Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

"Alterthum", dem "Mittelalter" und der "neueren Zeit" be-
zeichnet, und in jedem dieser Zeitabschnitte characterisirt
sich auch die Entwicklungsgeschichte der Posten genau nach
dem Typus der jeweiligen Culturentwicklung der Staaten und
Völker. --

Jn der antiken Zeit waren die Posten fiscalische An-
stalten; auf dem Zwangswege durch die Centralisation des abso-
luten Staates und ausschließlich zu dessen Zwecken unterhalten.
Jm geraden Gegentheile fiel das Postwesen des Mittelalters
aus dem Kreise der Staatsverwaltung ganz hinaus und den
einzelnen Lebenskreisen je nach ihren Kräften urd Bedürfnissen
anheim, also dem Fürsten mit seinem Hof und den Corpo-
rationen, deren Veranstaltungen die Allgemeinheit je nach dem
Maße des Bedarfes mitbenützte.

Jn der neueren Zeit kamen die Posten vorübergehend
wieder an die Fiscalität des absoluten Staates. Heute aber
ist schon der ganze Verkehr von ihren Banden emanzipirt;
er dictirt dem Staate seine Gesetze, nicht umgekehrt; die
Societät behält ihr Recht und es läßt sich zur Stunde nicht
voraussagen, wie weit sie ihren Verkehr noch von den engeren
Grenzen des Staates befreien wird, um die betreffenden Staats-
anstalten zu Weltanstalten zu erheben!

Wenn oben behauptet ist, daß die Postanstalten als ein
nothwendiges Product des menschlichen Verkehrs sich darstellen,
so ist es wohl natürlich, daß dieses Product ganz und gar auch
nach dem Maßstab dieses Verkehrs, d. h. nach dem Grade der
Gesittung der Verkehrenden zu messen ist, und wenn ich daher
von den "Posten" der ältesten Zeiten, von jenen des Mittel-
alters und der modernen Zeit spreche, so bleibt selbstverständ-

„Alterthum“, dem „Mittelalter“ und der „neueren Zeit“ be-
zeichnet, und in jedem dieſer Zeitabſchnitte characteriſirt
ſich auch die Entwicklungsgeſchichte der Poſten genau nach
dem Typus der jeweiligen Culturentwicklung der Staaten und
Völker. —

Jn der antiken Zeit waren die Poſten fiscaliſche An-
ſtalten; auf dem Zwangswege durch die Centraliſation des abſo-
luten Staates und ausſchließlich zu deſſen Zwecken unterhalten.
Jm geraden Gegentheile fiel das Poſtweſen des Mittelalters
aus dem Kreiſe der Staatsverwaltung ganz hinaus und den
einzelnen Lebenskreiſen je nach ihren Kräften urd Bedürfniſſen
anheim, alſo dem Fürſten mit ſeinem Hof und den Corpo-
rationen, deren Veranſtaltungen die Allgemeinheit je nach dem
Maße des Bedarfes mitbenützte.

Jn der neueren Zeit kamen die Poſten vorübergehend
wieder an die Fiscalität des abſoluten Staates. Heute aber
iſt ſchon der ganze Verkehr von ihren Banden emanzipirt;
er dictirt dem Staate ſeine Geſetze, nicht umgekehrt; die
Societät behält ihr Recht und es läßt ſich zur Stunde nicht
vorausſagen, wie weit ſie ihren Verkehr noch von den engeren
Grenzen des Staates befreien wird, um die betreffenden Staats-
anſtalten zu Weltanſtalten zu erheben!

