Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.§. 43. Völkerrecht im Zustand des Friedens. gig von letzterem ausübt; 1 oder daß der fremde Staat zu Gun-sten des Berechtigten sich der Ausübung einer gewissen Hoheitsge- walt in seinen eigenen Grenzen bis zu einem bestimmten Umfange enthalten muß. Daher der Unterschied von affirmativen und ne- gativen Servituten auch im Völkerrecht Anwendung leidet. 2 Ob der Vortheil dem Berechtigten unmittelbar und allein, oder seinen von ihm vertretenen Angehörigen zukommt, ändert an dem Wesen der Servitut Nichts. 3 Die äußerste Grenze dabei ist, daß der verpflichtete Staat in Eine Bestellung ist nur denkbar durch Vertrag, sogar schon Der Umfang des Rechts bestimmt sich bei Verträgen nach der 1 Sonst wäre es eine bloße Privatconcession, und dafür ist allerdings wohl bei gewöhnlich verleihbaren Regalien die Vermuthung. Vergl. Klüber, §. 138. 5°. 2 Andere Eintheilungen z. B. in continuae und discontinuae, erscheinen völlig unnütz. Beispiele von negativen Servituten sind das Untersagungs- recht gegen die Anlage von Festungen, gegen Aufstellung einer größeren Heeresmacht u. s. w. Engelbrecht, II, 2, 27. 3 So ward in Art. 17. des Pariser Friedens von 1763 den Britischen Un- terthanen ausbedungen, in gewissen Gegenden Campechenholz zu fällen. De Steck, essais, 1775. Gönner, §. 24. 25. 4 Dieser Punct ist der schwierigste für die Theorie. In der Praxis wird er selten zur Sprache kommen. Eine andere Formel findet sich bei Schmelzing, §. 239. S. auch Gönner, §. 37. 38. 5 Gönner, §. 67. 6 Das Gegentheil scheint Klüber §. 139. mit Engelbrecht und Gönner zu behaupten. Beide sprechen aber nur vom Deutschen Reich. Und ohne Zweifel besteht eine Geltung des Besitzstandes auch noch jetzt unter den Deutschen Bundesgenossen nach Bundesacte Art. 11.; allein unter ganz freien Staaten kann dem präsumtiven Alleinberechtigten der bloße bishe- rige Besitzstand gewiß nicht entgegengesetzt werden. 6*
§. 43. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens. gig von letzterem ausübt; 1 oder daß der fremde Staat zu Gun-ſten des Berechtigten ſich der Ausübung einer gewiſſen Hoheitsge- walt in ſeinen eigenen Grenzen bis zu einem beſtimmten Umfange enthalten muß. Daher der Unterſchied von affirmativen und ne- gativen Servituten auch im Völkerrecht Anwendung leidet. 2 Ob der Vortheil dem Berechtigten unmittelbar und allein, oder ſeinen von ihm vertretenen Angehörigen zukommt, ändert an dem Weſen der Servitut Nichts. 3 Die äußerſte Grenze dabei iſt, daß der verpflichtete Staat in Eine Beſtellung iſt nur denkbar durch Vertrag, ſogar ſchon Der Umfang des Rechts beſtimmt ſich bei Verträgen nach der 1 Sonſt wäre es eine bloße Privatconceſſion, und dafür iſt allerdings wohl bei gewöhnlich verleihbaren Regalien die Vermuthung. Vergl. Klüber, §. 138. 5°. 2 Andere Eintheilungen z. B. in continuae und discontinuae, erſcheinen völlig unnütz. Beiſpiele von negativen Servituten ſind das Unterſagungs- recht gegen die Anlage von Feſtungen, gegen Aufſtellung einer größeren Heeresmacht u. ſ. w. Engelbrecht, II, 2, 27. 3 So ward in Art. 17. des Pariſer Friedens von 1763 den Britiſchen Un- terthanen ausbedungen, in gewiſſen Gegenden Campechenholz zu fällen. De Steck, essais, 1775. Gönner, §. 24. 25. 4 Dieſer Punct iſt der ſchwierigſte für die Theorie. In der Praxis wird er ſelten zur Sprache kommen. Eine andere Formel findet ſich bei Schmelzing, §. 239. S. auch Gönner, §. 37. 38. 5 Gönner, §. 67. 6 Das Gegentheil ſcheint Klüber §. 139. mit Engelbrecht und Gönner zu behaupten. Beide ſprechen aber nur vom Deutſchen Reich. Und ohne Zweifel beſteht eine Geltung des Beſitzſtandes auch noch jetzt unter den Deutſchen Bundesgenoſſen nach Bundesacte Art. 11.; allein unter ganz freien Staaten kann dem präſumtiven Alleinberechtigten der bloße bishe- rige Beſitzſtand gewiß nicht entgegengeſetzt werden. 6*
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§. 43. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens.
