Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889. Loth. Könnte ich vielleicht lieber ein Glas Milch bekommen? Hoffmann. Mit dem größten Vergnügen. Helene. Eduard! Miele soll frisch einmelken. Hoffmann (schält ein Ei ab). Milch -- brrr! mich schüttelt's. (Salz und Pfeffer nehmend) Sag mal, Loth, was führt Dich eigentlich in unsre Gegend? Ich hab bisher ganz vergessen, Dich danach zu fragen. Loth (bestreicht eine Semmel mit Butter). Ich möchte die hiesigen Verhältnisse studiren. Hoffmann (mit einem Aufblick). Bitte....?....was für Verhältnisse? Loth. Präcise gesprochen: Ich will die Lage der hiesigen Bergleute studiren. Hoffmann. Ach, die ist im Allgemeinen doch eine sehr gute. Loth. Glaubst Du? -- Das wäre ja übrigens recht schön....Doch eh' ich's vergesse: Du mußt mir dabei einen Dienst leisten. Du kannst Dich um die Volkswirthschaft sehr verdient machen, wenn..... Hoffmann. Ich? i! wieso ich? Loth. Nun, Du hast doch den Verschleiß der hiesigen Gruben? Hoffmann. Ja! und was dann? Loth. Dann wird es Dir auch ein Leichtes sein, mir die Erlaubniß zur Besichtigung der Gruben auszu- wirken. Das heißt: ich will mindestens vier Wochen lang täglich einfahren, damit ich den Betrieb einiger- maßen kennen lerne. Hoffmann (leichthin). Was Du da unten zu sehen bekommst, willst Du dann wohl schildern? Loth. Ja. Meine Arbeit soll vorzugsweise eine descriptive werden. Hoffmann. Das thut mir nun wirklich leid, mit der Sache habe ich gar nichts zu thun. -- Du willst blos über die Bergleute schreiben, wie? Loth. Könnte ich vielleicht lieber ein Glas Milch bekommen? Hoffmann. Mit dem größten Vergnügen. Helene. Eduard! Miele ſoll friſch einmelken. Hoffmann (ſchält ein Ei ab). Milch — brrr! mich ſchüttelt's. (Salz und Pfeffer nehmend) Sag mal, Loth, was führt Dich eigentlich in unſre Gegend? Ich hab bisher ganz vergeſſen, Dich danach zu fragen. Loth (beſtreicht eine Semmel mit Butter). Ich möchte die hieſigen Verhältniſſe ſtudiren. Hoffmann (mit einem Aufblick). Bitte....?....was für Verhältniſſe? Loth. Präciſe geſprochen: Ich will die Lage der hieſigen Bergleute ſtudiren. Hoffmann. Ach, die iſt im Allgemeinen doch eine ſehr gute. Loth. Glaubſt Du? — Das wäre ja übrigens recht ſchön....Doch eh' ich's vergeſſe: Du mußt mir dabei einen Dienſt leiſten. Du kannſt Dich um die Volkswirthſchaft ſehr verdient machen, wenn..... Hoffmann. Ich? i! wieſo ich? Loth. Nun, Du haſt doch den Verſchleiß der hieſigen Gruben? Hoffmann. Ja! und was dann? Loth. Dann wird es Dir auch ein Leichtes ſein, mir die Erlaubniß zur Beſichtigung der Gruben auszu- wirken. Das heißt: ich will mindeſtens vier Wochen lang täglich einfahren, damit ich den Betrieb einiger- maßen kennen lerne. Hoffmann (leichthin). Was Du da unten zu ſehen bekommſt, willſt Du dann wohl ſchildern? Loth. Ja. Meine Arbeit ſoll vorzugsweiſe eine deſcriptive werden. Hoffmann. 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für Verhältniſſe?
Loth. Präciſe geſprochen: Ich will die Lage der
hieſigen Bergleute ſtudiren.
Hoffmann. Ach, die iſt im Allgemeinen doch
eine ſehr gute.
Loth. Glaubſt Du? — Das wäre ja übrigens
recht ſchön....Doch eh' ich's vergeſſe: Du mußt mir
dabei einen Dienſt leiſten. Du kannſt Dich um die
Volkswirthſchaft ſehr verdient machen, wenn.....
Hoffmann. Ich? i! wieſo ich?
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hieſigen Gruben?
Hoffmann. Ja! und was dann?
Loth. Dann wird es Dir auch ein Leichtes ſein,
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wirken. Das heißt: ich will mindeſtens vier Wochen
lang täglich einfahren, damit ich den Betrieb einiger-
maßen kennen lerne.
Hoffmann (leichthin). Was Du da unten zu ſehen
bekommſt, willſt Du dann wohl ſchildern?
Loth. Ja. Meine Arbeit ſoll vorzugsweiſe eine
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Hoffmann. Das thut mir nun wirklich leid,
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Zitationshilfe: | Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_sonnenaufgang_1889/67>, abgerufen am 16.02.2025. |