Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

Herz zugethan schon seit zweihundert Herbsten,
und daß ich dich carressire vor allen andern.
Sag an, wann wollen wir endlich feiern das
Beilager?"

"Ach, Ihr loser Schalk," antwortete die
alte Jungfrau und wandte sich erröthend von
ihm ab. "Man kann ja nicht neben Euch
sitzen eine Viertelstunde, ohne daß Ihr anfan¬
get mit Euren Carressen. Und ein ehrbares
Mädchen muß sich ja schämen, wenn man
Euch nur ansieht. Was laufet Ihr denn fast
nackt im Keller? Hättet wohl ein Paar Bein¬
kleider entlehnen können auf heute. Da Bal¬
thasar, rief sie, indem sie ihre weiße Schürze
abband, lege dem Herrn diese Schürze um,
es ist gar zu unanständig!"

"Wenn Du mir einen Kuß gibst, Rös¬
chen," rief Bachus in verliebter Laune, "so
laß ich mir den Fetzen um den Leib binden,
obgleich es ein schlimmer Verstoß gegen mein

Herz zugethan ſchon ſeit zweihundert Herbſten,
und daß ich dich carreſſire vor allen andern.
Sag an, wann wollen wir endlich feiern das
Beilager?“

„Ach, Ihr loſer Schalk,“ antwortete die
alte Jungfrau und wandte ſich erroͤthend von
ihm ab. „Man kann ja nicht neben Euch
ſitzen eine Viertelſtunde, ohne daß Ihr anfan¬
get mit Euren Carreſſen. Und ein ehrbares
Maͤdchen muß ſich ja ſchaͤmen, wenn man
Euch nur anſieht. Was laufet Ihr denn faſt
nackt im Keller? Haͤttet wohl ein Paar Bein¬
kleider entlehnen koͤnnen auf heute. Da Bal¬
thaſar, rief ſie, indem ſie ihre weiße Schuͤrze
abband, lege dem Herrn dieſe Schuͤrze um,
es iſt gar zu unanſtaͤndig!“

„Wenn Du mir einen Kuß gibſt, Roͤs¬
chen,“ rief Bachus in verliebter Laune, „ſo
laß ich mir den Fetzen um den Leib binden,
obgleich es ein ſchlimmer Verſtoß gegen mein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0067" n="61"/>
Herz zugethan &#x017F;chon &#x017F;eit zweihundert Herb&#x017F;ten,<lb/>
und daß ich dich carre&#x017F;&#x017F;ire vor allen andern.<lb/>
Sag an, wann wollen wir endlich feiern das<lb/>
Beilager?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ach, Ihr lo&#x017F;er Schalk,&#x201C; antwortete die<lb/>
alte Jungfrau und wandte &#x017F;ich erro&#x0364;thend von<lb/>
ihm ab. &#x201E;Man kann ja nicht neben Euch<lb/>
&#x017F;itzen eine Viertel&#x017F;tunde, ohne daß Ihr anfan¬<lb/>
get mit Euren Carre&#x017F;&#x017F;en. Und ein ehrbares<lb/>
Ma&#x0364;dchen muß &#x017F;ich ja &#x017F;cha&#x0364;men, wenn man<lb/>
Euch nur an&#x017F;ieht. Was laufet Ihr denn fa&#x017F;t<lb/>
nackt im Keller? Ha&#x0364;ttet wohl ein Paar Bein¬<lb/>
kleider entlehnen ko&#x0364;nnen auf heute. Da Bal¬<lb/>
tha&#x017F;ar, rief &#x017F;ie, indem &#x017F;ie ihre weiße Schu&#x0364;rze<lb/>
abband, lege dem Herrn die&#x017F;e Schu&#x0364;rze um,<lb/>
es i&#x017F;t gar zu unan&#x017F;ta&#x0364;ndig!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wenn Du mir einen Kuß gib&#x017F;t, Ro&#x0364;<lb/>
chen,&#x201C; rief Bachus in verliebter Laune, &#x201E;&#x017F;o<lb/>
laß ich mir den Fetzen um den Leib binden,<lb/>
obgleich es ein &#x017F;chlimmer Ver&#x017F;toß gegen mein<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0067] Herz zugethan ſchon ſeit zweihundert Herbſten, und daß ich dich carreſſire vor allen andern. Sag an, wann wollen wir endlich feiern das Beilager?“ „Ach, Ihr loſer Schalk,“ antwortete die alte Jungfrau und wandte ſich erroͤthend von ihm ab. „Man kann ja nicht neben Euch ſitzen eine Viertelſtunde, ohne daß Ihr anfan¬ get mit Euren Carreſſen. Und ein ehrbares Maͤdchen muß ſich ja ſchaͤmen, wenn man Euch nur anſieht. Was laufet Ihr denn faſt nackt im Keller? Haͤttet wohl ein Paar Bein¬ kleider entlehnen koͤnnen auf heute. Da Bal¬ thaſar, rief ſie, indem ſie ihre weiße Schuͤrze abband, lege dem Herrn dieſe Schuͤrze um, es iſt gar zu unanſtaͤndig!“ „Wenn Du mir einen Kuß gibſt, Roͤs¬ chen,“ rief Bachus in verliebter Laune, „ſo laß ich mir den Fetzen um den Leib binden, obgleich es ein ſchlimmer Verſtoß gegen mein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/67
Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/67>, abgerufen am 23.11.2024.