und Persönlichkeiten Angemessenste veranlassen und den gegebenen An- deutungen gemäß die Vermehrung der Besserungs-Anstalten und ihre erforderliche Einrichtung sich mit besonderem Eifer gern angelegen sein lassen werden. Außer und neben der Sorge für die Mittel zur Besse- rung und Erziehung verwahrloseter und gefallener Kinder muß aber auch eine gleiche Aufmerksamkeit darauf gerichtet werden, daß die Quellen der Verwilderung und des Verderbens unter der Jugend er- forscht und verstopft werden. Nach den, dem Ministerio vorliegenden Erfahrungen und Notizen haben diese frühen traurigen Verirrungen vornehmlich in folgenden Umständen und Anlässen ihren Ursprung: 1) In dem Unglücke der unehelichen Geburt, wodurch die Kinder der strengeren väterlichen Aufsicht und Erziehung beraubt, einer leicht- sinnigen oder unverständigen Mutter überlassen, der Armuth und oft- mals der Verachtung hingegeben sind, und daher leichter verwildern und verderben; -- 2) in den schlechten Beispielen der Eltern, die durch Wort und That ihre Kinder zum Bösen reizen, und oft zu wirklichen Verbrechen anleiten; -- 3) in Vernachlässigung des Schul- und besonders des Religions-Unterrichts, welche hier und da in der schlechten Beschaffenheit der Schule und des Unter- richts, so wie in der Sorglosigkeit der Lehrer und Geistlichen, häufiger aber in Verwahrlosung und üblem Willen der Eltern und Angehörigen ihren Grund hat; aber auch nicht selten durch -- 4) vagabundi- rende Lebensweise bewirkt wird, wobei kein ordentlicher Unter- richt in Schule und Kirche Statt finden und controllirt werden kann, daneben schlechte Beispiele in den Bettlerherbergen gesehen werden und zu einer geregelten Thätigkeit alle Gelegenheit und Ermunterung fehlt; -- 5) in dem frühen Hingeben der Kinder zu Diensten, besonders Hirtendiensten, wo entweder im Hause verdorbenes erwachsenes Gesinde und dessen Sittenlosigkeit, oder auf dem Felde die Langeweile und Verführung zur Verletzung der Unschuld, zu groben fleischlichen und andern Lastern und Verbrechen hinziehen, und der Unterricht, wenn auch nicht ganz, doch größtentheils, wenigstens zur Sommer- und Herbstzeit versäumt wird. Gleicherweise gehört hierhin das Aus- thun der Kinder zu Fabrikarbeiten, wobei nicht nur alle die Nachtheile zu besorgen sind, die das Zusammensein mit rohen und sittenlosen Erwachsenen, so wie die Versäumniß der Schule mit sich führt, sondern auch der Gesundheit des Leibes oft unwiederbringlicher
und Perſönlichkeiten Angemeſſenſte veranlaſſen und den gegebenen An- deutungen gemäß die Vermehrung der Beſſerungs-Anſtalten und ihre erforderliche Einrichtung ſich mit beſonderem Eifer gern angelegen ſein laſſen werden. Außer und neben der Sorge für die Mittel zur Beſſe- rung und Erziehung verwahrloſeter und gefallener Kinder muß aber auch eine gleiche Aufmerkſamkeit darauf gerichtet werden, daß die Quellen der Verwilderung und des Verderbens unter der Jugend er- forſcht und verſtopft werden. Nach den, dem Miniſterio vorliegenden Erfahrungen und Notizen haben dieſe frühen traurigen Verirrungen vornehmlich in folgenden Umſtänden und Anläſſen ihren Urſprung: 1) In dem Unglücke der unehelichen Geburt, wodurch die Kinder der ſtrengeren väterlichen Aufſicht und Erziehung beraubt, einer leicht- ſinnigen oder unverſtändigen Mutter überlaſſen, der Armuth und oft- mals der Verachtung hingegeben ſind, und daher leichter verwildern und verderben; — 2) in den ſchlechten Beiſpielen der Eltern, die durch Wort und That ihre Kinder zum Böſen reizen, und oft zu wirklichen Verbrechen anleiten; — 3) in Vernachläſſigung des Schul- und beſonders des Religions-Unterrichts, welche hier und da in der ſchlechten Beſchaffenheit der Schule und des Unter- richts, ſo wie in der Sorgloſigkeit der Lehrer und