Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

frühen Verderbtheit und auf die angegebenen Gegenmittel, hier noch
ausdrücklich bemerkt werden, daß das Ministerium nur die Absicht
gehabt hat, einige der allgemeinen Ursachen anzuführen, und wie
solchen begegnet werden müsse, zu zeigen. Welche sonstigen Anlässe
in den Verhältnissen der Oertlichkeit und in speciellen Umständen zu
suchen sind, woher namentlich in gewissen Gegenden diese, in anderen
andere Verbrechen häufig vorkommen und welche Maaßregeln der Ab-
hülfe dagegen angewendet werden müssen, das muß lediglich der Be-
urtheilung einer jeden Königl. Regierung nach den deshalb veranlaßten
Ermittelungen und Nachforschungen überlassen bleiben, und das Ministe-
rium wünscht nur, von den Resultaten, zu welchen dieselbe gelangt
sein wird, so ausführlich wie möglich in Kenntniß gesetzt zu werden.
Unabhängig aber von den bisher erörterten allgemeineren Maaßregeln,
nämlich von der Sorge für die Mittel und Anstalten zur Besserung
und Erziehung der verwahrloseten Kinder und von der Ermittelung
und Hemmung der Quellen des frühen Verderbens, muß nun auch in
jedem einzelnen Falle das Nöthige geschehen, damit neben dem
besonderen Zwecke der Behandlung und Besserung des jedesmaligen
Indivivui auch der allgemeinere, dem Verderben unter der Jugend
überhaupt Einhalt zu thun, möglichst erreicht werden könne. Es
reicht daher nicht hin, für die jungen Verbrecher und Uebertreter
selbst auf zweckmäßige Weise dahin zu sorgen, daß das früher Ver-
säumte möglichst nachgeholt, sie selbst in günstige Verhältnisse unter
redliche Vormünder, zu wohlgesinnten Lehr- oder Dienstherren, oder in
gute Anstalten gebracht und in fortwährender Aufsicht gehalten werden,
sondern es muß auch in jedem einzelnen Falle noch genau nachgeforscht
werden, welcher Schuld etwa Eltern, Pflegeeltern, Vormünder, Ange-
hörige, Dienstherrschaften, Lehrer, Geistliche und Behörden durch Ver-
nachlässigung ihrer Pflichten oder durch Fahrlässigkeit in der Aufsicht
sich theilhaftig gemacht haben, um, wenn sich dergleichen ergiebt, die
Schuldigen zu der ernstlichsten Verantwortung entweder selber zu ziehen,
oder durch die nöthigen Requisitionen ziehen zu lassen. Wie ein solches
Verfahren, wenn es unausgesetzt beobachtet wird, schon durch sich selbst
wirksam sein und die Wachsamkeit verpflichteter Personen, namentlich
der Geistlichen und des Lehrstandes und der Behörden, mindestens um der
Rechenschaft zu entgehen, rege erhalten und mithin schon als Vorbeu-
gungsmittel dienen muß, so giebt auch diese specielle Nachforschung

frühen Verderbtheit und auf die angegebenen Gegenmittel, hier noch
ausdrücklich bemerkt werden, daß das Miniſterium nur die Abſicht
gehabt hat, einige der allgemeinen Urſachen anzuführen, und wie
ſolchen begegnet werden müſſe, zu zeigen. Welche ſonſtigen Anläſſe
in den Verhältniſſen der Oertlichkeit und in ſpeciellen Umſtänden zu
ſuchen ſind, woher namentlich in gewiſſen Gegenden dieſe, in anderen
andere Verbrechen häufig vorkommen und welche Maaßregeln der Ab-
hülfe dagegen angewendet werden müſſen, das muß lediglich der Be-
urtheilung einer jeden Königl. Regierung nach den deshalb veranlaßten
Ermittelungen und Nachforſchungen überlaſſen bleiben, und das Miniſte-
rium wünſcht nur, von den Reſultaten, zu welchen dieſelbe gelangt
ſein wird, ſo ausführlich wie möglich in Kenntniß geſetzt zu werden.
