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Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847.

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Sünde zu benehmen, sie so nach und nach davon zu entwöhnen, und
sie dagegen erst in einigen Stücken zur Ordnung und Gesetzmäßigkeit
anzuhalten. Hat man es so weit gebracht, dann darf man mit den
Anforderungen steigen, sie zur Pflichterfüllung bestimmter antreiben,
diese ihnen lieb zu machen suchen, ihnen Freude am Gelingen ein-
flößen, Muth und Vertrauen in ihnen erwecken, und so die Fähigkeit
des guten Entschlusses wieder in ihnen hervorrufen. Dann erst ist es
Zeit, sie auf eine Vergleichung ihres gegenwärtigen Zustandes mit
dem früheren hinzuleiten, oder vielmehr sie werden von selbst dahin
geführt werden; und nun kann auch die wahre Reue erst zum Vor-
schein kommen, diejenige, welche ächte Früchte der Buße trägt und
welcher auch der Trost der Versöhnung und die Gewißheit der Wieder-
herstellung nicht fehlt. Wer es aber umgekehrt anfangen, und gleich
Reue und Zerknirschung verlangen, wer wohl gar statt der Milde
und Nachsicht, deren Verirrte so sehr bedürfen, Ungeduld und Strenge
beweisen und durch äußere Gewalt erzwingen wollte, was doch nur
aus innerer Freiheit entspringen kann, der würde das Uebel nur ärger
machen und zu den vorhandenen Untugenden noch die größte hinzu-
fügen, nämlich Heuchelei der Frömmigkeit. Und hier ist eine große
Gefahr vorhanden und die sorgfältigste Wachsamkeit nöthig, wie dies
durch die Geschichte mancher älteren Anstalt und durch neuere Erfah-
rungen hinlänglich bewiesen wird. Das Ministerium kann nicht drin-
gend genug die Aufmerksamkeit der Königl. Regierungen auf diesen
Gegenstand lenken, und ihnen nicht blos genaue Aufsicht auf die Be-
handlungsart in denjenigen Besserungs-, Erziehungs- und Waisen-
häusern zur Pflicht machen, die ihrer Obhut anvertraut sind, sondern
auch empfehlen, in dieser Hinsicht auf die etwa von Privat-Personen
oder Vereinen gestifteten oder noch zu stiftenden Anstalten denjenigen
Einfluß auszuüben, welcher, ohne die selbstständige Wirksamkeit jener
Personen zu beschränken, oder ihren wohlgemeinten Eifer zu lähmen,
durch Antheil, Rath, Fürsorge und Förderung irgend gewonnen werden
kann. Wo es aber an dergleichen Anstalten überall noch fehlen sollte,
oder wo eine unzweckmäßige und nachtheilige allzu genaue Verbindung
mit den Strafanstalten für Erwachsene Statt finden möchte, oder wo
Waisenhäuser ohne Verletzung der Absicht ihrer Stiftung für die wohl-
thätigen Zwecke eingerichtet werden können, da erwartet das Ministe-
rium, daß die Königl. Regierungen das nach Zeit, Ort, Umständen