Geiſtlichen, häufiger aber in Verwahrloſung und üblem Willen der Eltern und Angehörigen ihren Grund hat; aber auch nicht ſelten durch — 4) vagabundi- rende Lebensweiſe bewirkt wird, wobei kein ordentlicher Unter- richt in Schule und Kirche Statt finden und controllirt werden kann, daneben ſchlechte Beiſpiele in den Bettlerherbergen geſehen werden und zu einer geregelten Thätigkeit alle Gelegenheit und Ermunterung fehlt; — 5) in dem frühen Hingeben der Kinder zu Dienſten, beſonders Hirtendienſten, wo entweder im Hauſe verdorbenes erwachſenes Geſinde und deſſen Sittenloſigkeit, oder auf dem Felde die Langeweile und Verführung zur Verletzung der Unſchuld, zu groben fleiſchlichen und andern Laſtern und Verbrechen hinziehen, und der Unterricht, wenn auch nicht ganz, doch größtentheils, wenigſtens zur Sommer- und Herbſtzeit verſäumt wird. Gleicherweiſe gehört hierhin das Aus- thun der Kinder zu Fabrikarbeiten, wobei nicht nur alle die Nachtheile zu beſorgen ſind, die das Zuſammenſein mit rohen und ſittenloſen Erwachſenen, ſo wie die Verſäumniß der Schule mit ſich führt, ſondern auch der Geſundheit des Leibes oft unwiederbringlicher
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und Perſönlichkeiten Angemeſſenſte veranlaſſen und den gegebenen An-
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laſſen werden. Außer und neben der Sorge für die Mittel zur Beſſe-
rung und Erziehung verwahrloſeter und gefallener Kinder muß aber
auch eine gleiche Aufmerkſamkeit darauf gerichtet werden, daß die
Quellen der Verwilderung und des Verderbens unter der Jugend er-
forſcht und verſtopft werden. Nach den, dem Miniſterio vorliegenden
Erfahrungen und Notizen haben dieſe frühen traurigen Verirrungen
vornehmlich in folgenden Umſtänden und Anläſſen ihren Urſprung:
1) In dem Unglücke der unehelichen Geburt, wodurch die Kinder
der ſtrengeren väterlichen Aufſicht und Erziehung beraubt, einer leicht-
ſinnigen oder unverſtändigen Mutter überlaſſen, der Armuth und oft-
mals der Verachtung hingegeben ſind, und daher leichter verwildern
und verderben; — 2) in den ſchlechten Beiſpielen der Eltern,
die durch Wort und That ihre Kinder zum Böſen reizen, und oft zu
wirklichen Verbrechen anleiten; — 3) in Vernachläſſigung des
Schul- und beſonders des Religions-Unterrichts, welche
hier und da in der ſchlechten Beſchaffenheit der Schule und des Unter-
richts, ſo wie in der Sorgloſigkeit der Lehrer und Geiſtlichen, häufiger
aber in Verwahrloſung und üblem Willen der Eltern und Angehörigen
ihren Grund hat; aber auch nicht ſelten durch — 4) vagabundi-
rende Lebensweiſe bewirkt wird, wobei kein ordentlicher Unter-
richt in Schule und Kirche Statt finden und controllirt werden kann,
daneben ſchlechte Beiſpiele in den Bettlerherbergen geſehen werden und
zu einer geregelten Thätigkeit alle Gelegenheit und Ermunterung fehlt;
— 5) in dem frühen Hingeben der Kinder zu Dienſten, beſonders
Hirtendienſten, wo entweder im Hauſe verdorbenes erwachſenes
Geſinde und deſſen Sittenloſigkeit, oder auf dem Felde die Langeweile
und Verführung zur Verletzung der Unſchuld, zu groben fleiſchlichen
und andern Laſtern und Verbrechen hinziehen, und der Unterricht,
wenn auch nicht ganz, doch größtentheils, wenigſtens zur Sommer-
und Herbſtzeit verſäumt wird. Gleicherweiſe gehört hierhin das Aus-
thun der Kinder zu Fabrikarbeiten, wobei nicht nur alle die
Nachtheile zu beſorgen ſind, die das Zuſammenſein mit rohen und
ſittenloſen Erwachſenen, ſo wie die Verſäumniß der Schule mit ſich
führt, ſondern auch der Geſundheit des Leibes oft unwiederbringlicher
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Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/282>, abgerufen am 22.11.2024.
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