ich lache, alle lachen, und das Kind lacht wie die übrigen. Allmälig gewöhne ich es an weniger ange- nehme Masken, und zuletzt an abscheuliche. Habe ich meine Uebergänge verständig geleitet, so wird Emile statt sich über die letzte Maske zu fürchten, eben so darüber lachen, wie über die erste, und nun besorge ich nicht mehr, daß man ihn mit irgend einer Maske ängstige.
Will ich Emile an das Knallen eines Schieß- gewehrs gewöhnen, so fange ich damit an, etwas Pulver auf der Pfanne einer Pistole abzubrennen.
Diese schnell aufschlagende Flamme macht ihm Vergnügen. Jch wiederhole den Versuch mit etwas mehr Pulver; ich lade die Pistole schwach, dann schärfer; zuletzt greife ich zum Gewehr, zu Böllern, zu Kanonen, zu den schrecklichsten Detonationen. 1) Die Menschen und zuweilen die Thiere (sehr deutlich während bedeutender Sonnenfinsternisse) haben eine natürliche Furcht vor dem Dunkeln. Verstand, Kennt- nisse und Muth befreien nur wenige von diesem Tribut. Jch kenne Freigeister, Philosophen, Soldaten, die, am hellen Tage muthig, in der Nacht wie Weiber zittern, wenn die Blätter eines Baumes rauschen.
Man schreibt diese Angst den Ammengeschichten zu, man irrt sich, sie hat eine natürliche Ursache.
1) Hier geht der gute Rousseau etwas weit.
ich lache, alle lachen, und das Kind lacht wie die uͤbrigen. Allmaͤlig gewoͤhne ich es an weniger ange- nehme Masken, und zuletzt an abſcheuliche. Habe ich meine Uebergaͤnge verſtaͤndig geleitet, ſo wird Emile ſtatt ſich uͤber die letzte Maske zu fuͤrchten, eben ſo daruͤber lachen, wie uͤber die erſte, und nun beſorge ich nicht mehr, daß man ihn mit irgend einer Maske aͤngſtige.
Will ich Emile an das Knallen eines Schieß- gewehrs gewoͤhnen, ſo fange ich damit an, etwas Pulver auf der Pfanne einer Piſtole abzubrennen.
Dieſe ſchnell aufſchlagende Flamme macht ihm Vergnuͤgen. Jch wiederhole den Verſuch mit etwas mehr Pulver; ich lade die Piſtole ſchwach, dann ſchaͤrfer; zuletzt greife ich zum Gewehr, zu Boͤllern, zu Kanonen, zu den ſchrecklichſten Detonationen. 1) Die Menſchen und zuweilen die Thiere (ſehr deutlich waͤhrend bedeutender Sonnenfinſterniſſe) haben eine natuͤrliche Furcht vor dem Dunkeln. Verſtand, Kennt- niſſe und Muth befreien nur wenige von dieſem Tribut. Jch kenne Freigeiſter, Philoſophen, Soldaten, die, am hellen Tage muthig, in der Nacht wie Weiber zittern, wenn die Blaͤtter eines Baumes rauſchen.
Man ſchreibt dieſe Angſt den Ammengeſchichten zu, man irrt ſich, ſie hat eine natürliche Urſache.
1) Hier geht der gute Rouſſeau etwas weit.
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ich lache, alle lachen, und das Kind lacht wie die
uͤbrigen. Allmaͤlig gewoͤhne ich es an weniger ange-
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ich meine Uebergaͤnge verſtaͤndig geleitet, ſo wird
Emile ſtatt ſich uͤber die letzte Maske zu fuͤrchten,
eben ſo daruͤber lachen, wie uͤber die erſte, und nun
beſorge ich nicht mehr, daß man ihn mit irgend einer
Maske aͤngſtige.
Will ich Emile an das Knallen eines Schieß-
gewehrs gewoͤhnen, ſo fange ich damit an, etwas
Pulver auf der Pfanne einer Piſtole abzubrennen.
Dieſe ſchnell aufſchlagende Flamme macht ihm
Vergnuͤgen. Jch wiederhole den Verſuch mit etwas
mehr Pulver; ich lade die Piſtole ſchwach, dann
ſchaͤrfer; zuletzt greife ich zum Gewehr, zu Boͤllern,
zu Kanonen, zu den ſchrecklichſten Detonationen. 1)
Die Menſchen und zuweilen die Thiere (ſehr deutlich
waͤhrend bedeutender Sonnenfinſterniſſe) haben eine
natuͤrliche Furcht vor dem Dunkeln. Verſtand, Kennt-
niſſe und Muth befreien nur wenige von dieſem Tribut.
Jch kenne Freigeiſter, Philoſophen, Soldaten, die,
am hellen Tage muthig, in der Nacht wie Weiber
zittern, wenn die Blaͤtter eines Baumes rauſchen.
Man ſchreibt dieſe Angſt den Ammengeſchichten
zu, man irrt ſich, ſie hat eine natürliche Urſache.
1) Hier geht der gute Rouſſeau etwas weit.
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Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/117>, abgerufen am 16.02.2025.
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