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Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

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nämlich diesem Patente vor Allem jene Auslegung gegeben, als
ob durch dasselbige jede Botenverfassung völlig aufgehoben wäre.

So wollte sie namentlich die Botenverfassung der Stadt
Frankfurt a/M. entreißen; Kaiser Ferdinand III. schrieb ihr
aber auf gestellte Klage des Frankfurter Magistrats 1638 zu-
rück: "Bei diesem Postpatente ist unsere kaiserliche Jntention
niemals dahin gemeint gewesen (maaßen es denn der Jnhalt
auch klärlich zu erkennen gibt), daß das Nebenbotenwerk aller
Orten im heiligen Reiche gänzlich und durchgehends nicht son-
dern nur die Excessus und neuerlichen Mißbräuche desselben
aufgehoben und abgestellet werden sollen". Zugleich wurde
der Gräfin befohlen, die Stadt Frankfurt a/M. bei ihrer Boten-
verfassung nicht weiter zu beunruhigen1).

So angenehm und ersprießlich die erste präcisere Fassung
der Verordnung für die Entwicklung des Reichspostwesens ge-
wesen wäre und so sehr sie geeignet war, den Grund zur all-
mähligen Durchführung des Postregals zu legen, so unangenehm
wurde die mildere Auffassung und Nachgiebigkeit des Kaisers
für die Postanstalt und ihre ausübenden Beamten und Diener,
denn sie hatte sich lange allen erdenklichen Chicanen und Un-
billen von Seite der ehemaligen und noch bleibenden Boten
auszusetzen, wobei offene Angriffe auf der Landstraße und Prü-
geleien nicht ausgenommen waren, so daß im Jahre 1642 ein
neues strenges Postpatent hiegegen erlassen werden mußte.

Dagegen, gleichsam zur Ermunterung und Vergeltung für
den so schweren und gefährdeten Dienst der kaiserlichen Posten
wurden durch gleiches Patent alle Postverwalter überall, "wo

1) Lünig, Grundveste Nro. XCL., Schreiben des Kaisers vom
20. Dezember 1638.

nämlich dieſem Patente vor Allem jene Auslegung gegeben, als
ob durch dasſelbige jede Botenverfaſſung völlig aufgehoben wäre.

So wollte ſie namentlich die Botenverfaſſung der Stadt
Frankfurt a/M. entreißen; Kaiſer Ferdinand III. ſchrieb ihr
aber auf geſtellte Klage des Frankfurter Magiſtrats 1638 zu-
rück: „Bei dieſem Poſtpatente iſt unſere kaiſerliche Jntention
niemals dahin gemeint geweſen (maaßen es denn der Jnhalt
auch klärlich zu erkennen gibt), daß das Nebenbotenwerk aller
Orten im heiligen Reiche gänzlich und durchgehends nicht ſon-
dern nur die Exceſſus und neuerlichen Mißbräuche deſſelben
aufgehoben und abgeſtellet werden ſollen“. Zugleich wurde
der Gräfin befohlen, die Stadt Frankfurt a/M. bei ihrer Boten-
verfaſſung nicht weiter zu beunruhigen1).

So angenehm und erſprießlich die erſte präciſere Faſſung
der Verordnung für die Entwicklung des Reichspoſtweſens ge-
weſen wäre und ſo ſehr ſie geeignet war, den Grund zur all-
mähligen Durchführung des Poſtregals zu legen, ſo unangenehm
wurde die mildere Auffaſſung und Nachgiebigkeit des Kaiſers
für die Poſtanſtalt und ihre ausübenden Beamten und Diener,
denn ſie hatte ſich lange allen erdenklichen Chicanen und Un-
billen von Seite der ehemaligen und noch bleibenden Boten
auszuſetzen, wobei offene Angriffe auf der Landſtraße und Prü-
geleien nicht ausgenommen waren, ſo daß im Jahre 1642 ein
neues ſtrenges Poſtpatent hiegegen erlaſſen werden mußte.

Dagegen, gleichſam zur Ermunterung und Vergeltung für
den ſo ſchweren und gefährdeten Dienſt der kaiſerlichen Poſten
wurden durch gleiches Patent alle Poſtverwalter überall, „wo

1) Lünig, Grundveſte Nro. XCL., Schreiben des Kaiſers vom
20. Dezember 1638.
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[306/0319] nämlich dieſem Patente vor Allem jene Auslegung gegeben, als ob durch dasſelbige jede Botenverfaſſung völlig aufgehoben wäre. So wollte ſie namentlich die Botenverfaſſung der Stadt Frankfurt a/M. entreißen; Kaiſer Ferdinand III. ſchrieb ihr aber auf geſtellte Klage des Frankfurter Magiſtrats 1638 zu- rück: „Bei dieſem Poſtpatente iſt unſere kaiſerliche Jntention niemals dahin gemeint geweſen (maaßen es denn der Jnhalt auch klärlich zu erkennen gibt), daß das Nebenbotenwerk aller Orten im heiligen Reiche gänzlich und durchgehends nicht ſon- dern nur die Exceſſus und neuerlichen Mißbräuche deſſelben aufgehoben und abgeſtellet werden ſollen“. Zugleich wurde der Gräfin befohlen, die Stadt Frankfurt a/M. bei ihrer Boten- verfaſſung nicht weiter zu beunruhigen 1). So angenehm und erſprießlich die erſte präciſere Faſſung der Verordnung für die Entwicklung des Reichspoſtweſens ge- weſen wäre und ſo ſehr ſie geeignet war, den Grund zur all- mähligen Durchführung des Poſtregals zu legen, ſo unangenehm wurde die mildere Auffaſſung und Nachgiebigkeit des Kaiſers für die Poſtanſtalt und ihre ausübenden Beamten und Diener, denn ſie hatte ſich lange allen erdenklichen Chicanen und Un- billen von Seite der ehemaligen und noch bleibenden Boten auszuſetzen, wobei offene Angriffe auf der Landſtraße und Prü- geleien nicht ausgenommen waren, ſo daß im Jahre 1642 ein neues ſtrenges Poſtpatent hiegegen erlaſſen werden mußte. Dagegen, gleichſam zur Ermunterung und Vergeltung für den ſo ſchweren und gefährdeten Dienſt der kaiſerlichen Poſten wurden durch gleiches Patent alle Poſtverwalter überall, „wo 1) Lünig, Grundveſte Nro. XCL., Schreiben des Kaiſers vom 20. Dezember 1638.

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Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/319>, abgerufen am 22.11.2024.