Wenn oben behauptet iſt, daß die Poſtanſtalten als ein
nothwendiges Product des menſchlichen Verkehrs ſich darſtellen,
ſo iſt es wohl natürlich, daß dieſes Product ganz und gar auch
nach dem Maßſtab dieſes Verkehrs, d. h. nach dem Grade der
Geſittung der Verkehrenden zu meſſen iſt, und wenn ich daher
von den „Poſten“ der älteſten Zeiten, von jenen des Mittel-
alters und der modernen Zeit ſpreche, ſo bleibt ſelbſtverſtänd-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0017" n="4"/>
&#x201E;Alterthum&#x201C;, dem &#x201E;Mittelalter&#x201C; und der &#x201E;neueren Zeit&#x201C; be-<lb/>
zeichnet, und in jedem die&#x017F;er Zeitab&#x017F;chnitte characteri&#x017F;irt<lb/>
&#x017F;ich auch die Entwicklungsge&#x017F;chichte der Po&#x017F;ten genau nach<lb/>
dem Typus der jeweiligen Culturentwicklung der Staaten und<lb/>
Völker. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Jn der <hi rendition="#g">antiken</hi> Zeit waren die Po&#x017F;ten fiscali&#x017F;che An-<lb/>
&#x017F;talten; auf dem Zwangswege durch die Centrali&#x017F;ation des ab&#x017F;o-<lb/>
luten Staates und aus&#x017F;chließlich zu de&#x017F;&#x017F;en Zwecken unterhalten.<lb/>
Jm geraden Gegentheile fiel das Po&#x017F;twe&#x017F;en des <hi rendition="#g">Mittelalters</hi><lb/>
aus dem Krei&#x017F;e der Staatsverwaltung ganz hinaus und den<lb/>
einzelnen Lebenskrei&#x017F;en je nach ihren Kräften urd Bedürfni&#x017F;&#x017F;en<lb/>
anheim, al&#x017F;o dem Für&#x017F;ten mit &#x017F;einem Hof und den Corpo-<lb/>
rationen, deren Veran&#x017F;taltungen die Allgemeinheit je nach dem<lb/>
Maße des Bedarfes mitbenützte.</p><lb/>
        <p>Jn der <hi rendition="#g">neueren</hi> Zeit kamen die Po&#x017F;ten vorübergehend<lb/>
wieder an die Fiscalität des ab&#x017F;oluten Staates. Heute aber<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;chon der ganze Verkehr von ihren Banden emanzipirt;<lb/><hi rendition="#g"><hi rendition="#b">er</hi> dictirt</hi> dem <hi rendition="#g">Staate</hi> &#x017F;eine Ge&#x017F;etze, nicht umgekehrt; die<lb/>
Societät behält ihr Recht und es läßt &#x017F;ich zur Stunde nicht<lb/>
voraus&#x017F;agen, wie weit &#x017F;ie ihren Verkehr noch von den engeren<lb/>
Grenzen des Staates befreien wird, um die betreffenden Staats-<lb/>
an&#x017F;talten zu Weltan&#x017F;talten zu erheben!</p><lb/>
        <p>Wenn oben behauptet i&#x017F;t, daß die Po&#x017F;tan&#x017F;talten als ein<lb/>
nothwendiges Product des men&#x017F;chlichen Verkehrs &#x017F;ich dar&#x017F;tellen,<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t es wohl natürlich, daß die&#x017F;es Product ganz und gar auch<lb/>
nach dem Maß&#x017F;tab die&#x017F;es Verkehrs, d. h. nach dem Grade der<lb/>
Ge&#x017F;ittung der Verkehrenden zu me&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t, und wenn ich daher<lb/>
von den &#x201E;Po&#x017F;ten&#x201C; der älte&#x017F;ten Zeiten, von jenen des Mittel-<lb/>
alters und der modernen Zeit &#x017F;preche, &#x017F;o bleibt &#x017F;elb&#x017F;tver&#x017F;tänd-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0017] „Alterthum“, dem „Mittelalter“ und der „neueren Zeit“ be- zeichnet, und in jedem dieſer Zeitabſchnitte characteriſirt ſich auch die Entwicklungsgeſchichte der Poſten genau nach dem Typus der jeweiligen Culturentwicklung der Staaten und Völker. — Jn der antiken Zeit waren die Poſten fiscaliſche An- ſtalten; auf dem Zwangswege durch die Centraliſation des abſo- luten Staates und ausſchließlich zu deſſen Zwecken unterhalten. Jm geraden Gegentheile fiel das Poſtweſen des Mittelalters aus dem Kreiſe der Staatsverwaltung ganz hinaus und den einzelnen Lebenskreiſen je nach ihren Kräften urd Bedürfniſſen anheim, alſo dem Fürſten mit ſeinem Hof und den Corpo- rationen, deren Veranſtaltungen die Allgemeinheit je nach dem Maße des Bedarfes mitbenützte. Jn der neueren Zeit kamen die Poſten vorübergehend wieder an die Fiscalität des abſoluten Staates. Heute aber iſt ſchon der ganze Verkehr von ihren Banden emanzipirt; er dictirt dem Staate ſeine Geſetze, nicht umgekehrt; die Societät behält ihr Recht und es läßt ſich zur Stunde nicht vorausſagen, wie weit ſie ihren Verkehr noch von den engeren Grenzen des Staates befreien wird, um die betreffenden Staats- anſtalten zu Weltanſtalten zu erheben! Wenn oben behauptet iſt, daß die Poſtanſtalten als ein nothwendiges Product des menſchlichen Verkehrs ſich darſtellen, ſo iſt es wohl natürlich, daß dieſes Product ganz und gar auch nach dem Maßſtab dieſes Verkehrs, d. h. nach dem Grade der Geſittung der Verkehrenden zu meſſen iſt, und wenn ich daher von den „Poſten“ der älteſten Zeiten, von jenen des Mittel- alters und der modernen Zeit ſpreche, ſo bleibt ſelbſtverſtänd-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/17
Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/17>, abgerufen am 28.03.2024.