dem Zusammenleben der Menschen überhaupt, mit dem ersten Schritte zur Cultur.
Das Bedürfniß, Mittheilungen und Nachrichten von einem dritten Ort, den man selbst nicht mit persönlicher Thätigkeit beherrschen kann, zu erhalten, liegt schon in der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft. Je weiter dieselbe sich bei ihrem Entstehen ausdehnte, und je vielseitigere Beziehungen dadurch entstanden, desto nothwendiger mußte das Mittel gefunden werden, welches die Hindernisse der Entfernung aufhob. Rauch- und Feuersignale waren gewiß und blieben immer die ersten Mittel, welche dem rohesten Bedürfnisse sich von selbst boten; aber diese konnten unmöglich mehr genügen, sobald sie ent- gegengesetzten Jnteressen zu dienen hatten! Das Anschwellen der einzelnen Gesellschaftsgruppen forderte andere Mittel, die Vor- sicht, die sich widerstrebenden, feindlichen Gesellschaftselemente bedurften solcher, die nicht Jedem verständlich waren, die nicht Jeder sehen oder höre[n ko]nnte. -- Diese Mittel fanden sich eben so leicht und selbstverständlich, als sich tausend andere zur Fortbildung der Gesellschaft gefunden haben. War letztere erst über verschiedene Territorien verzweigt, waren ein- mal die ersten Umrisse gesellschaftlicher Organisation gebildet, so bildeten sich alle diese vorher vereinzelnten Mittel allmählig zu förmlichen Anstalten, denen die erste Aufgabe unserer heutigen Posten zukam. Auf diese Weise läßt es sich wohl rechtfertigen, wenn Posselt von einem philosophischen Ursprung der Posten spricht, so paradox es klingen mag.1)
1)Posselt, wissenschaftliches Magazin für Aufklärung, Kehl 1785 Bd. I. Heft 3.
dem Zuſammenleben der Menſchen überhaupt, mit dem erſten Schritte zur Cultur.
Das Bedürfniß, Mittheilungen und Nachrichten von einem dritten Ort, den man ſelbſt nicht mit perſönlicher Thätigkeit beherrſchen kann, zu erhalten, liegt ſchon in der Entwicklung der menſchlichen Geſellſchaft. Je weiter dieſelbe ſich bei ihrem Entſtehen ausdehnte, und je vielſeitigere Beziehungen dadurch entſtanden, deſto nothwendiger mußte das Mittel gefunden werden, welches die Hinderniſſe der Entfernung aufhob. Rauch- und Feuerſignale waren gewiß und blieben immer die erſten Mittel, welche dem roheſten Bedürfniſſe ſich von ſelbſt boten; aber dieſe konnten unmöglich mehr genügen, ſobald ſie ent- gegengeſetzten Jntereſſen zu dienen hatten! Das Anſchwellen der einzelnen Geſellſchaftsgruppen forderte andere Mittel, die Vor- ſicht, die ſich widerſtrebenden, feindlichen Geſellſchaftselemente bedurften ſolcher, die nicht Jedem verſtändlich waren, die nicht Jeder ſehen oder höre[n ko]nnte. — Dieſe Mittel fanden ſich eben ſo leicht und ſelbſtverſtändlich, als ſich tauſend andere zur Fortbildung der Geſellſchaft gefunden haben. War letztere erſt über verſchiedene Territorien verzweigt, waren ein- mal die erſten Umriſſe geſellſchaftlicher Organiſation gebildet, ſo bildeten ſich alle dieſe vorher vereinzelnten Mittel allmählig zu förmlichen Anſtalten, denen die erſte Aufgabe unſerer heutigen Poſten zukam. Auf dieſe Weiſe läßt es ſich wohl rechtfertigen, wenn Posselt von einem philoſophiſchen Urſprung der Poſten ſpricht, ſo paradox es klingen mag.1)
1)Posselt, wiſſenſchaftliches Magazin für Aufklärung, Kehl 1785 Bd. I. Heft 3.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0021"n="8"/>
dem Zuſammenleben der Menſchen überhaupt, mit dem erſten<lb/>
Schritte zur Cultur.</p><lb/><p>Das Bedürfniß, Mittheilungen und Nachrichten von einem<lb/>
