die den Rückfluß des Blutes aus dem Kopfe er- schweren, vorzüglich bei anstrengenden Paraden, wo die beschleunigte Circulation ohnehin mehr Blut nach den obern Theilen treibt. Aus derselben Ur- sache entstehen nicht selten hitzige Fieber und Schlag- flüsse. Bei Kindern kommen nun freilich solche ex- treme Fälle nicht so leicht vor, doch schien es mir zweckmäßig beiläufig an die übeln Folgen einer auf einen hohen Punkt getriebenen Schädlichkeit zu erin- nern, da man daraus abnehmen kann, wie dieselbe auch bei geringerer Jntensität einwirkt. So wie der härteste Stein, durch einen beständig auf densel- ben Fleck hinunterfallenden Tropfen endlich ausge- höhlt wird, eben so gewiß bringt die häufige Wie- derholung anscheinend geringer Schädlichkeiten, zuletzt bedeutende Krankheiten hervor. Wie viele Leute gibt es nicht, die wohl nicht zu den Trinkern zu rechnen sind, die aber dennoch keinen Tag vergehen lassen, ohne mehr Wein zu genießen, als die strenge Mäßig- keit gerade billigen möchte. Die schlimmen Folgen werden sich vielleicht nicht nach Monaten, aber ge- wiß nach Jahren zeigen. Denn die Geistes- und Nervenkräfte überhaupt, müssen unfehlbar bei sol- chen oft wiederholten kleinen Angriffen ihre Schärfe weit früher verlieren als sie sonst gethan haben würden. Aber der Mensch achtet gewöhnlich nur auf ganz auffallende grellhervortretende Schädlich-
die den Ruͤckfluß des Blutes aus dem Kopfe er- ſchweren, vorzüglich bei anſtrengenden Paraden, wo die beſchleunigte Circulation ohnehin mehr Blut nach den obern Theilen treibt. Aus derſelben Ur- ſache entſtehen nicht ſelten hitzige Fieber und Schlag- fluͤſſe. Bei Kindern kommen nun freilich ſolche ex- treme Faͤlle nicht ſo leicht vor, doch ſchien es mir zweckmaͤßig beilaͤufig an die übeln Folgen einer auf einen hohen Punkt getriebenen Schaͤdlichkeit zu erin- nern, da man daraus abnehmen kann, wie dieſelbe auch bei geringerer Jntenſitaͤt einwirkt. So wie der haͤrteſte Stein, durch einen beſtaͤndig auf denſel- ben Fleck hinunterfallenden Tropfen endlich ausge- hoͤhlt wird, eben ſo gewiß bringt die haͤufige Wie- derholung anſcheinend geringer Schaͤdlichkeiten, zuletzt bedeutende Krankheiten hervor. Wie viele Leute gibt es nicht, die wohl nicht zu den Trinkern zu rechnen ſind, die aber dennoch keinen Tag vergehen laſſen, ohne mehr Wein zu genießen, als die ſtrenge Maͤßig- keit gerade billigen moͤchte. Die ſchlimmen Folgen werden ſich vielleicht nicht nach Monaten, aber ge- wiß nach Jahren zeigen. Denn die Geiſtes- und Nervenkraͤfte uͤberhaupt, muͤſſen unfehlbar bei ſol- chen oft wiederholten kleinen Angriffen ihre Schaͤrfe weit fruͤher verlieren als ſie ſonſt gethan haben wuͤrden. Aber der Menſch achtet gewoͤhnlich nur auf ganz auffallende grellhervortretende Schaͤdlich-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0072"n="62"/>
die den Ruͤckfluß des Blutes aus dem Kopfe er-<lb/>ſchweren, vorzüglich bei anſtrengenden Paraden,<lb/>