Unabhängig aber von den bisher erörterten allgemeineren Maaßregeln,
nämlich von der Sorge für die Mittel und Anſtalten zur Beſſerung
und Erziehung der verwahrloſeten Kinder und von der Ermittelung
und Hemmung der Quellen des frühen Verderbens, muß nun auch in
jedem einzelnen Falle das Nöthige geſchehen, damit neben dem
beſonderen Zwecke der Behandlung und Beſſerung des jedesmaligen
Indivivui auch der allgemeinere, dem Verderben unter der Jugend
überhaupt Einhalt zu thun, möglichſt erreicht werden könne. Es
reicht daher nicht hin, für die jungen Verbrecher und Uebertreter
ſelbſt auf zweckmäßige Weiſe dahin zu ſorgen, daß das früher Ver-
ſäumte möglichſt nachgeholt, ſie ſelbſt in günſtige Verhältniſſe unter
redliche Vormünder, zu wohlgeſinnten Lehr- oder Dienſtherren, oder in
gute Anſtalten gebracht und in fortwährender Aufſicht gehalten werden,
ſondern es muß auch in jedem einzelnen Falle noch genau nachgeforſcht
werden, welcher Schuld etwa Eltern, Pflegeeltern, Vormünder, Ange-
hörige, Dienſtherrſchaften, Lehrer, Geiſtliche und Behörden durch Ver-
nachläſſigung ihrer Pflichten oder durch Fahrläſſigkeit in der Aufſicht
ſich theilhaftig gemacht haben, um, wenn ſich dergleichen ergiebt, die
Schuldigen zu der ernſtlichſten Verantwortung entweder ſelber zu ziehen,
oder durch die nöthigen Requiſitionen ziehen zu laſſen. Wie ein ſolches
Verfahren, wenn es unausgeſetzt beobachtet wird, ſchon durch ſich ſelbſt
wirkſam ſein und die Wachſamkeit verpflichteter Perſonen, namentlich
der Geiſtlichen und des Lehrſtandes und der Behörden, mindeſtens um der
Rechenſchaft zu entgehen, rege erhalten und mithin ſchon als Vorbeu-
gungsmittel dienen muß, ſo giebt auch dieſe ſpecielle Nachforſchung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0286" n="272"/>
frühen Verderbtheit und auf die angegebenen Gegenmittel, hier noch<lb/>
ausdrücklich bemerkt werden, daß das Mini&#x017F;terium nur die Ab&#x017F;icht<lb/>
gehabt hat, <hi rendition="#g">einige</hi> der allgemeinen Ur&#x017F;achen anzuführen, und wie<lb/>
&#x017F;olchen begegnet werden mü&#x017F;&#x017F;e, zu zeigen. Welche &#x017F;on&#x017F;tigen Anlä&#x017F;&#x017F;e<lb/>
in den Verhältni&#x017F;&#x017F;en der Oertlichkeit und in &#x017F;peciellen Um&#x017F;tänden zu<lb/>
&#x017F;uchen &#x017F;ind, woher namentlich in gewi&#x017F;&#x017F;en Gegenden die&#x017F;e, in anderen<lb/>
andere Verbrechen häufig vorkommen und welche Maaßregeln der Ab-<lb/>
hülfe dagegen angewendet werden mü&#x017F;&#x017F;en, das muß lediglich der Be-<lb/>
urtheilung einer jeden Königl. Regierung nach den deshalb veranlaßten<lb/>
Ermittelungen und Nachfor&#x017F;chungen überla&#x017F;&#x017F;en bleiben, und das Mini&#x017F;te-<lb/>
rium wün&#x017F;cht nur, von den Re&#x017F;ultaten, zu welchen die&#x017F;elbe gelangt<lb/>
&#x017F;ein wird, &#x017F;o ausführlich wie möglich in Kenntniß ge&#x017F;etzt zu werden.<lb/>
Unabhängig aber von den bisher erörterten allgemeineren Maaßregeln,<lb/>
nämlich von der Sorge für die Mittel und An&#x017F;talten zur Be&#x017F;&#x017F;erung<lb/>
und Erziehung der verwahrlo&#x017F;eten Kinder und von der Ermittelung<lb/>
und Hemmung der Quellen des frühen Verderbens, muß nun auch in<lb/>
jedem <hi rendition="#g">einzelnen</hi> Falle das Nöthige ge&#x017F;chehen, damit neben dem<lb/>
be&#x017F;onderen Zwecke der Behandlung und Be&#x017F;&#x017F;erung des jedesmaligen<lb/>
Indivivui auch der allgemeinere, dem Verderben unter der Jugend<lb/>
überhaupt Einhalt zu thun, möglich&#x017F;t erreicht werden könne. Es<lb/>
reicht daher nicht hin, für die jungen Verbrecher und Uebertreter<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t auf zweckmäßige Wei&#x017F;e dahin zu &#x017F;orgen, daß das früher Ver-<lb/>
&#x017F;äumte möglich&#x017F;t nachgeholt, &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t in gün&#x017F;tige Verhältni&#x017F;&#x017F;e unter<lb/>
redliche Vormünder, zu wohlge&#x017F;innten Lehr- oder Dien&#x017F;therren, oder in<lb/>