gig von letzterem ausübt; 1 oder daß der fremde Staat zu Gun-
ſten des Berechtigten ſich der Ausübung einer gewiſſen Hoheitsge-
walt in ſeinen eigenen Grenzen bis zu einem beſtimmten Umfange
enthalten muß. Daher der Unterſchied von affirmativen und ne-
gativen Servituten auch im Völkerrecht Anwendung leidet. 2 Ob
der Vortheil dem Berechtigten unmittelbar und allein, oder ſeinen
von ihm vertretenen Angehörigen zukommt, ändert an dem Weſen
der Servitut Nichts. 3
Die äußerſte Grenze dabei iſt, daß der verpflichtete Staat in
keine völlige Abhängigkeit von dem Willen des Berechtigten ge-
ſetzt, ſondern immer nur in beſtimmten Hoheitsbefugniſſen beſchränkt
wird, und daher wenigſtens noch als halbſouveräner Staat beſte-
hen kann. 4
Eine Beſtellung iſt nur denkbar durch Vertrag, ſogar ſchon
ohne Tradition; 5 jedoch kann die rechtmäßige Erwerbung auch
durch einen unvordenklichen Beſitzſtand vertreten werden (§. 11.).
Ein anderer Beſitzſtand legt dem Verpflichteten keine Verbindlich-
keit auf, die Ausübung auch noch ferner zu geſtatten; vielmehr
kann er zu jeder Zeit erſt den Beweis der rechtmäßigen Beſtellung
fordern. 6 Die Präſumtion iſt für ihn.
Der Umfang des Rechts beſtimmt ſich bei Verträgen nach der
1 Sonſt wäre es eine bloße Privatconceſſion, und dafür iſt allerdings wohl
bei gewöhnlich verleihbaren Regalien die Vermuthung. Vergl. Klüber,
§. 138. 5°.
2 Andere Eintheilungen z. B. in continuae und discontinuae, erſcheinen
völlig unnütz. Beiſpiele von negativen Servituten ſind das Unterſagungs-
recht gegen die Anlage von Feſtungen, gegen Aufſtellung einer größeren
Heeresmacht u. ſ. w. Engelbrecht, II, 2, 27.
3 So ward in Art. 17. des Pariſer Friedens von 1763 den Britiſchen Un-
terthanen ausbedungen, in gewiſſen Gegenden Campechenholz zu fällen.
De Steck, essais, 1775. Gönner, §. 24. 25.
4 Dieſer Punct iſt der ſchwierigſte für die Theorie. In der Praxis wird er
ſelten zur Sprache kommen. Eine andere Formel findet ſich bei Schmelzing,
§. 239. S. auch Gönner, §. 37. 38.
5 Gönner, §. 67.
6 Das Gegentheil ſcheint Klüber §. 139. mit Engelbrecht und Gönner zu
behaupten. Beide ſprechen aber nur vom Deutſchen Reich. Und ohne
Zweifel beſteht eine Geltung des Beſitzſtandes auch noch jetzt unter den
Deutſchen Bundesgenoſſen nach Bundesacte Art. 11.; allein unter ganz
freien Staaten kann dem präſumtiven Alleinberechtigten der bloße bishe-
rige Beſitzſtand gewiß nicht entgegengeſetzt werden.
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