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Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847.

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auch beides armer und reicher Leute Kinder mit gleichem Fleiß und
Treue unterrichten mögen.

§. 9. Es soll daher auch zu diesem Zweck jährlich an dem
Michaelis-Sonntage an jedem Orte auf dem Lande und in den
Städten eine sogenannte Schul-Predigt gehalten werden, da man nach
der besten Einsicht eine Materie, welche die christliche Erziehung und
Erbauung der Jugend betrifft, nach Anleitung des Fest-Evangelii
oder eines andern dazu sich schickenden biblischen Textes aus dem
Alten oder Neuen Testament erwählen und der Gemeine faßlich vor-
tragen kann. Nach dieser gehaltenen Predigt sollen auf geschehene
Abkündigung und herzliche Ermahnung des Predigers zum Besten der
Landschulen und insonderheit zum Ankauf der nöthigen Bücher in den
Dorfschulen für arme Schulkinder in den Becken, oder durch den
Klingelbeutel oder nach eines Orts Gewohnheit auf eine andere Weise
ein freiwilliger Beitrag gesammelt werden, welcher denn mit den
ordentlichen Quartal-Collecten-Geldern von den Superintendenten,
Inspectoren, Präpositis und Erz-Priestern gewissenhaft eingeschickt
werden soll. Die Einsendung selbst aber geschieht an das Consistorium
einer jeden Provinz, welches dafür sorgen wird, daß durch die In-
spectoren und Prediger dergleichen freie Bücher angeschafft und mit-
getheilt werden können.

§. 10. Da nun für den nöthigen Unterricht der Kinder bestens
gesorgt wird, so sollen diejenigen Eltern, Vormünder und andere,
denen die Erziehung der Kinder obliegt, welche wider diese heilsame
Verordnung ihre Angehörigen nicht zur Schule schicken, dennoch für
jedes Kind, die gesetzte Zeit über, das gewöhnliche Schulgeld, welches
Vormünder in solchem Fall ihren Pflege-Kindern zu berechnen nicht
befugt sind, den Schulmeistern entrichten, und wenn sie durch ernstliche
Vermahnung des Predigers dazu nicht zu bringen sein, daß sie die
Kinder ordentlich zur Schule halten, so sollen sie dazu durch eines
jeden Ortes Gerichts-Obrigkeit, wenn andere Mittel nicht helfen
wollen, mit der Execution angestrengt werden. Wenn überdies bei
der Schul-Visitation der Visitator in Erfahrung bringen sollte, daß
Eltern ihre Kinder in dem vergangenen Jahre nicht fleißig zur Schule
gehalten, so sollen sie dahin sehen, daß deshalb Sechzehn Groschen
Straf-Gelder zur Schulcasse gegeben werden. Wir befehlen demnach
allen Unsern Beamten und Gerichts-Obrigkeiten ernstlich, auf die erste

auch beides armer und reicher Leute Kinder mit gleichem Fleiß und
Treue unterrichten mögen.

§. 9. Es ſoll daher auch zu dieſem Zweck jährlich an dem
Michaelis-Sonntage an jedem Orte auf dem Lande und in den
Städten eine ſogenannte Schul-Predigt gehalten werden, da man nach
der beſten Einſicht eine Materie, welche die chriſtliche Erziehung und
Erbauung der Jugend betrifft, nach Anleitung des Feſt-Evangelii
oder eines andern dazu ſich ſchickenden bibliſchen Textes aus dem
Alten oder Neuen Teſtament erwählen und der Gemeine faßlich vor-
tragen kann. Nach dieſer gehaltenen Predigt ſollen auf geſchehene
Abkündigung und herzliche Ermahnung des Predigers zum Beſten der
Landſchulen und inſonderheit zum Ankauf der nöthigen Bücher in den
Dorfſchulen für arme Schulkinder in den Becken, oder durch den
Klingelbeutel oder nach eines Orts Gewohnheit auf eine andere Weiſe
ein freiwilliger Beitrag geſammelt werden, welcher denn mit den
ordentlichen Quartal-Collecten-Geldern von den Superintendenten,
Inſpectoren, Präpoſitis und Erz-Prieſtern gewiſſenhaft eingeſchickt
werden ſoll. Die Einſendung ſelbſt aber geſchieht an das Conſiſtorium
einer jeden Provinz, welches dafür ſorgen wird, daß durch die In-
ſpectoren und Prediger dergleichen freie Bücher angeſchafft und mit-
getheilt werden können.

