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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827.

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Herz zugethan schon seit zweihundert Herbsten,
und daß ich dich carressire vor allen andern.
Sag an, wann wollen wir endlich feiern das
Beilager?"

"Ach, Ihr loser Schalk," antwortete die
alte Jungfrau und wandte sich erröthend von
ihm ab. "Man kann ja nicht neben Euch
sitzen eine Viertelstunde, ohne daß Ihr anfan¬
get mit Euren Carressen. Und ein ehrbares
Mädchen muß sich ja schämen, wenn man
Euch nur ansieht. Was laufet Ihr denn fast
nackt im Keller? Hättet wohl ein Paar Bein¬
kleider entlehnen können auf heute. Da Bal¬
thasar, rief sie, indem sie ihre weiße Schürze
abband, lege dem Herrn diese Schürze um,
es ist gar zu unanständig!"

"Wenn Du mir einen Kuß gibst, Rös¬
chen," rief Bachus in verliebter Laune, "so
laß ich mir den Fetzen um den Leib binden,
obgleich es ein schlimmer Verstoß gegen mein

Herz zugethan ſchon ſeit zweihundert Herbſten,
und daß ich dich carreſſire vor allen andern.
Sag an, wann wollen wir endlich feiern das
Beilager?“

„Ach, Ihr loſer Schalk,“ antwortete die
alte Jungfrau und wandte ſich erroͤthend von
ihm ab. „Man kann ja nicht neben Euch
ſitzen eine Viertelſtunde, ohne daß Ihr anfan¬
get mit Euren Carreſſen. Und ein ehrbares
Maͤdchen muß ſich ja ſchaͤmen, wenn man
Euch nur anſieht. Was laufet Ihr denn faſt
nackt im Keller? Haͤttet wohl ein Paar Bein¬
kleider entlehnen koͤnnen auf heute. Da Bal¬
thaſar, rief ſie, indem ſie ihre weiße Schuͤrze
abband, lege dem Herrn dieſe Schuͤrze um,
es iſt gar zu unanſtaͤndig!“

„Wenn Du mir einen Kuß gibſt, Roͤs¬
chen,“ rief Bachus in verliebter Laune, „ſo
laß ich mir den Fetzen um den Leib binden,
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[61/0067] Herz zugethan ſchon ſeit zweihundert Herbſten, und daß ich dich carreſſire vor allen andern. Sag an, wann wollen wir endlich feiern das Beilager?“ „Ach, Ihr loſer Schalk,“ antwortete die alte Jungfrau und wandte ſich erroͤthend von ihm ab. „Man kann ja nicht neben Euch ſitzen eine Viertelſtunde, ohne daß Ihr anfan¬ get mit Euren Carreſſen. Und ein ehrbares Maͤdchen muß ſich ja ſchaͤmen, wenn man Euch nur anſieht. Was laufet Ihr denn faſt nackt im Keller? Haͤttet wohl ein Paar Bein¬ kleider entlehnen koͤnnen auf heute. Da Bal¬ thaſar, rief ſie, indem ſie ihre weiße Schuͤrze abband, lege dem Herrn dieſe Schuͤrze um, es iſt gar zu unanſtaͤndig!“ „Wenn Du mir einen Kuß gibſt, Roͤs¬ chen,“ rief Bachus in verliebter Laune, „ſo laß ich mir den Fetzen um den Leib binden, obgleich es ein ſchlimmer Verſtoß gegen mein

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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/67>, abgerufen am 05.05.2024.