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Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

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Gelegenheiten durch Kaufleute, Reisende, Fuhrleute, Schiffer,
Hirten und andere Personen, so sehen wir, wie lebhaft und
weit verbreitet schon lange vor Augustus der Verkehr für
Briefe und Gepäck sein mußte. Und vollends unter dem Kaiser-
reich! Verband ja doch eine sehr umfangreiche amtliche und
Privatcorrespondenz die dicht bevölkerten Hauptstädte und die
von einem Mittelpunkte aus verwalteten Provinzen des römi-
schen Reiches. Wenn beachtet wird, daß Rom seiner Zeit
2 Millionen Einwohner, wie das heutige London, daß Alexan-
drien und Constantinopel in der Zeit ihrer Blüthe eine halbe
Million zählten, daß Staatsgeschäfte, Handel und Geldverkehr,
Familienverbindungen, literarische Arbeiten die gebildeteren Be-
wohner der Hauptstädte gemeinsam beschäftigten, daß eine zahl-
reiche römische Jugend in Athen und Berytus studirte, daß
die auswärtigen Fürsten und Gouverneure von dem, was in
Rom oder am kaiserlichen Hofe vorkam, unterrichtet bleiben
mußten, so kann auf die Lebhaftigkeit des römischen Briefver-
kehrs leicht geschlossen werden1).

Briefe und Gepäcke langten damals von den Ufern des
Eufrat bis zu dem gallischen Seehafen von Bononia, von
dem Fuße des Atlas bis zu den Ufern der Donau. Die
Größe des römischen Namens wurde in den Sandwüsten
Arabiens, wie in den Eichenwäldern Germaniens verkündet.
Die Weltverbindung jener Zeit steht einzig da in ihrer
Art und wird immerhin für alle Zeiten staunenswürdig
bleiben, wenn man erwägt, daß die Schwierigkeiten, welche die
Natur entgegenstellte, nicht durch die zahlreichen technischen Er-
findungen der Jetztzeit, sondern durch ungeheuere Anstrengungen,

1) Vieban, zur Geschichte der Posten l. c.

Gelegenheiten durch Kaufleute, Reiſende, Fuhrleute, Schiffer,
Hirten und andere Perſonen, ſo ſehen wir, wie lebhaft und
weit verbreitet ſchon lange vor Augustus der Verkehr für
Briefe und Gepäck ſein mußte. Und vollends unter dem Kaiſer-
reich! Verband ja doch eine ſehr umfangreiche amtliche und
Privatcorreſpondenz die dicht bevölkerten Hauptſtädte und die
von einem Mittelpunkte aus verwalteten Provinzen des römi-
ſchen Reiches. Wenn beachtet wird, daß Rom ſeiner Zeit
2 Millionen Einwohner, wie das heutige London, daß Alexan-
drien und Conſtantinopel in der Zeit ihrer Blüthe eine halbe
Million zählten, daß Staatsgeſchäfte, Handel und Geldverkehr,
Familienverbindungen, literariſche Arbeiten die gebildeteren Be-
wohner der Hauptſtädte gemeinſam beſchäftigten, daß eine zahl-
reiche römiſche Jugend in Athen und Berytus ſtudirte, daß
die auswärtigen Fürſten und Gouverneure von dem, was in
Rom oder am kaiſerlichen Hofe vorkam, unterrichtet bleiben
mußten, ſo kann auf die Lebhaftigkeit des römiſchen Briefver-
kehrs leicht geſchloſſen werden1).

Briefe und Gepäcke langten damals von den Ufern des
Eufrat bis zu dem galliſchen Seehafen von Bononia, von
dem Fuße des Atlas bis zu den Ufern der Donau. Die
Größe des römiſchen Namens wurde in den Sandwüſten
Arabiens, wie in den Eichenwäldern Germaniens verkündet.
Die Weltverbindung jener Zeit ſteht einzig da in ihrer
Art und wird immerhin für alle Zeiten ſtaunenswürdig
bleiben, wenn man erwägt, daß die Schwierigkeiten, welche die
Natur entgegenſtellte, nicht durch die zahlreichen techniſchen Er-
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1) Vieban, zur Geſchichte der Poſten l. c.
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[34/0047] Gelegenheiten durch Kaufleute, Reiſende, Fuhrleute, Schiffer, Hirten und andere Perſonen, ſo ſehen wir, wie lebhaft und weit verbreitet ſchon lange vor Augustus der Verkehr für Briefe und Gepäck ſein mußte. Und vollends unter dem Kaiſer- reich! Verband ja doch eine ſehr umfangreiche amtliche und Privatcorreſpondenz die dicht bevölkerten Hauptſtädte und die von einem Mittelpunkte aus verwalteten Provinzen des römi- ſchen Reiches. Wenn beachtet wird, daß Rom ſeiner Zeit 2 Millionen Einwohner, wie das heutige London, daß Alexan- drien und Conſtantinopel in der Zeit ihrer Blüthe eine halbe Million zählten, daß Staatsgeſchäfte, Handel und Geldverkehr, Familienverbindungen, literariſche Arbeiten die gebildeteren Be- wohner der Hauptſtädte gemeinſam beſchäftigten, daß eine zahl- reiche römiſche Jugend in Athen und Berytus ſtudirte, daß die auswärtigen Fürſten und Gouverneure von dem, was in Rom oder am kaiſerlichen Hofe vorkam, unterrichtet bleiben mußten, ſo kann auf die Lebhaftigkeit des römiſchen Briefver- kehrs leicht geſchloſſen werden 1). Briefe und Gepäcke langten damals von den Ufern des Eufrat bis zu dem galliſchen Seehafen von Bononia, von dem Fuße des Atlas bis zu den Ufern der Donau. Die Größe des römiſchen Namens wurde in den Sandwüſten Arabiens, wie in den Eichenwäldern Germaniens verkündet. Die Weltverbindung jener Zeit ſteht einzig da in ihrer Art und wird immerhin für alle Zeiten ſtaunenswürdig bleiben, wenn man erwägt, daß die Schwierigkeiten, welche die Natur entgegenſtellte, nicht durch die zahlreichen techniſchen Er- findungen der Jetztzeit, ſondern durch ungeheuere Anſtrengungen, 1) Vieban, zur Geſchichte der Poſten l. c.

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Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/47>, abgerufen am 24.11.2024.