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Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

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Dienste der reichen und vornehmen Familien, für welche sie
den Verkehr nach und von den Landgütern oder mit entfernten
Freunden und Verwandten in den Provinzen besorgen mußten.

Ein Gleiches that die zahlreiche und weitverzweigte Gesell-
schaft der Zollpächter, welche durch ihre Diener und Boten
(tabellarii) Briefe und Aufträge bis in die entlegensten Pro-
vinzen besorgten. Die Thätigkeit dieser Briefboten war selbst noch
in späteren Zeiten, als der cursus publicus schon in seiner
vollsten Ausdehnung sich über alle Provinzen erstreckte, eine
sehr lebhafte; -- ihre Dienste wurden namentlich für die Seiten-
routen in Anspruch genommen; -- insbesondere erhielt sich die
Verwendung der tabellarii, welche vom Staate bezahlt wurden,
noch lange unter den Kaisern, wie aus einem Bittgesuche der-
selben an Kaiser Vespasian um Aufbesserung ihres "calcea-
rium
" (Schuhgeld) hervorgeht.1)

Ebenso waren die cursores noch lange unter den Kaisern
in Thätigkeit; sie wurden jedoch mehr zu Privatzwecken ver-
wendet und es ward mit denselben mancher Luxus, namentlich
in Bezug auf Kleidung (Livree), getrieben. Die des Kaisers
Nero trugen Kleider von camusinischer Wolle, Arm- und Hals-
bänder und auf dem Kopfe sogar Federbüsche; Kaiser Verus
zierte seine cursores mit Flügeln und nannte sie "Boreas",
"Venus"
etc. etc.

Kurz, durch diese statores, cursores und tabellarii wurde
der Brief- und Gepäckverkehr sehr wesentlich gefördert und
entwickelt, und rechnet man hiezu noch die zahlreichen andern

1) Der Erfolg war bekanntlich kein günstiger, denn der sparsame
Vespasian ließ den Bittstellern sagen, sie sollten fürder nur barfuß
laufen; dann bedürften sie auch keines calcearium's.
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Dienſte der reichen und vornehmen Familien, für welche ſie
den Verkehr nach und von den Landgütern oder mit entfernten
Freunden und Verwandten in den Provinzen beſorgen mußten.

Ein Gleiches that die zahlreiche und weitverzweigte Geſell-
ſchaft der Zollpächter, welche durch ihre Diener und Boten
(tabellarii) Briefe und Aufträge bis in die entlegenſten Pro-
vinzen beſorgten. Die Thätigkeit dieſer Briefboten war ſelbſt noch
in ſpäteren Zeiten, als der cursus publicus ſchon in ſeiner
vollſten Ausdehnung ſich über alle Provinzen erſtreckte, eine
ſehr lebhafte; — ihre Dienſte wurden namentlich für die Seiten-
routen in Anſpruch genommen; — insbeſondere erhielt ſich die
Verwendung der tabellarii, welche vom Staate bezahlt wurden,
noch lange unter den Kaiſern, wie aus einem Bittgeſuche der-
ſelben an Kaiſer Vespasian um Aufbeſſerung ihres „calcea-
rium
“ (Schuhgeld) hervorgeht.1)

Ebenſo waren die cursores noch lange unter den Kaiſern
in Thätigkeit; ſie wurden jedoch mehr zu Privatzwecken ver-
wendet und es ward mit denſelben mancher Luxus, namentlich
in Bezug auf Kleidung (Livrée), getrieben. Die des Kaiſers
Nero trugen Kleider von camuſiniſcher Wolle, Arm- und Hals-
bänder und auf dem Kopfe ſogar Federbüſche; Kaiſer Verus
zierte ſeine cursores mit Flügeln und nannte ſie „Boreas“,
„Venus“
ꝛc. ꝛc.

Kurz, durch dieſe statores, cursores und tabellarii wurde
der Brief- und Gepäckverkehr ſehr weſentlich gefördert und
entwickelt, und rechnet man hiezu noch die zahlreichen andern

1) Der Erfolg war bekanntlich kein günſtiger, denn der ſparſame
Vespasian ließ den Bittſtellern ſagen, ſie ſollten fürder nur barfuß
laufen; dann bedürften ſie auch keines calcearium's.
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[33/0046] Dienſte der reichen und vornehmen Familien, für welche ſie den Verkehr nach und von den Landgütern oder mit entfernten Freunden und Verwandten in den Provinzen beſorgen mußten. Ein Gleiches that die zahlreiche und weitverzweigte Geſell- ſchaft der Zollpächter, welche durch ihre Diener und Boten (tabellarii) Briefe und Aufträge bis in die entlegenſten Pro- vinzen beſorgten. Die Thätigkeit dieſer Briefboten war ſelbſt noch in ſpäteren Zeiten, als der cursus publicus ſchon in ſeiner vollſten Ausdehnung ſich über alle Provinzen erſtreckte, eine ſehr lebhafte; — ihre Dienſte wurden namentlich für die Seiten- routen in Anſpruch genommen; — insbeſondere erhielt ſich die Verwendung der tabellarii, welche vom Staate bezahlt wurden, noch lange unter den Kaiſern, wie aus einem Bittgeſuche der- ſelben an Kaiſer Vespasian um Aufbeſſerung ihres „calcea- rium“ (Schuhgeld) hervorgeht. 1) Ebenſo waren die cursores noch lange unter den Kaiſern in Thätigkeit; ſie wurden jedoch mehr zu Privatzwecken ver- wendet und es ward mit denſelben mancher Luxus, namentlich in Bezug auf Kleidung (Livrée), getrieben. Die des Kaiſers Nero trugen Kleider von camuſiniſcher Wolle, Arm- und Hals- bänder und auf dem Kopfe ſogar Federbüſche; Kaiſer Verus zierte ſeine cursores mit Flügeln und nannte ſie „Boreas“, „Venus“ ꝛc. ꝛc. Kurz, durch dieſe statores, cursores und tabellarii wurde der Brief- und Gepäckverkehr ſehr weſentlich gefördert und entwickelt, und rechnet man hiezu noch die zahlreichen andern 1) Der Erfolg war bekanntlich kein günſtiger, denn der ſparſame Vespasian ließ den Bittſtellern ſagen, ſie ſollten fürder nur barfuß laufen; dann bedürften ſie auch keines calcearium's. 3

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Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/46>, abgerufen am 24.11.2024.