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Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844.

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Klara.
(für sich) Mir ist, als wär' ich auf einmal tausend
Jahr alt geworden, und nun stünde die Zeit über
mir still, ich kann nicht zurück und auch nicht vor-
wärts. O, dieser festgenagelte Sonnenschein und all
die Heiterkeit um mich her!
Secretair.
Du antwortest mir nicht. Freilich, das vergaß
ich, Du bist Braut! O Mädchen, warum hast Du
mir das gethan! Und doch -- habe ich ein Recht,
mich zu beklagen? Sie ist, wie alles Liebe und Gute,
alles Liebe und Gute hätte mich an sie erinnern sollen,
dennoch war sie Jahrelang für mich, wie nicht mehr
in der Welt. Dafür hat sie -- Wär's nur wenig-
stens ein Kerl, vor dem man die Augen niederschlagen
müßte! Aber dieser Leonhard --
Klara.
(plötzlich, wie sie den Namen hört) Ich muß zu ihm --
Das ist's ja, ich bin nicht mehr die Schwester eines
Diebes -- o Gott, was will ich denn noch? Leon-
hard wird und muß -- Er braucht ja bloß kein
Hebbel's Maria Magdalena. 6
Klara.
(für ſich) Mir iſt, als wär’ ich auf einmal tauſend
Jahr alt geworden, und nun ſtünde die Zeit über
mir ſtill, ich kann nicht zurück und auch nicht vor-
wärts. O, dieſer feſtgenagelte Sonnenſchein und all
die Heiterkeit um mich her!
Secretair.
Du antworteſt mir nicht. Freilich, das vergaß
ich, Du biſt Braut! O Mädchen, warum haſt Du
mir das gethan! Und doch — habe ich ein Recht,
mich zu beklagen? Sie iſt, wie alles Liebe und Gute,
alles Liebe und Gute hätte mich an ſie erinnern ſollen,
dennoch war ſie Jahrelang für mich, wie nicht mehr
in der Welt. Dafür hat ſie — Wär’s nur wenig-
ſtens ein Kerl, vor dem man die Augen niederſchlagen
müßte! Aber dieſer Leonhard —
Klara.
(plötzlich, wie ſie den Namen hört) Ich muß zu ihm —
Das iſt’s ja, ich bin nicht mehr die Schweſter eines
Diebes — o Gott, was will ich denn noch? Leon-
hard wird und muß — Er braucht ja bloß kein
Hebbel’s Maria Magdalena. 6
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[81/0149] Klara. (für ſich) Mir iſt, als wär’ ich auf einmal tauſend Jahr alt geworden, und nun ſtünde die Zeit über mir ſtill, ich kann nicht zurück und auch nicht vor- wärts. O, dieſer feſtgenagelte Sonnenſchein und all die Heiterkeit um mich her! Secretair. Du antworteſt mir nicht. Freilich, das vergaß ich, Du biſt Braut! O Mädchen, warum haſt Du mir das gethan! Und doch — habe ich ein Recht, mich zu beklagen? Sie iſt, wie alles Liebe und Gute, alles Liebe und Gute hätte mich an ſie erinnern ſollen, dennoch war ſie Jahrelang für mich, wie nicht mehr in der Welt. Dafür hat ſie — Wär’s nur wenig- ſtens ein Kerl, vor dem man die Augen niederſchlagen müßte! Aber dieſer Leonhard — Klara. (plötzlich, wie ſie den Namen hört) Ich muß zu ihm — Das iſt’s ja, ich bin nicht mehr die Schweſter eines Diebes — o Gott, was will ich denn noch? Leon- hard wird und muß — Er braucht ja bloß kein Hebbel’s Maria Magdalena. 6

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Zitationshilfe: Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844/149>, abgerufen am 24.11.2024.