Sünde zu benehmen, ſie ſo nach und nach davon zu entwöhnen, und
ſie dagegen erſt in einigen Stücken zur Ordnung und Geſetzmäßigkeit
anzuhalten. Hat man es ſo weit gebracht, dann darf man mit den
Anforderungen ſteigen, ſie zur Pflichterfüllung beſtimmter antreiben,
dieſe ihnen lieb zu machen ſuchen, ihnen Freude am Gelingen ein-
flößen, Muth und Vertrauen in ihnen erwecken, und ſo die Fähigkeit
des guten Entſchluſſes wieder in ihnen hervorrufen. Dann erſt iſt es
Zeit, ſie auf eine Vergleichung ihres gegenwärtigen Zuſtandes mit
dem früheren hinzuleiten, oder vielmehr ſie werden von ſelbſt dahin
geführt werden; und nun kann auch die wahre Reue erſt zum Vor-
ſchein kommen, diejenige, welche ächte Früchte der Buße trägt und
welcher auch der Troſt der Verſöhnung und die Gewißheit der Wieder-
herſtellung nicht fehlt. Wer es aber umgekehrt anfangen, und gleich
Reue und Zerknirſchung verlangen, wer wohl gar ſtatt der Milde
und Nachſicht, deren Verirrte ſo ſehr bedürfen, Ungeduld und Strenge
beweiſen und durch äußere Gewalt erzwingen wollte, was doch nur
aus innerer Freiheit entſpringen kann, der würde das Uebel nur ärger
machen und zu den vorhandenen Untugenden noch die größte hinzu-
fügen, nämlich Heuchelei der Frömmigkeit. Und hier iſt eine große
Gefahr vorhanden und die ſorgfältigſte Wachſamkeit nöthig, wie dies
durch die Geſchichte mancher älteren Anſtalt und durch neuere Erfah-
rungen hinlänglich bewieſen wird. Das Miniſterium kann nicht drin-
gend genug die Aufmerkſamkeit der Königl. Regierungen auf dieſen
Gegenſtand lenken, und ihnen nicht blos genaue Aufſicht auf die Be-
handlungsart in denjenigen Beſſerungs-, Erziehungs- und Waiſen-
häuſern zur Pflicht machen, die ihrer Obhut anvertraut ſind, ſondern
auch empfehlen, in dieſer Hinſicht auf die etwa von Privat-Perſonen
oder Vereinen geſtifteten oder noch zu ſtiftenden Anſtalten denjenigen
Einfluß auszuüben, welcher, ohne die ſelbſtſtändige Wirkſamkeit jener
Perſonen zu beſchränken, oder ihren wohlgemeinten Eifer zu lähmen,
durch Antheil, Rath, Fürſorge und Förderung irgend gewonnen werden
kann. Wo es aber an dergleichen Anſtalten überall noch fehlen ſollte,
oder wo eine unzweckmäßige und nachtheilige allzu genaue Verbindung
mit den Strafanſtalten für Erwachſene Statt finden möchte, oder wo
Waiſenhäuſer ohne Verletzung der Abſicht ihrer Stiftung für die wohl-
thätigen Zwecke eingerichtet werden können, da erwartet das Miniſte-
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[267/0281] Sünde zu benehmen, ſie ſo nach und nach davon zu entwöhnen, und ſie dagegen erſt in einigen Stücken zur Ordnung und Geſetzmäßigkeit anzuhalten. Hat man es ſo weit gebracht, dann darf man mit den Anforderungen ſteigen, ſie zur Pflichterfüllung beſtimmter antreiben, dieſe ihnen lieb zu machen ſuchen, ihnen Freude am Gelingen ein- flößen, Muth und Vertrauen in ihnen erwecken, und ſo die Fähigkeit des guten Entſchluſſes wieder in ihnen hervorrufen. Dann erſt iſt es Zeit, ſie auf eine Vergleichung ihres gegenwärtigen Zuſtandes mit dem früheren hinzuleiten, oder vielmehr ſie werden von ſelbſt dahin geführt werden; und nun kann auch die wahre Reue erſt zum Vor- ſchein kommen, diejenige, welche ächte Früchte der Buße trägt und welcher auch der Troſt der Verſöhnung und die Gewißheit der Wieder- herſtellung nicht fehlt. Wer es aber umgekehrt anfangen, und gleich Reue und Zerknirſchung verlangen, wer wohl gar ſtatt der Milde und Nachſicht, deren Verirrte ſo ſehr bedürfen, Ungeduld und Strenge beweiſen und durch äußere Gewalt erzwingen wollte, was doch nur aus innerer Freiheit entſpringen kann, der würde das Uebel nur ärger machen und zu den vorhandenen Untugenden noch die größte hinzu- fügen, nämlich Heuchelei der Frömmigkeit. Und hier iſt eine große Gefahr vorhanden und die ſorgfältigſte Wachſamkeit nöthig, wie dies durch die Geſchichte mancher älteren Anſtalt und durch neuere Erfah- rungen hinlänglich bewieſen wird. Das Miniſterium kann nicht drin- gend genug die Aufmerkſamkeit der Königl. Regierungen auf dieſen Gegenſtand lenken, und ihnen nicht blos genaue Aufſicht auf die Be- handlungsart in denjenigen Beſſerungs-, Erziehungs- und Waiſen- häuſern zur Pflicht machen, die ihrer Obhut anvertraut ſind, ſondern auch empfehlen, in dieſer Hinſicht auf die etwa von Privat-Perſonen oder Vereinen geſtifteten oder noch zu ſtiftenden Anſtalten denjenigen Einfluß auszuüben, welcher, ohne die ſelbſtſtändige Wirkſamkeit jener Perſonen zu beſchränken, oder ihren wohlgemeinten Eifer zu lähmen, durch Antheil, Rath, Fürſorge und Förderung irgend gewonnen werden kann. Wo es aber an dergleichen Anſtalten überall noch fehlen ſollte, oder wo eine unzweckmäßige und nachtheilige allzu genaue Verbindung mit den Strafanſtalten für Erwachſene Statt finden möchte, oder wo Waiſenhäuſer ohne Verletzung der Abſicht ihrer Stiftung für die wohl- thätigen Zwecke eingerichtet werden können, da erwartet das Miniſte- rium, daß die Königl. Regierungen das nach Zeit, Ort, Umſtänden

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Zitationshilfe: Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/281>, abgerufen am 22.11.2024.