und geschwächt. Aus diesem Grunde ist das Lesen oder Schreiben in der Dämmerung so schädlich, und muß bei häufiger Wiederholung auch die Kraft des stärksten Auges zerrütten.
"Schreiben oder Lesen in der Dämmerung," sagt Lichtenberg, "muß man nie. Es ist ein Ver- fahren, das, den gelindesten Ausdruck zu gebrauchen, thöricht ist. Der schnöde Gewinn an Oel und Zeit geht tausendfach durch das Leiden und den Unmuth hin, den man sich durch schwache Augen zuzieht.
Es ist überhaupt ein sehr großer, wiewohl sehr gemeiner Jrrthum zu glauben, ein schwaches Licht sei den Augen günstig. Dem unbeschäftigten Auge wohl, das nicht sehen will, allein dem sehen wollenden ist es schlechtweg schädlich und ein starkes zuträglicher. Muß bei Licht gelesen oder geschrieben werden, so ist es immer besser zwei oder drei Lichter zu gebrauchen als ein Einziges, nur muß die Flamme selbst mit so wenigem Aufwand von Schatten verdeckt werden, als es die Umstände verstatten."
Wird irgendwo gegen diese wichtige Regel gefehlt, so ist es auf Schulen. Gewöhnlich wird so lange mit dem Anstecken der Lampen gezögert, bis es auch mit großer Anstrengung nicht mehr möglich ist zu lesen; davon abgesehen, daß es in manchen Schulftu- ben Plätze gibt, wo auch am Tage eine künstliche
und geſchwaͤcht. Aus dieſem Grunde iſt das Leſen oder Schreiben in der Daͤmmerung ſo ſchaͤdlich, und muß bei haͤufiger Wiederholung auch die Kraft des ſtaͤrkſten Auges zerruͤtten.
»Schreiben oder Leſen in der Daͤmmerung,« ſagt Lichtenberg, »muß man nie. Es iſt ein Ver- fahren, das, den gelindeſten Ausdruck zu gebrauchen, thoͤricht iſt. Der ſchnoͤde Gewinn an Oel und Zeit geht tauſendfach durch das Leiden und den Unmuth hin, den man ſich durch ſchwache Augen zuzieht.
Es iſt uͤberhaupt ein ſehr großer, wiewohl ſehr gemeiner Jrrthum zu glauben, ein ſchwaches Licht ſei den Augen guͤnſtig. Dem unbeſchaͤftigten Auge wohl, das nicht ſehen will, allein dem ſehen wollenden iſt es ſchlechtweg ſchaͤdlich und ein ſtarkes zutraͤglicher. Muß bei Licht geleſen oder geſchrieben werden, ſo iſt es immer beſſer zwei oder drei Lichter zu gebrauchen als ein Einziges, nur muß die Flamme ſelbſt mit ſo wenigem Aufwand von Schatten verdeckt werden, als es die Umſtaͤnde verſtatten.«
Wird irgendwo gegen dieſe wichtige Regel gefehlt, ſo iſt es auf Schulen. Gewoͤhnlich wird ſo lange mit dem Anſtecken der Lampen gezoͤgert, bis es auch mit großer Anſtrengung nicht mehr moͤglich iſt zu leſen; davon abgeſehen, daß es in manchen Schulftu- ben Plaͤtze gibt, wo auch am Tage eine kuͤnſtliche
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und geſchwaͤcht. Aus dieſem Grunde iſt das Leſen
oder Schreiben in der Daͤmmerung ſo ſchaͤdlich, und
muß bei haͤufiger Wiederholung auch die Kraft des
ſtaͤrkſten Auges zerruͤtten.
»Schreiben oder Leſen in der Daͤmmerung,«
ſagt Lichtenberg, »muß man nie. Es iſt ein Ver-
fahren, das, den gelindeſten Ausdruck zu gebrauchen,
thoͤricht iſt. Der ſchnoͤde Gewinn an Oel und Zeit
geht tauſendfach durch das Leiden und den Unmuth
hin, den man ſich durch ſchwache Augen zuzieht.
Es iſt uͤberhaupt ein ſehr großer, wiewohl ſehr
gemeiner Jrrthum zu glauben, ein ſchwaches Licht
ſei den Augen guͤnſtig. Dem unbeſchaͤftigten
Auge wohl, das nicht ſehen will, allein dem ſehen
wollenden iſt es ſchlechtweg ſchaͤdlich und ein
ſtarkes zutraͤglicher. Muß bei Licht geleſen oder
geſchrieben werden, ſo iſt es immer beſſer zwei oder
drei Lichter zu gebrauchen als ein Einziges, nur muß
die Flamme ſelbſt mit ſo wenigem Aufwand von
Schatten verdeckt werden, als es die Umſtaͤnde
verſtatten.«
Wird irgendwo gegen dieſe wichtige Regel gefehlt,
ſo iſt es auf Schulen. Gewoͤhnlich wird ſo lange
mit dem Anſtecken der Lampen gezoͤgert, bis es auch
mit großer Anſtrengung nicht mehr moͤglich iſt zu
leſen; davon abgeſehen, daß es in manchen Schulftu-
ben Plaͤtze gibt, wo auch am Tage eine kuͤnſtliche
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Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/158>, abgerufen am 22.07.2024.
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