wo die beſchleunigte Circulation ohnehin mehr Blut<lb/>
nach den obern Theilen treibt. Aus derſelben Ur-<lb/>ſache entſtehen nicht ſelten hitzige Fieber und Schlag-<lb/>
fluͤſſe. Bei Kindern kommen nun freilich ſolche ex-<lb/>
treme Faͤlle nicht ſo leicht vor, doch ſchien es mir<lb/>
zweckmaͤßig beilaͤufig an die übeln Folgen einer auf<lb/>
einen hohen Punkt getriebenen Schaͤdlichkeit zu erin-<lb/>
nern, da man daraus abnehmen kann, wie dieſelbe<lb/>
auch bei geringerer Jntenſitaͤt einwirkt. So wie<lb/>
der haͤrteſte Stein, durch einen beſtaͤndig auf denſel-<lb/>
ben Fleck hinunterfallenden Tropfen endlich ausge-<lb/>
hoͤhlt wird, eben ſo gewiß bringt die haͤufige Wie-<lb/>
derholung anſcheinend geringer Schaͤdlichkeiten, zuletzt<lb/>
bedeutende Krankheiten hervor. Wie viele Leute gibt<lb/>
es nicht, die wohl nicht zu den Trinkern zu rechnen<lb/>ſind, die aber dennoch keinen Tag vergehen laſſen,<lb/>
ohne mehr Wein zu genießen, als die ſtrenge Maͤßig-<lb/>
keit gerade billigen moͤchte. Die ſchlimmen Folgen<lb/>
werden ſich vielleicht nicht nach Monaten, aber ge-<lb/>
wiß nach Jahren zeigen. Denn die Geiſtes- und<lb/>
Nervenkraͤfte uͤberhaupt, muͤſſen unfehlbar bei ſol-<lb/>
chen oft wiederholten kleinen Angriffen ihre Schaͤrfe<lb/>
weit fruͤher verlieren als ſie ſonſt gethan haben<lb/>
wuͤrden. Aber der Menſch achtet gewoͤhnlich nur<lb/>
auf ganz auffallende grellhervortretende Schaͤdlich-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[62/0072]
die den Ruͤckfluß des Blutes aus dem Kopfe er-
ſchweren, vorzüglich bei anſtrengenden Paraden,
wo die beſchleunigte Circulation ohnehin mehr Blut
nach den obern Theilen treibt. Aus derſelben Ur-
ſache entſtehen nicht ſelten hitzige Fieber und Schlag-
fluͤſſe. Bei Kindern kommen nun freilich ſolche ex-
treme Faͤlle nicht ſo leicht vor, doch ſchien es mir
zweckmaͤßig beilaͤufig an die übeln Folgen einer auf
einen hohen Punkt getriebenen Schaͤdlichkeit zu erin-
nern, da man daraus abnehmen kann, wie dieſelbe
auch bei geringerer Jntenſitaͤt einwirkt. So wie
der haͤrteſte Stein, durch einen beſtaͤndig auf denſel-
ben Fleck hinunterfallenden Tropfen endlich ausge-
hoͤhlt wird, eben ſo gewiß bringt die haͤufige Wie-
derholung anſcheinend geringer Schaͤdlichkeiten, zuletzt
bedeutende Krankheiten hervor. Wie viele Leute gibt
es nicht, die wohl nicht zu den Trinkern zu rechnen
ſind, die aber dennoch keinen Tag vergehen laſſen,
ohne mehr Wein zu genießen, als die ſtrenge Maͤßig-
keit gerade billigen moͤchte. Die ſchlimmen Folgen
werden ſich vielleicht nicht nach Monaten, aber ge-
wiß nach Jahren zeigen. Denn die Geiſtes- und
Nervenkraͤfte uͤberhaupt, muͤſſen unfehlbar bei ſol-
chen oft wiederholten kleinen Angriffen ihre Schaͤrfe
weit fruͤher verlieren als ſie ſonſt gethan haben
wuͤrden. Aber der Menſch achtet gewoͤhnlich nur
auf ganz auffallende grellhervortretende Schaͤdlich-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/72>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.