2. Frankreich hat sich überhaupt in drey Ar- ten von Colonien versucht, Handels-, Ackerbau- und Pflanzungscolonien. Aber mit sehr verschiede- nem Erfolge! Für Handelscolonien paßte der Cha- racter der Regierung zu wenig, die Alles durch Re- glements zwingen wollte; für Ackerbau-Colonien nicht der National-Character, der lange und ru- hige Anstrengung scheut. Anders war es mit den Pflanzungscolonien; wo der Pflanzer nur den Auf- seher macht, und baldiger Gewinn reichlich lohnt. Nur Colonien dieser Art sind den Franzosen gediehen.
3. Die Maximen der Französischen Colo- nialpolitik kamen zwar in Rücksicht des Handels- zwangs mit denen andrer Völker überein, in andern waren sie liberaler. Es wurde Niemanden, auch Fremden nicht, erschwert, die Colonien zu besu- chen und sich in ihnen niederzulassen. Sie standen in Frankreich nicht unter einer eigenen Behörde, sondern unter dem Marine-Minister; und in ihrem Innern war die Militair- und Civil-Administration zwischen dem Gouverneur und Intendanten getheilt; die bey wichtigen Sachen gemeinschaftlich handelten.
4. Indem aber Colbert dem herrschenden Geist seiner Zeit durch die Colonial-Anlagen hul- digte, that er es nicht weniger durch die Form, die er dem Handel gab. Er ward privilegirten
Com-
3. Geſch. d. Colonialweſens 1661--1700.
2. Frankreich hat ſich uͤberhaupt in drey Ar- ten von Colonien verſucht, Handels-, Ackerbau- und Pflanzungscolonien. Aber mit ſehr verſchiede- nem Erfolge! Fuͤr Handelscolonien paßte der Cha- racter der Regierung zu wenig, die Alles durch Re- glements zwingen wollte; fuͤr Ackerbau-Colonien nicht der National-Character, der lange und ru- hige Anſtrengung ſcheut. Anders war es mit den Pflanzungscolonien; wo der Pflanzer nur den Auf- ſeher macht, und baldiger Gewinn reichlich lohnt. Nur Colonien dieſer Art ſind den Franzoſen gediehen.
3. Die Maximen der Franzoͤſiſchen Colo- nialpolitik kamen zwar in Ruͤckſicht des Handels- zwangs mit denen andrer Voͤlker uͤberein, in andern waren ſie liberaler. Es wurde Niemanden, auch Fremden nicht, erſchwert, die Colonien zu beſu- chen und ſich in ihnen niederzulaſſen. Sie ſtanden in Frankreich nicht unter einer eigenen Behoͤrde, ſondern unter dem Marine-Miniſter; und in ihrem Innern war die Militair- und Civil-Adminiſtration zwiſchen dem Gouverneur und Intendanten getheilt; die bey wichtigen Sachen gemeinſchaftlich handelten.
4. Indem aber Colbert dem herrſchenden Geiſt ſeiner Zeit durch die Colonial-Anlagen hul- digte, that er es nicht weniger durch die Form, die er dem Handel gab. Er ward privilegirten
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3. Geſch. d. Colonialweſens 1661--1700.
2. Frankreich hat ſich uͤberhaupt in drey Ar-
ten von Colonien verſucht, Handels-, Ackerbau-
und Pflanzungscolonien. Aber mit ſehr verſchiede-
nem Erfolge! Fuͤr Handelscolonien paßte der Cha-
racter der Regierung zu wenig, die Alles durch Re-
glements zwingen wollte; fuͤr Ackerbau-Colonien
nicht der National-Character, der lange und ru-
hige Anſtrengung ſcheut. Anders war es mit den
Pflanzungscolonien; wo der Pflanzer nur den Auf-
ſeher macht, und baldiger Gewinn reichlich lohnt.
Nur Colonien dieſer Art ſind den Franzoſen gediehen.
3. Die Maximen der Franzoͤſiſchen Colo-
nialpolitik kamen zwar in Ruͤckſicht des Handels-
zwangs mit denen andrer Voͤlker uͤberein, in andern
waren ſie liberaler. Es wurde Niemanden, auch
Fremden nicht, erſchwert, die Colonien zu beſu-
chen und ſich in ihnen niederzulaſſen. Sie ſtanden
in Frankreich nicht unter einer eigenen Behoͤrde,
ſondern unter dem Marine-Miniſter; und in ihrem
Innern war die Militair- und Civil-Adminiſtration
zwiſchen dem Gouverneur und Intendanten getheilt;
die bey wichtigen Sachen gemeinſchaftlich handelten.
4. Indem aber Colbert dem herrſchenden
Geiſt ſeiner Zeit durch die Colonial-Anlagen hul-
digte, that er es nicht weniger durch die Form, die
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Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/291>, abgerufen am 23.11.2024.
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