§. 10. Da nun für den nöthigen Unterricht der Kinder beſtens
geſorgt wird, ſo ſollen diejenigen Eltern, Vormünder und andere,
denen die Erziehung der Kinder obliegt, welche wider dieſe heilſame
Verordnung ihre Angehörigen nicht zur Schule ſchicken, dennoch für
jedes Kind, die geſetzte Zeit über, das gewöhnliche Schulgeld, welches
Vormünder in ſolchem Fall ihren Pflege-Kindern zu berechnen nicht
befugt ſind, den Schulmeiſtern entrichten, und wenn ſie durch ernſtliche
Vermahnung des Predigers dazu nicht zu bringen ſein, daß ſie die
Kinder ordentlich zur Schule halten, ſo ſollen ſie dazu durch eines
jeden Ortes Gerichts-Obrigkeit, wenn andere Mittel nicht helfen
wollen, mit der Execution angeſtrengt werden. Wenn überdies bei
der Schul-Viſitation der Viſitator in Erfahrung bringen ſollte, daß
Eltern ihre Kinder in dem vergangenen Jahre nicht fleißig zur Schule
gehalten, ſo ſollen ſie dahin ſehen, daß deshalb Sechzehn Groſchen
Straf-Gelder zur Schulcaſſe gegeben werden. Wir befehlen demnach
allen Unſern Beamten und Gerichts-Obrigkeiten ernſtlich, auf die erſte

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[488/0502] auch beides armer und reicher Leute Kinder mit gleichem Fleiß und Treue unterrichten mögen. §. 9. Es ſoll daher auch zu dieſem Zweck jährlich an dem Michaelis-Sonntage an jedem Orte auf dem Lande und in den Städten eine ſogenannte Schul-Predigt gehalten werden, da man nach der beſten Einſicht eine Materie, welche die chriſtliche Erziehung und Erbauung der Jugend betrifft, nach Anleitung des Feſt-Evangelii oder eines andern dazu ſich ſchickenden bibliſchen Textes aus dem Alten oder Neuen Teſtament erwählen und der Gemeine faßlich vor- tragen kann. Nach dieſer gehaltenen Predigt ſollen auf geſchehene Abkündigung und herzliche Ermahnung des Predigers zum Beſten der Landſchulen und inſonderheit zum Ankauf der nöthigen Bücher in den Dorfſchulen für arme Schulkinder in den Becken, oder durch den Klingelbeutel oder nach eines Orts Gewohnheit auf eine andere Weiſe ein freiwilliger Beitrag geſammelt werden, welcher denn mit den ordentlichen Quartal-Collecten-Geldern von den Superintendenten, Inſpectoren, Präpoſitis und Erz-Prieſtern gewiſſenhaft eingeſchickt werden ſoll. Die Einſendung ſelbſt aber geſchieht an das Conſiſtorium einer jeden Provinz, welches dafür ſorgen wird, daß durch die In- ſpectoren und Prediger dergleichen freie Bücher angeſchafft und mit- getheilt werden können. §. 10. Da nun für den nöthigen Unterricht der Kinder beſtens geſorgt wird, ſo ſollen diejenigen Eltern, Vormünder und andere, denen die Erziehung der Kinder obliegt, welche wider dieſe heilſame Verordnung ihre Angehörigen nicht zur Schule ſchicken, dennoch für jedes Kind, die geſetzte Zeit über, das gewöhnliche Schulgeld, welches Vormünder in ſolchem Fall ihren Pflege-Kindern zu berechnen nicht befugt ſind, den Schulmeiſtern entrichten, und wenn ſie durch ernſtliche Vermahnung des Predigers dazu nicht zu bringen ſein, daß ſie die Kinder ordentlich zur Schule halten, ſo ſollen ſie dazu durch eines jeden Ortes Gerichts-Obrigkeit, wenn andere Mittel nicht helfen wollen, mit der Execution angeſtrengt werden. Wenn überdies bei der Schul-Viſitation der Viſitator in Erfahrung bringen ſollte, daß Eltern ihre Kinder in dem vergangenen Jahre nicht fleißig zur Schule gehalten, ſo ſollen ſie dahin ſehen, daß deshalb Sechzehn Groſchen Straf-Gelder zur Schulcaſſe gegeben werden. Wir befehlen demnach allen Unſern Beamten und Gerichts-Obrigkeiten ernſtlich, auf die erſte

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Zitationshilfe: Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/502>, abgerufen am 27.05.2024.