dritten Ort, den man ſelbſt nicht mit perſönlicher Thätigkeit<lb/>
beherrſchen kann, zu erhalten, liegt ſchon in der Entwicklung<lb/>
der menſchlichen Geſellſchaft. Je weiter dieſelbe ſich bei ihrem<lb/>
Entſtehen ausdehnte, und je vielſeitigere Beziehungen dadurch<lb/>
entſtanden, deſto nothwendiger mußte das Mittel gefunden<lb/>
werden, welches die Hinderniſſe der Entfernung aufhob. Rauch-<lb/>
und Feuerſignale waren gewiß und blieben immer die erſten<lb/>
Mittel, welche dem roheſten Bedürfniſſe ſich von ſelbſt boten;<lb/>
aber dieſe konnten unmöglich mehr genügen, ſobald ſie ent-<lb/>
gegengeſetzten Jntereſſen zu dienen hatten! Das Anſchwellen der<lb/>
einzelnen Geſellſchaftsgruppen forderte andere Mittel, die Vor-<lb/>ſicht, die ſich widerſtrebenden, feindlichen Geſellſchaftselemente<lb/>
bedurften ſolcher, die nicht Jedem verſtändlich waren, die nicht<lb/>
Jeder ſehen oder höre<supplied>n ko</supplied>nnte. — Dieſe Mittel fanden ſich<lb/>
eben ſo leicht und ſelbſtverſtändlich, als ſich tauſend andere<lb/>
zur Fortbildung der Geſellſchaft gefunden haben. War letztere<lb/>
erſt über verſchiedene Territorien verzweigt, waren ein-<lb/>
mal die erſten Umriſſe geſellſchaftlicher Organiſation gebildet,<lb/>ſo bildeten ſich alle dieſe vorher vereinzelnten Mittel allmählig<lb/>
zu förmlichen Anſtalten, denen die erſte Aufgabe unſerer heutigen<lb/>
Poſten zukam. Auf dieſe Weiſe läßt es ſich wohl rechtfertigen,<lb/>
wenn <hirendition="#aq">Posselt</hi> von einem philoſophiſchen Urſprung der Poſten<lb/>ſpricht, ſo paradox es klingen mag.<noteplace="foot"n="1)"><hirendition="#aq">Posselt</hi>, wiſſenſchaftliches Magazin für Aufklärung, Kehl 1785<lb/>
Bd. <hirendition="#aq">I</hi>. Heft 3.</note></p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[8/0021]
dem Zuſammenleben der Menſchen überhaupt, mit dem erſten
Schritte zur Cultur.
Das Bedürfniß, Mittheilungen und Nachrichten von einem
dritten Ort, den man ſelbſt nicht mit perſönlicher Thätigkeit
beherrſchen kann, zu erhalten, liegt ſchon in der Entwicklung
der menſchlichen Geſellſchaft. Je weiter dieſelbe ſich bei ihrem
Entſtehen ausdehnte, und je vielſeitigere Beziehungen dadurch
entſtanden, deſto nothwendiger mußte das Mittel gefunden
werden, welches die Hinderniſſe der Entfernung aufhob. Rauch-
und Feuerſignale waren gewiß und blieben immer die erſten
Mittel, welche dem roheſten Bedürfniſſe ſich von ſelbſt boten;
aber dieſe konnten unmöglich mehr genügen, ſobald ſie ent-
gegengeſetzten Jntereſſen zu dienen hatten! Das Anſchwellen der
einzelnen Geſellſchaftsgruppen forderte andere Mittel, die Vor-
ſicht, die ſich widerſtrebenden, feindlichen Geſellſchaftselemente
bedurften ſolcher, die nicht Jedem verſtändlich waren, die nicht
Jeder ſehen oder hören konnte. — Dieſe Mittel fanden ſich
eben ſo leicht und ſelbſtverſtändlich, als ſich tauſend andere
zur Fortbildung der Geſellſchaft gefunden haben. War letztere
erſt über verſchiedene Territorien verzweigt, waren ein-
mal die erſten Umriſſe geſellſchaftlicher Organiſation gebildet,
ſo bildeten ſich alle dieſe vorher vereinzelnten Mittel allmählig
zu förmlichen Anſtalten, denen die erſte Aufgabe unſerer heutigen
Poſten zukam. Auf dieſe Weiſe läßt es ſich wohl rechtfertigen,
wenn Posselt von einem philoſophiſchen Urſprung der Poſten
ſpricht, ſo paradox es klingen mag. 1)
1) Posselt, wiſſenſchaftliches Magazin für Aufklärung, Kehl 1785
Bd. I. Heft 3.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/21>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.