789. p.
3.
1 Vgl. Günther I, 213. 214. Die Eigenschaft eines Vasallenstaates bringt
an sich noch keine Präcedenz des lehnsherrlichen Staates mit sich.
2 So die ehemaligen Kurfürsten des Deutschen Reichs im Verhältniß zu
Staaten ohne Königliche Ehren.
3 So besteht z. B. eine gewisse Reihefolge der Deutschen Staaten in Be-
ziehung auf das Bundesverhältniß, aber auch nur für dieses.
4 Günther I, 269.
§. 28. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens.
ſelbſt wird aber allerdings von denjenigen Souveränen, die
zwar Königliche Ehren, jedoch keinen Kaiſer- und Königsti-
tel haben, in cerimonieller Hinſicht ein Vorzug eingeräumt;
ebenſo von den jetzt beſtehenden Republiken, ohne daß deren
eigenes Verhältniß zu den übrigen Staaten mit Königlichen
Ehren genauer feſtſteht.
III. Staaten mit einer unvollkommenen oder Halbſouveränetät
werden allezeit wenigſtens demjenigen Staat nachſtehen, von
welchem ſie abhängig ſind. Eben ſo wird ein Schutzſtaat
dem ſchutzherrlichen Staat den Vorrang zu geſtatten haben,
ſofern das Verhältniß ein unbedingtes iſt und es ſich nicht
von Angelegenheiten handelt, welche ganz außerhalb eines ſol-
chen Verhältniſſes gelegen ſind. Gegen dritte Mächte kann
daſſelbe an und für ſich keine Zurückſetzung begründen; 1
ja es können ſelbſt halbſouveräne Staaten, ihrem anerkann-
ten Titel gemäß, nach Europäiſchem Herkommen einen Vor-
rang vor völlig ſouveränen haben. 2
IV. Das Rangverhältniß kann unter einzelnen Staaten durch
Vertrag oder Obſervanz beſtimmt werden, 3 und auch dritte
Mächte haben ſolches alsdann zu beachten, wenn ihnen da-
von Mittheilung gemacht wird, ſofern es nicht zu ihrem ei-
genen oder der übrigen Mächte Präjudiz gereicht. 4 Denn im
Allgemeinen geben natürlich dergleichen einſeitige Verträge
kein Recht gegen dritte, ſo wenig als dieſe daraus Conſequen-
zen für ſich herzuleiten vermögen. Verträge, wodurch eine
Macht der anderen den Vorrang vor einer dritten oder allen
übrigen zugeſteht, ſind ohne Beitritt dieſer unverbindlich, weil
ſie eine Rechtsverletzung enthalten, ſofern ſie von der allge-
meinen Regel abweichen. Jeder Staat hat auch nur dieſe
gen mit der Pforte und deren abhängigen Staaten den Kaiſertitel; die
Krone der vereinigten Königreiche Großbritanniens heißt eine kaiſerliche in
der Britiſchen Staatsſprache. S. (de Steck) Echantillon d’Essais. Halle
1789. p.
3.
1 Vgl. Günther I, 213. 214. Die Eigenſchaft eines Vaſallenſtaates bringt
an ſich noch keine Präcedenz des lehnsherrlichen Staates mit ſich.
2 So die ehemaligen Kurfürſten des Deutſchen Reichs im Verhältniß zu
Staaten ohne Königliche Ehren.
3 So beſteht z. B. eine gewiſſe Reihefolge der Deutſchen Staaten in Be-
ziehung auf das Bundesverhältniß, aber auch nur für dieſes.
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[47/0071] §. 28. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens. ſelbſt wird aber allerdings von denjenigen Souveränen, die zwar Königliche Ehren, jedoch keinen Kaiſer- und Königsti- tel haben, in cerimonieller Hinſicht ein Vorzug eingeräumt; ebenſo von den jetzt beſtehenden Republiken, ohne daß deren eigenes Verhältniß zu den übrigen Staaten mit Königlichen Ehren genauer feſtſteht. III. Staaten mit einer unvollkommenen oder Halbſouveränetät werden allezeit wenigſtens demjenigen Staat nachſtehen, von welchem ſie abhängig ſind. Eben ſo wird ein Schutzſtaat dem ſchutzherrlichen Staat den Vorrang zu geſtatten haben, ſofern das Verhältniß ein unbedingtes iſt und es ſich nicht von Angelegenheiten handelt, welche ganz außerhalb eines ſol- chen Verhältniſſes gelegen ſind. Gegen dritte Mächte kann daſſelbe an und für ſich keine Zurückſetzung begründen; 1 ja es können ſelbſt halbſouveräne Staaten, ihrem anerkann- ten Titel gemäß, nach Europäiſchem Herkommen einen Vor- rang vor völlig ſouveränen haben. 2 IV. Das Rangverhältniß kann unter einzelnen Staaten durch Vertrag oder Obſervanz beſtimmt werden, 3 und auch dritte Mächte haben ſolches alsdann zu beachten, wenn ihnen da- von Mittheilung gemacht wird, ſofern es nicht zu ihrem ei- genen oder der übrigen Mächte Präjudiz gereicht. 4 Denn im Allgemeinen geben natürlich dergleichen einſeitige Verträge kein Recht gegen dritte, ſo wenig als dieſe daraus Conſequen- zen für ſich herzuleiten vermögen. Verträge, wodurch eine Macht der anderen den Vorrang vor einer dritten oder allen übrigen zugeſteht, ſind ohne Beitritt dieſer unverbindlich, weil ſie eine Rechtsverletzung enthalten, ſofern ſie von der allge- meinen Regel abweichen. Jeder Staat hat auch nur dieſe 1 1 Vgl. Günther I, 213. 214. Die Eigenſchaft eines Vaſallenſtaates bringt an ſich noch keine Präcedenz des lehnsherrlichen Staates mit ſich. 2 So die ehemaligen Kurfürſten des Deutſchen Reichs im Verhältniß zu Staaten ohne Königliche Ehren. 3 So beſteht z. B. eine gewiſſe Reihefolge der Deutſchen Staaten in Be- ziehung auf das Bundesverhältniß, aber auch nur für dieſes. 4 Günther I, 269. 1 gen mit der Pforte und deren abhängigen Staaten den Kaiſertitel; die Krone der vereinigten Königreiche Großbritanniens heißt eine kaiſerliche in der Britiſchen Staatsſprache. S. (de Steck) Echantillon d’Essais. Halle 1789. p. 3.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/71>, abgerufen am 23.11.2024.