gute An&#x017F;talten gebracht und in fortwährender Auf&#x017F;icht gehalten werden,<lb/>
&#x017F;ondern es muß auch in jedem einzelnen Falle noch genau nachgefor&#x017F;cht<lb/>
werden, welcher Schuld etwa Eltern, Pflegeeltern, Vormünder, Ange-<lb/>
hörige, Dien&#x017F;therr&#x017F;chaften, Lehrer, Gei&#x017F;tliche und Behörden durch Ver-<lb/>
nachlä&#x017F;&#x017F;igung ihrer Pflichten oder durch Fahrlä&#x017F;&#x017F;igkeit in der Auf&#x017F;icht<lb/>
&#x017F;ich theilhaftig gemacht haben, um, wenn &#x017F;ich dergleichen ergiebt, die<lb/>
Schuldigen zu der ern&#x017F;tlich&#x017F;ten Verantwortung entweder &#x017F;elber zu ziehen,<lb/>
oder durch die nöthigen Requi&#x017F;itionen ziehen zu la&#x017F;&#x017F;en. Wie ein &#x017F;olches<lb/>
Verfahren, wenn es unausge&#x017F;etzt beobachtet wird, &#x017F;chon durch &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
wirk&#x017F;am &#x017F;ein und die Wach&#x017F;amkeit verpflichteter Per&#x017F;onen, namentlich<lb/>
der Gei&#x017F;tlichen und des Lehr&#x017F;tandes und der Behörden, minde&#x017F;tens um der<lb/>
Rechen&#x017F;chaft zu entgehen, rege erhalten und mithin &#x017F;chon als Vorbeu-<lb/>
gungsmittel dienen muß, &#x017F;o giebt auch die&#x017F;e &#x017F;pecielle Nachfor&#x017F;chung<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[272/0286] frühen Verderbtheit und auf die angegebenen Gegenmittel, hier noch ausdrücklich bemerkt werden, daß das Miniſterium nur die Abſicht gehabt hat, einige der allgemeinen Urſachen anzuführen, und wie ſolchen begegnet werden müſſe, zu zeigen. Welche ſonſtigen Anläſſe in den Verhältniſſen der Oertlichkeit und in ſpeciellen Umſtänden zu ſuchen ſind, woher namentlich in gewiſſen Gegenden dieſe, in anderen andere Verbrechen häufig vorkommen und welche Maaßregeln der Ab- hülfe dagegen angewendet werden müſſen, das muß lediglich der Be- urtheilung einer jeden Königl. Regierung nach den deshalb veranlaßten Ermittelungen und Nachforſchungen überlaſſen bleiben, und das Miniſte- rium wünſcht nur, von den Reſultaten, zu welchen dieſelbe gelangt ſein wird, ſo ausführlich wie möglich in Kenntniß geſetzt zu werden. Unabhängig aber von den bisher erörterten allgemeineren Maaßregeln, nämlich von der Sorge für die Mittel und Anſtalten zur Beſſerung und Erziehung der verwahrloſeten Kinder und von der Ermittelung und Hemmung der Quellen des frühen Verderbens, muß nun auch in jedem einzelnen Falle das Nöthige geſchehen, damit neben dem beſonderen Zwecke der Behandlung und Beſſerung des jedesmaligen Indivivui auch der allgemeinere, dem Verderben unter der Jugend überhaupt Einhalt zu thun, möglichſt erreicht werden könne. Es reicht daher nicht hin, für die jungen Verbrecher und Uebertreter ſelbſt auf zweckmäßige Weiſe dahin zu ſorgen, daß das früher Ver- ſäumte möglichſt nachgeholt, ſie ſelbſt in günſtige Verhältniſſe unter redliche Vormünder, zu wohlgeſinnten Lehr- oder Dienſtherren, oder in gute Anſtalten gebracht und in fortwährender Aufſicht gehalten werden, ſondern es muß auch in jedem einzelnen Falle noch genau nachgeforſcht werden, welcher Schuld etwa Eltern, Pflegeeltern, Vormünder, Ange- hörige, Dienſtherrſchaften, Lehrer, Geiſtliche und Behörden durch Ver- nachläſſigung ihrer Pflichten oder durch Fahrläſſigkeit in der Aufſicht ſich theilhaftig gemacht haben, um, wenn ſich dergleichen ergiebt, die Schuldigen zu der ernſtlichſten Verantwortung entweder ſelber zu ziehen, oder durch die nöthigen Requiſitionen ziehen zu laſſen. Wie ein ſolches Verfahren, wenn es unausgeſetzt beobachtet wird, ſchon durch ſich ſelbſt wirkſam ſein und die Wachſamkeit verpflichteter Perſonen, namentlich der Geiſtlichen und des Lehrſtandes und der Behörden, mindeſtens um der Rechenſchaft zu entgehen, rege erhalten und mithin ſchon als Vorbeu- gungsmittel dienen muß, ſo giebt auch dieſe ſpecielle Nachforſchung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/286
Zitationshilfe: Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/286>, abgerufen am 18.05.2024.